Bahn-Chaos – Dauerzumutung statt Verkehrswende

Chaotische Zustände herrschten am Wochenende einmal mehr am Kölner Hauptbahnhof. – Foto Karsten-Thilo Raab

Schlimm, schlimmer, Kölner Hauptbahnhof. Der Bahnhof der Domstadt ist ohnehin eine absolute Feng-Shui-Katastrophe. Die Bahnsteige sind elendig lang und überaus schmal. Schon zu normalen Zeiten bekommen die Menschen hier Platzangst im Stehen. In der Ferienzeit und insbesondere mit Einführung des Neun-Euro-Tickets hat sich der Zustand dramatisch verschlechtert. Wie die Ölsardinen stehen die Fahrgäste dicht an dicht und hoffen, dass ein Zug kommt. Denn dies ist ein anderes Problem und Dauerärgernis. Verspätungen von 15 bis 20 Minuten fährt nahezu jeder Zug ein. Doch damit ist es oft nicht getan. Verstärkt werden die chaotischen Verhältnisse durch die Tatsache, dass Informationspolitik der Deutschen Bahn ungeachtet aller öffentliche Schelte mehr als mangelhaft ist. Durchsagen gehen im Lärm der ratternden Züge und schnatternden Fahrgäste komplett unter.

Die Bahn-App weist einen Zug noch als pünktlich aus, auf der Anzeige am Bahnsteig wird aber bereits eine 20-minütige Verspätung angezeigt. Doch darauf zu hoffen, dass es bei den 20 Minuten bleibt, ist wohl utopisch. Personalmangel, Baustellen und defekte Züge verschärfen das Chaos. Und so wird die Bahnreise für viele zu einem Geduldsspiel und einer Nervenprobe. Wenn dann endlich der ersehnte Zug eintrifft, ist dieser noch voller als die Bahnsteige. Hinzu kommen zahlreiche Mängel. Mal geht die Klimaanlage nicht, mal lässt sich eine Tür nicht öffnen, und ganz häufig sind die Toiletten in einem desolaten Zustand oder gar defekt. Für die Passagiere, die schon stundenlang Steig ausharren mussten, eine absolute Zumutung.

Eines ist sicher, so wird die Verkehrswende garantiert nicht gelingen. Ein attraktiver Fahrpreis ist das eine. Doch das genügt nicht, wenn Service und Verlässlichkeit nicht stimmen. Dieses Phänomen tritt aber nicht erst auf, seit es das Neun-Euro-Ticket gibt. Im Gegenteil. Da gibt es ein strukturelles Problem bei der Bahn, die über viele Jahre nicht oder nur sehr ungenügend in die Infrastruktur investiert hat. Immer in der Hoffnung, zu einem börsennotierten Unternehmen werden zu können. Der Investitionsstau rächt sich nun mit aller Konsequenz. Das Schienennetz ist marode und muss aufwendig saniert werden. Dringend benötigte neue Trassen entstehen viel langsamer als geplant. Die Züge sind oftmals in die Jahre gekommen und lassen sowohl Komfort als auch Sauberkeit und Technik vermissen.

Dies alles nehmen viele noch hin, auch weil Bahn fahren von der Theorie ökologisch überaus sinnvoll ist. Doch bei Zuständen wie am Kölner Hauptbahnhof, der nur exemplarisch für viele andere Bahnhöfe in Deutschland steht, verlieren die Menschen die Lust auf die Bahn umzusteigen. Statt der erhofften Verkehrswende gibt es aller Orten nur Frust und Ärger. Anschlüsse werden verpasst, Termine können nicht gehalten werden oder schlimmer, Reisende stranden an irgendeinem Provinzbahnhof.

Es drängt sich die Frage auf, wie machen das eigentlich andere Länder? Warum sind beispielsweise in Japan die Züge so verlässlich und pünktlich? Warum funktioniert der Schienenverkehr bei unseren europäischen Nachbarn wie der Schweiz oder den Norwegern um ein Vielfaches besser? Was machen diese Länder anders? Was kann die Deutsche Bahn von ihnen lernen? Und warum gibt es seit Jahrzehnten kaum eine positive Entwicklung bei der Bahn?

Das wirklich Schlimme ist jedoch, dass die Bahn nur Teil des Dilemmas ist. Die deutschen Flughäfen geben insbesondere seit Ferienbeginn ein trauriges Bild ab. Auch hier müssen die Menschen mit viel Geduld und Zeit mitbringen – von kurzfristig gestrichenen Flügen einmal ganz abgesehen. Warum funktioniert in Deutschland verkehrstechnisch so wenig? Auch die Hauptverkehrsachsen sind keine wirkliche Alternative. Kilometerlange Staus sind auf Deutschlands wichtigsten Autobahn an der Tagesordnung. Straßen- und Brückenerneuerung scheinen nie enden zu wollen. Allein auf dem Kölner Ring – hier schließt sich der Kreis zur Domstadt – gibt es seit Jahrzehnten Baustellen. Kaum ist eine beendet, wird die nächste eröffnet. Ein Ende hier nicht in Sicht.

Deutschland war sicherlich einst für seine Ingenieurkunst und Effektivität International geschätzt. Doch davon ist heute nichts mehr übrig. Der Flughafenbau in Berlin oder der Bahnhof Stuttgart 21 sind nur zwei traurige Beispiele wie wenig wir in Deutschland in der Lage sind, Großprojekte zügig und effizient umzusetzen. Und da beißt sich die Kuh wieder in den Schwanz. Weil alles nur noch langsam und zögerlich vorangeht, noch dazu Unsummen verschlingt, bleibt die Verkehrswende wohl nur ein frommer Wunsch. Ein Wunsch, der bei den Menschen, die von A nach B möchten, jede Menge Frustration auslöst.