Auf dem Holzweg in Alpbach

Schindelmacher David Hausberger zeigt traditionelle Handwerkskunst. (Foto: Udo Haafke)
Schindelmacher David Hausberger zeigt traditionelle Handwerkskunst. (Foto: Udo Haafke)

Exakt 30 Jahre liegt es zurück, dass das Bergdorf Alpbach zum schönsten Dorf Österreichs gekürt wurde. Eine Auszeichnung, die zugleich Verpflichtung und Herausforderung ist. Und die Verantwortlichen in der Gemeinde haben sich dieser Aufgabe erfolgreich gestellt, denn noch immer bietet der 2.600 Seelen Ort eine mehr als malerische Atmosphäre und eine Beschaulichkeit, wie sie typischer für einen Ort in Tirol nicht sein könnte. Hier findet sich alles, was die klischeehafte Vorstellung von Österreich Wirklichkeit werden lässt: charakteristisch-urige Bauernhäuser, die unvermeidliche Dorfkirche, grüne Almwiesen, Nadelbäume und als Hintergrund mächtige Berggipfel.

Blick auf Alpbach mit der weithin sichtbaren Dorfkirche. (Foto: Udo Haafke)
Blick auf Alpbach mit der weithin sichtbaren Dorfkirche. (Foto: Udo Haafke)

Das traditionelle Ambiente Alpbachs beruht auf dem ungewöhnlichen Umstand, dass der Ort bis ins Jahr 1926 keinerlei Straßenverbindung besaß, die größere Transporte, mithin den Fortschritt zuließ. Damit blieb den Alpbachern nicht anderes übrig, als weiterhin Häuser so zu bauen wie man es seit Generationen gewohnt war oder den existierenden Bestand zumindest zu erhalten. Man erkannte jedoch schon sehr früh die besondere Qualität einer althergebrachten wertvollen Bausubstanz, die für den Fremdenverkehr hochinteressant war, und entschied bereits 1953 per Bauverordnung nur im traditionellen Baustil mit Holz neu zu bauen. Monströse Hotels hatten somit keine Chance.

Die Weitsicht der Stadtväter vor 60 Jahren versetzt noch heute die Besucher und Gäste Alpbaches in Erstaunen und Begeisterung. Vor allem dann, wenn während der Sommerzeit üppigster Blumenschmuck von den Balkonen herunter rankt und dem Idyll bunte Farbtupfer zwischen den traditionellen Holzfassaden aufsetzt. So bildet Alpbach natürlich auch einen Hauptbestandteil des Holzweges, einem Wanderweg, der die Bedeutung des Baustoffes Holz für die Region den Erholungssuchenden nahe bringt. Dabei lernt man so Manches über Schindelmacher, über die Feinheiten des Baustils, über Holzschnitzer und Triftsteige.

Alpbach liegt ganz im Süden der Region Alpbachtal Seenland. Nach Norden hin eröffnet sich das Inntal mit etwas größeren Orten wie Kramsach, Breitenbach oder Rattenberg bevor es sich wieder in Richtung Brandenberg in die Höhe schwingt und die Grenze zu Bayern erreicht. Speziell das historische Rattenberg ist als Mekka der Glasherstellung und -schleiferei bekannt und wegen seiner festungsartigen Anlage mit Wachturm. Dort wohnt, auf dem kleinsten bebauten Grundstück des Ortes, der 87-jährige Heinrich Unterrader, seines Zeichens letzter Turmwächter Tirols.

Federkielsticker Reith präsentiert kunstvoll gefertigte Hosenträger. (Foto: Udo Haafke)
Federkielsticker Reith präsentiert kunstvoll gefertigte Hosenträger. (Foto: Udo Haafke)

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer, interessanter, ja beinahe skurriler Persönlichkeiten im Alpbachtal, die ungewöhnlichen Betätigungen nachgehen und sich dabei durchaus über die Schulter blicken lassen. Der Federkielsticker Georg Leitner beispielsweise, als einer der letzten seiner Zunft, bestickt kunstvoll mittels Straußenfeder Gürtel und Taschen. Anneliese Naschberger stellt in traditioneller Handarbeit die berühmten Tiroler Doggln her, Hausschuhe aus buntem Filz. Anna und Agnes Moser spinnen auf althergebrachte Weise am Spinnrad die feinsten Textilien und treten nebenher im Damenchor „Alpbacher Dreigesang“ auf. Oder der gelernte Automechaniker Josef Moser mit seiner Ein-Mann-Brauerei, dessen Marke „Mein-Bier“ schon einige illustre Preise einheimsen konnte. Für jede seiner verschiedenen Biersorten hat er ein eigenes Glas kreiert.

Über dem Buchenfeuer gart die Brandenburger Prügeltorte. (Foto: Udo Haafke)
Über dem Buchenfeuer gart die Brandenburger Prügeltorte. (Foto: Udo Haafke)

Auch Freunde gepflegter Kulinarik kommen im Alpbachtal auf ihre Kosten. In Brixlegg befindet sich mit dem traditionsreichen Familienbetrieb Tiroler Weinstuben das einzige Hauben-Restaurant der Region. In der Küche schaltet und waltet Traudl Sigwart, die gleich zwei Hauben nach Gault-Millau besitzt und einzige Haubenköchin Tirols ist. Etwas rustikaler, doch von geradezu traumhafter Qualität des Kaiserschmarrns auf der Hütte von Familie Zotta schwärmt jeder, der die Möglichkeit hatte, diesen zu probieren. Serviert wird er auf unkonventionelle Weise, nämlich als ganzer, fluffiger Pfannkuchen.

Jos Moser gewährt einen Einblick in die Arbeitsweise der Kristallbrauerei Alpbach. (Foto: Udo Haafke)
Jos Moser gewährt einen Einblick in die Arbeitsweise der Kristallbrauerei Alpbach. (Foto: Udo Haafke)

Die Herstellungsweise dieser Geschmacksexplosion hält die Küche indes streng geheim. Schließlich wäre da noch die Prügeltorte, die allerdings nicht als Schlagwerkzeug gedacht ist. Die schmackhafte Variante eines Baumkuchens wird auf einer drehenden Walze, dem Prügel, über offenem Feuer gebacken.

Wenn sich die Aplbachtal Seenregion als „Tirol pur“, als unverfälscht und authentisch präsentiert, dann bezieht sich dies nicht nur auf die in vielen Bereichen noch sehr ursprüngliche Landschaft und die kleinen Weiler und Dörfer, sondern vor allen Dingen auf die Menschen hier, die ihre Traditionen leben und an zukünftige Generationen weitergeben.

Information: Alpbachtal Seenland Tourismus, Zentrum 1, A-6233 Kramsach/Tirol, www.alpbachtal.at

Spinnerinnen im Höfemuseum Kramsach. (Foto Udo Haafke)
Spinnerinnen im Höfemuseum Kramsach. (Foto Udo Haafke)

Anreise: Mit dem Auto über München und Rosenheim auf der Inntalautobahn nach Kufstein, dann die Abfahrt Kramsach. Gut 10 Kilometer bis Alpbach, 11 Kilometer bis Breitenbach. Der Flughafen Innsbruck, der auch von Air Berlin von vielen deutschen Städten aus angeflogen wird, liegt etwa 50 Kilometer südwestlich des Alpbachtals. Shuttlebusse sind von dort aus verfügbar. Regionalzüge der Unterinntalbahn bedienen die Strecke von Kufstein nach Innsbruck. Rattenberg, Kramsach und Brixlegg haben eigene Haltepunkte.

Unterkunft: Es stehen viele Hotels, Pensionen und Privatunterkünfte mit insgesamt 9.600 Betten zur Verfügung. Empfehlenswert und zentral am Inn gelegen der Gasthof Schwaiger in Außerdorf/Breitenbach.

Alpbachtal Seenland Card: Jeder Gast bekommt kostenlos von seinem Vermieter nach der Ankunft die Alpbachtal Seenland Card, die viele Gratisleistungen und Ermäßigungen bei den verschiedenen Attraktionen und Sehenswürdigkeiten oder bei sportlichen oder auch etwas gemütlicheren Aktivitäten beinhaltet.

{google_map}Alpbach, Österreich{/google_map}

Udo Haafke