Atacama-Wüste – Wüstenwunderland im Höhenrausch

Atacama
Famose Abenstimmung in der Atacama-Wüste in Chile. – Foto Karsten-Thilo Raab

Kein Grashalm, kein Strauch so weit das Auge reicht. In der gleißend heißen Sonne knistern und knirschen die riesigen Salzplatten. Bizarre Salzskulpturen säumen die schmalen Pfade. Land und Himmel scheinen am Horizont zu einer schmalen, schier unendlichen Linie zu verschmelzen. Dazwischen funkeln die schneebedeckten Gipfel der unzähligen Vulkane, die diesen Teil der Anden prägen. Während die Sonne langsam hinter den mächtigen Bergen versinkt, entwickelt sich fernab jeglicher Vegetation ein grandioses Spiel der Farben. Türkisblau funkelt das Wasser der Laguna de Chaxa im Osten der Atacama-Wüste.

Atacama-Wüste
Bizarre Gesteinsformationen prägen die Atacama-Wüste. – Foto Karsten-Thilo Raab

Die Höhenzüge der Anden werden in eine Mischung aus Rot und Grau getaucht, während eine riesige Heerschar von Flamingos jede Minute bis zum Sonnenuntergang nutzt, um in dem 5.000 Hektar großen und extrem flachen Salzwasserpool zu gründeln. Fast scheint es, als würden sich die Kiefermäuler mit dem rosafarbenen Gefieder hier im hohen Norden Chiles von Geröll und Salzklumpen ernähren. Tatsächlich jedoch filtern die Vögel die wenigen vorhandenen Mikroorganismen aus der extrem salzhaltigen Lagune, die Teil des Salar de Atacama ist, des drittgrößten Salzsees der Welt (nach dem Salar de Uyuni in Bolivien und dem großen Salt Lake im US-amerikanischen Utah).

Die Chaxa Lagune ist eine famose Laune der Natur. – Foto Karsten-Thilo Raab

Dabei bilden die Lagune und die bis zu 2.000 Flamingos, die sich hier ganzjährig tummeln, beileibe nicht die einzigen Naturphänomene in der Atacama-Wüste. Mit ihrer Lage auf gut 2.500 Metern Höhe, umrahmt von den bis zu fast 7.000 Meter aufragenden Gipfeln der Anden, gilt Atacama als die trockenste Wüste der Welt. In Europa gelten Gebiete über 2.000 Meter bereits als skisicher. Schnee gibt es hier auch. Allerdings nur auf den Gipfel der Berge und Vulkankegel, deren prächtigster der fast überall sichtbare Licancabur ist.

Entspannt gründeln Flamingos in der Chaxa Lagune. – Foto Karsten-Thilo Raab

Der 5.916 Meter hohe Vulkan ist allerdings nicht mehr aktiv ist. Skifahren ist dort nicht möglich, auch wenn der Gipfel all morgendlich von einer dünnen Schneeschicht überzogen ist. Dafür können sich Wagemutige auf einer 120 Meter hohen Düne im nahe gelegenen Death Valley im Sandboarden üben. Vor der Schussfahrt auf sandigem Boden haben die Götter allerdings den Schweiß gestellt. Denn es gilt mit dem Sandboard unter dem Arm durch den tiefen Sand die Düne hinauf zu klettern.

Geröll und schwarzer Sand sind in Teilen der Wüste zu finden. – Foto Karsten-Thilo Raab

Kaum minder faszinierend ist der Besuch des Valle de la Luna. Sanddünen, Geröllfelder, tiefe Krater, bizarre Gesteinsformationen, wie die Tres Marias, die optisch an drei Frauen erinnern und durch Wind, Regen und Sedimentablagerungen im Laufe der Jahrtausende geformt wurden, bestimmen das Bild im „Tal des Mondes“. Eine Landschaft, die ideal gewesen wäre, um die Landung der Amerikaner auf dem Mond zu simulieren. So unwirtlich, so trocken, so bizarr. Das Salz in den Steinbrocken funkelt und knackt im Sonnenschein. Die dabei entstehenden Geräusche klingen wie ein Auto, bei dem erst vor wenigen Augenblicken der Motor abgestellt wurde und bei dem das Blech zu arbeiten scheint.

Einfach malerisch: das Valle de la Luna. – Foto Karsten-Thilo Raab

Bis in die 1950er Jahre war Salz hier das wichtigste Tauschmittel. Auf dem Rücken von Lamas oder Eseln wurde das weiße Gold aus dem Valle de la Luna von den Atacamenos, wie das Volk der chilenischen Wüste heißt, über die Anden nach Bolivien oder Argentinien gebracht, um im Gegenzug Mais und Fleisch zu erhalten.

San Pedro de Atacama wird durch einen ureigenen Charme geprägt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Das touristische Herzstück der Wüste ist die Oasenstadt San Pedro de Atacama. Die 4.000-Seelen-Gemeinde hat ungeachtet der Touristenströme vieles von seinen ursprünglichen Charme bewahren können. Die Straßen sind hier nicht asphaltiert, sondern einfach Erdpisten, auf den die Autos riesige Staubwolken aufwirbeln. Alle Häuser der Stadt sind mit Lehm und Ton verkleidet oder weiß getüncht. Auch die Fassaden von Neubauten müssen sich dem Erscheinungsbild anpassen.

Die weiß getünchte Kirche zählt zu den Blickfängen in San Pedro de Atacama. – Foto Karsten-Thilo Raab

Der zentrale Platz im Herzen der Stadt wird von einer kleinen Markthalle und der örtlichen Kirche gesäumt, deren ältesten Teile aus den 1640er Jahren stammen. Entlang der Hauptstraße Caracoles befinden sich Souvenirshops, Restaurants und Cafés. Nachts heulen in San Pedro nicht die Kojoten, sondern die vielen, vielen Straßenhunde den Mond an. Kristallklare Nächte zaubern Millionen von Sternen ans Himmelsfirmament. Die Milchstraße ist deutlich wie an kaum einem anderen Platz auf der Erde zu sehen. Ein wahrer Sternschnuppen-Regen führt dazu, dass die Himmelsgucker kaum mit ihren Wünschen nachkommen.

Einheimische bieten in der Atacama-Wüste kleine Stärkungen feil. – Foto Karsten-Thilo Raab

Ein Muss für alle Besucher der Atacama-Wüste ist ein Abstecher zu den größten Geysirfeldern der südlichen Halbkugel am El Tatio. Diese liegen auf gut 4.500 Metern über dem Meeresspiegel. Zum Vergleich: Das Matterhorn ist 4.478 Meter hoch, die Zugspitze misst gerade einmal 2.962 Meter. Nicht nur die ungewohnt dünne Höhenluft macht den Besuchern hier zu schaffen, sondern auch die eisigen Temperaturen. Denn die Geysire sind nur in den frühen Morgenstunden aktiv. Dann herrschen auf dem Hochplateau nicht selten Temperaturen um minus 20 Grad Celsius. Schon von weitem sind die riesigen Dampfwolken im Halbdunkel zu sehen. Aus rund 70 Fumarolen dampft und spuckt es gleichzeitig. Wasserdampf wird bis zu 15, 20 Meter hoch in die bittekalte Luft katapultiert.

Die Geysirfelder am Tata Tatio sind nur in den Morgenstunden aktiv. – Foto Karsten-Thilo Raab

Die 40 Geysire und 60 heißen Quellen bringen das Wasser bei Temperaturen von und 85 Grad Celsius fast zum Kochen. In Sekundenschnelle bilden sich kleine Pools mit siedend heißem Wasser vor dem herrlichen Panorama schneebedeckter Anden-Spitzen. Doch kaum ist die Sonne über den Anden aufgegangen, verschwinden die gigantischen Dampfsäulen in Minutenschnelle. Wo eben noch bei zweistelligen Minusgraden um die Wette gezittert und geschnattert wurde, steigen die Temperaturen nun sprunghaft an. Fast scheint es, als würde jemand irgendwo mit einem Schlag einen großen Wasserhahn abdrehen. Nun zeigen die Geysire ein ganz anderes Gesicht. Der Blick auf die weiß-grün-roten Erdlöcher erinnert fast unweigerlich an eine Mondlandschaft. Jedes Loch singt ein anderes Lied, jedes Loch hat unterschiedliche Farben und Formen. Und schon sind der fehlende Schlaf und die Kälte vergessen, schließlich warten tagsüber in und um  San Pedro de Atacama, wieder locker 30 Grad Celsius und mehr. Mehr unter www.visitchile.org und unter www.sanpedroatacama.com.