Alkoholgenuss in der Londoner Cocktail-Wolke

Im „Alcoholic Architecture“ in London liegt der Trinkspaß förmlich in der Luft. (Foto Ann Charlott Ommedal)
Im „Alcoholic Architecture“ in London liegt der Trinkspaß förmlich in der Luft. (Foto Ann Charlott Ommedal)

Public Houses, besser bekannt als Pubs, gehören zum britischen Lifestyle wie Regenschirm und Doppeldeckerbus. Pubs sind Treffpunkt, Gerüchteküche, Kontaktbörse und zweites Wohnzimmer für viele, aber auch Enklaven des Lachens und des Lästerns, in denen einem scheinbar nie enden wollender Marathon an Trinksprüchen und Tresenpolitik dazu beiträgt, dass sich die Probleme der Welt in Wohlgefallen auflösen.

Dabei sind Public Houses längst nicht mehr allein eine klassische Männer-Domäne. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Jung und Alt, Arm und Reich, Fußballfans und Manager in Nadelstreifen und gelockerter Krawatte befeuchten sich in den Wirtshäusern, die durch viel Atmosphäre zwischen Bierdunst, Darts, Kaminfeuer und schweren Eichenbalken geprägt sind, allabendlich einträchtig Seite an Seite die Kehlen. Wobei der gemeine Brite ja im Ruf steht, sich gerne mal das eine oder andere Pint zu gönnen.

Nun gibt es im Reich der Themsen-Elli, wie Queen Elizabeth augenzwinkernd genannt wird, nicht nur Biertrinker, sondern auch diejenigen, die sich gerne mal im Stile von Leinwandheld James Bond einen Cocktail gönnen. Wobei es den meisten im Gegensatz zu 007 völlig egal ist, ob dieser geschüttelt oder gerührt ist.

Dieser besondere Londoner Nebel ist überaus gehlatvoll. (Foto Marcus Peel)
Dieser besondere Londoner Nebel ist überaus gehlatvoll. (Foto Marcus Peel)

Unabhängig vom vermeintlich großen Durst der Nation steht das Vereinigte Königreich auch nicht zuletzt dank der guten alten Edgar Wallace Verfilmungen im Ruf, überaus nebelig zu sein. In der Hauptstadt London werden nun die Nebelschwaden geschickt mit dem Alkoholgenuss kombiniert. Dabei muss der geneigte Gast noch nicht einmal sein Glas erheben, um vom Alkoholgenuss benebelt zu sein.

Im „Alcoholic Architecture“, einer provisorischen Kneipe in einem viktorianischen Gebäude an Borough Market am Südufer der Themse, bauen die Barbetreiber auf ein ganz neues Konzept, das von den Künstlern Sam Bompas und Harry Par über einen Zeitraum von sechs Jahren mit viel Akribie entwickelt wurde. Für umgerechnet rund 18 Euro Eintritt öffnet sich der Zugang zu dieser besonderen Nebelküche.

Die Gäste müssen am Eingang der „Cloud Bar“ im Schatten der Southwark Cathedral in einen durchsichtigen Leih-Poncho schlüpfen, bevor sie ins alkoholhaltige Reich des Nebels eintauchen.
Dort, wo einst ein Kloster und ein Lager für Bananen zu finden war, erwartet die Besucher bei einer Luftfeuchtigkeit von 140 Prozent eine Mischung aus Schnaps und Cocktail, die förmlich in der Luft liegt.

Im Vorraum des Alcoholic Architecture hängen Plastiküberhänge für die Cocktail-Freunde bereit. (Foto Ann Charlott Ommedal)
Im Vorraum des „Alcoholic Architecture“ hängen Plastiküberhänge für die Cocktail-Freunde bereit. (Foto Ann Charlott Ommedal)

Das Ganze wird dann über die Haut und die Atemwege aufgenommen. Die in der Luft vorhandenen Substanzen geraten so direkt in die Blutbahn – was die Leber schonen soll. Und im Gegensatz zu den in einem „normalen“ Drink enthaltenen Kalorien soll sich in der Nebelkneipe weder etwas dezent auf die Hüfte legen, noch den Bauchumfang wachsen lassen. Quasi ein inhalierter Alkoholgenuss ohne (sichtbare) körperliche Folgen.

Nach 40 Minuten soll sich in dem bläulich illuminierten Dunst ein Effekt einstellen, als habe man einen großen Cocktail genossen. Besoffen dürfte hier eigentlich niemand werden. Die Mischung in der Luft wurde so berechnet, dass selbst bei geringer Auslastung, niemand in den vorgeschriebenen Zeitraum stark beschwipst sein dürfte oder gar einen Vollrausch erlebt.

Schgilder warnen davor, den Genuss in der Cocktail-Wolke nicht zu übertreiben. (Foto Ann Charlott Ommedal)
Schgilder warnen davor, den Genuss in der Cocktail-Wolke nicht zu übertreiben. (Foto Ann Charlott Ommedal)

Nach maximal 50 Minuten müssen die Besucher, die nur einmal pro Tag Zugang erhalten, die Nebelküche sicherheitshalber wieder verlassen – wohl auch, um zu verhindern, dass sie volltrunken im Nebel umherirren. Zumal hier die Sichtweite deutlich unter einem Meter liegt.

Und wer nach einer guten Dreiviertelstunde im künstlichen Nebel nicht voll genug ist, darf noch an der Bar einen Cocktail aus einem „normalen“ Glas schlürfen. Denn nicht nur vom Inhalieren kann man am Südufer der Themse benebelt werden…

Bei Sichtweiten unter einem Meter liegt im Alcokolic Architecture förmlich etwas in der Luft. (Foto Marcus Peel)
Bei Sichtweiten unter einem Meter liegt im „Alcoholic Architecture“ förmlich etwas in der Luft. (Foto Marcus Peel)

Informationen: Alcoholic Architecture, 1 Cathedral Street, SE1 9DE London, www.alcoholicarchitecture.com

Öffnungszeiten bis Januar 2016: täglich 10 bis 23 Uhr

Eintritt: je nach Uhrzeit zwischen 10 und 12,50 Britischen Pfund

Buchtipps: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: London für eine Hand voll Euro, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-03-1, bestellen

Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Briten, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-86686-800-7


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