„Wuide“ Jagd mit der „Drud“ im Bayerischen Wald

Bayerischen Wald
Im Bayerischen Wald ist die traditionelle Rauhnacht ein schaurig-schönes Spektakel rund um den Jahreswechsel. – Foto TI Lam

Mystische Gänsehaut-Gruselei im Bayerischen Wald zwischen den Jahren: Von jeher gelten die Rau(c)hnächte als geheimnisvolle Zeit des Jahres – dunkel, kalt und eben rauh kommen die zwölf Tage zwischen dem 21. Dezember (Wintersonnwende) und dem 6. Januar daher. Wenn dann auch noch der Wind durch die Straßen pfeift, ist der Weg zum Geisterglauben nicht mehr weit. Vielerorts wird im Bayerischen Wald „zwischen den Jahren“ das Brauchtum der Rauhnächte gepflegt. Hexen- und Perchtengestalten wie Rauhwuggerl, Hobangoaß, Drud oder bluadiger Dammerl tanzen dann mit ihren handgeschnitzten Masken als Schreckgestalten wild um das Feuer und durch die Straßen. Einzig mit der Absicht, Geister zu beschwören und zu vertreiben. Das gelingt meist mühelos – und zieht doch Zuschauer aus Nah und Fern an.

Get-together der Perchten in Pullman-City

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Schaurige Masken werden bei der Rauhnacht im Bayerischen Wald zur Schau getragen. – Foto TI-Lam

Verschiedene Perchten-Gruppen aus Deutschland, Österreich und weiteren Ländern kommen alljährlich am 26. Dezember zum internationalen Perchtentreffen in die Westernstadt Pullman-City im Bayerischen Wald. Bei mystischer Musik ziehen ab 15 Uhr Schönperchten und furchterregende Krampusse, Hexen und Geister durch die noch weihnachtlich geschmückte Mainstreet und treiben den Winter und die Dämonen des alten Jahres aus.

Lamer Rauhnacht

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Rauhnachthexen, Engelshütter Teufel und Drud stehen in Lam im Fokus. – Foto TI-Lam

Rauhnachthexen, Engelshütter Teufel und Drud – das sind nur einige mystisch-schaurige Stars der Lamer Rauhnacht, die am 27. Dezember die ganze Region des Bayerischen Waldes in ihren Bann zieht. Glühende Öfen, flimmernde Lichter, düstere Musik und Nebelschwaden beherrschten die Szenerie am Dorfanger zu Engelshütt.

Englmarer Rauhnachtsparty

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Kuhglockengeschepper ist Teil der Tradition. – Fozo TI Lam

Kuhglocken scheppern, Peitschen knallen, Trommeln lärmen, wenn die Rauhnachtsgesellen am 28. Dezember in St. Englmar einziehen. Das schaurig-schöne Spektakel lässt sich bestenfalls von der Schneebar aus betrachten – mit einem wärmenden Rauhnachts-Glühwein verfliegt die Gänsehaut, die das schaurig-schöne Treiben der Hexen bereitet. Der Eintritt ist frei. Beginn ist um 17 Uhr am Kirchplatz Sankt Englmar. Ebenfalls am 28. Dezember tanzen die Geister beim Perchten- und Hexentanz bei JOSKA in Bodenmais sowie bei der Eisensteiner Rauhnacht.

Die Waldkirchner Rauhnacht

Mysteriöse Gestalter tanzen auch wieder durch Sankt Englmar. – Foto Bernhard Krempl

Hexen, Druden und andere finstere Gestalten bringen am 5. Januar mit Einbruch der Dunkelheit schauriges Leben nach Waldkirchen. Im Fackelschein heulend und lärmend treiben sie auf dem Marktplatz ihr Unwesen. Ihre kunstvoll angefertigten Masken symbolisieren die Wiederkehr der sündigen Seelen, die in den Rauhnächten vergeblich um Erlösung suchend durch den Wald brausen. Rauhnudel-Sänger ziehen von Haus zu Haus und erbitten Gaben, die sogenannten Rauhnachts-Nudeln.

Weitere Informationen zu den Rauhnächten im Bayerischen Wald sowie eine Übersicht der Orte, an denen das Brauchtum gepflegt wird, finden sich unter www.bayerischer-wald.de.

Zeit der Geister und Dämonen im Bayerischen Wald

Im wahrsten Sinne des Wortes heiß her geht es bei der Rauhnacht. – Foto TI Lam

Die Zeit zwischen den Jahren ist eine mythenumwobene Zeit. Man nennt sie auch die Zeit der Rauhnächte. Vermutlich stammen viele der Bräuche, die sich im Bayerischen Wald um sie ranken, sogar noch aus vorchristlicher Zeit. „Rauh“ bezieht sich dabei nicht auf die kalten und dunklen Nächte, sondern leitet sich von „rauch“ ab, einem Begriff, der früher für behaart und pelzig stand. Die Rauhnacht ist eine Zeit der Wiederkehr der Seelen, die als „Wilde Jagd“ über das Land brausen. Unsere Ahnen bezogen sich damit auf die sogenannten Perchten, die mit Fellen bekleidet Angst verbreiteten und deren Aufgabe es war, böse Geister zu vertreiben.

Die Fratzen und furchterregenden Perchtgestalten

Auch in Waldkirchen begeistert die Rauhnacht die Massen. – Foto TI Waldkirchen

Es gibt zwei Arten von Perchten: die „guten“, Schönperchten, und die „bösen“ Schiechperchten. Die zentrale Figur der Perchtenläufe, Frau Percht, ist vorne Sonne und hinten Teufel (in manchen Regionen auch andersherum). Manche deuten sie als Personifikation der nordischen Göttin Frigg (Gattin des Odin und Patronin Ehe) oder der germanischen Göttin Freya (Göttin der Fruchtbarkeit). In Rauchwaren – also in Pelze und Felle gehüllt, mit Schellen bewaffnet und mit meist finsteren (Tier-)Masken auf dem Kopf, ziehen sie lärmend durch die Straßen der Gemeinden und lehren Kindern das Fürchten.

Perchten & Co – Mythologie und Brauchtum

Die Geister haben während der Rauhnächte Ausgang. – Foto  Bernhard Krempl

Zur Mitte der Rauhnächte, zu Silvester, sollte Wotan mit den Toten zur wilden Jagd aufbrechen. Denn in dieser Zeit steht nach altem Volksglauben das Geisterreich offen. Die Geister und die Seelen der Verstorbenen haben Ausgang. Dämonen können Umzüge veranstalten oder mit der wilden Jagd durch die Lande ziehen. Stalltiere sollen um Mitternacht die menschliche Sprache sprechen und über die Zukunft erzählen. Nach altem Volksglauben sind die Rauhnächte auch zum Erstellen von Orakeln sehr geeignet. Noch heute wird zu Silvester dieser Glaube in Form des Bleigießens gepflegt.

Mortimer

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