Ich habe viel mehr bekommen, als ich dachte. Ein paar Tage durch die Wildnis wandern – das war der Plan. Jetzt, sieben Tage später, habe ich einen Elch und einen Zwergkauz als Freund. 1.001 Melodien in meiner Erinnerung, traurig und voller Anmut zugleich. Eine achtsamere Art, Dinge zu betrachten. Einen Pulli, der so warm ist, dass man damit in der Antarktis überleben kann. Aber, am wichtigsten: Begegnungen mit Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind.
Vor einer Woche begann meine Reise. In Tallinn, der Hauptstadt von Estland und dem kulturellen Herzen des nördlichsten baltischen Staates. Rund 400.000 Menschen leben in der Stadt. Sie ist mit Abstand die größte in Estland. Was zeigt: Die Natur hat auf den insgesamt 45.227 Quadratkilometern des Landes viel Platz, um sich zu entfalten.
Gerade mit dem Flieger gelandet, bekomme ich beim Anblick der mittelalterlichen Stadtmauer Tallinns sofort Lust, in das baltische Lebensgefühl einzutauchen. Die großen, runden Wachtürme zeugen von der bewegten Geschichte der Stadt. Sie wurde zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert erbaut. Damals hieß sie noch Reval, erst seit 1918 trägt sie ihren heutigen Namen. Die sehr sehenswerte Altstadt ist UNESCO-geschützt.
Aus südöstlicher Richtung fährt man vom Lennart-Meri-Flughafen auf dem Weg nach Tallinn an der Estnischen Kunstakademie vorbei. Es lohnt sich, bei einem Estland-Besuch auf die Website zu gucken, da hier immer mal eine Ausstellung stattfindet.
In der Altstadt steuere ich zielstrebig auf das Rathaus zu. Nicht nur äußerlich entführt der Bau seine Besucher ins Mittelalter – direkt am Platz befindet sich das Restaurant „III Draakon“. Hier essen und trinken Gäste aus tönernen Gefäßen. Ohne Besteck. Die Einrichtung ist einer mittelalterlichen Schankstube nach empfunden und die Bedienung als Magd verkleidet.
Darüber hinaus soll es eine köstliche Elchsuppe geben. Und es stimmt: Die Suppe wärmt tatsächlich den ganzen Körper.
An einem der urigen Holztische komme ich mit meinem Tischnachbarn Aleksander ins Gespräch: Er stammt aus Spanien. Und er möchte, wie ich, ein paar Tage wandern gehen. Aleksander hat einen guten Tipp parat: Das Gebiet rund um den Peipussee. Dort kann man nach einem actionreichen Tag baden und entspannen.
Nach dem Essen laufen Aleksander und ich durch den Stadtkern und gelangen zum Keskturg, dem Zentralmarkt in der Keldrimäe Straße. Zu den typisch estnischen Produkten, die hier duften, brutzeln oder appetitlich aussehen, gehören Pilze und Beeren aus den Wäldern. Aber auch Kleidung. Ich erstehe einen handgestrickten Wollpullover und einen „Vana Tallinn“. Der dunkle Likör mit mildem Rum, Vanille und Zimt wird in Estland hergestellt.
Später, als das Mondlicht durch die Gassen flutet, trinken Aleksander und ich den „Vana Tallinn“ am Strand. Mir wird so warm, als wäre ich in ein Eisbärenfell gekuschelt. Liegt das am Wollpulli oder am 16-prozentigen „Vana Tallinn“?
Informationen: www.visitestonia.de
Sprache: Estnisch. Englisch wird überall verstanden.
Dokumente: Personalausweis, der noch mindestens sechs Monate gültig ist.
Essen und Trinken: Die traditionelle Küche bringt Deftiges auf den Tisch, wie z. B. Wildschweinbraten, Mulgikapsad (Schweinefleisch mit Kartoffeln und Kraut), Suitsulohe (Räucherlachs). Gern verwendet werden Zutaten wie Beeren und Pilze aus Wald und Garten. Zum Abschluss gibt es „Vana Tallinn“.
Restaurants: Im „Rataskaevu 16“ in Tallinn wird kreative skandinavische Küche zu moderaten Preisen angeboten. Mittelalterliches wie z.B. Elchsuppe können Gäste im „III Draakon“ direkt am Rathausplatz von Tallinn kosten.
Sehenswert: Die mittelalterliche Altstadt von Tallinn (UNESCO-Weltkulturerbe), Burg Wesenberg über Rakvere, Universitätsstadt Tartu.
Unbedingt machen: Einen der fünf Nationalparks besuchen, z. B. Lahemaa, Matsalu oder Vilsandi; eine Bootstour durch die Inselwelt vor der Küste.
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