Weihnachtsbräuche in Tschechien

Weihnachtsbräuche
Nicht nur im Märchenchloss Hluboka besitzen tschechische Weihnachtsbräuche eine besondere Tradition. – Foto Ladislav Renner/CzechTourism

Karpfenschuppen im Portemonnaie, Kerzen in Walnussschalen und Schuhwurf – das sind nur einige der außergewöhnlichen Weihnachtsbräuche in Tschechien. Und was für Leckerbissen kommen bei den Einheimischen auf die Festtafel? Wie wird dekoriert zur „Böhmischen Weihnacht“? Anbei ein paar Inspirationen zum Fest aus Mähren, Böhmen und Co. zu kaum bekannten Bräuchen und ihrer Bedeutung:

Nikolaus in himmlischer und teuflischer Begleitung

Das winterliche Liberec rät in der Weihnachtszeit zu Skifahren udn Rodeln ein. – Foto Ondřej Prosický

In der Adventszeit umgibt die tschechischen Städte und Gemeinden, Burgen und Schlösser, eingehüllt in festlichen Lichterglanz, ein besonderer Zauber. Der erste Vorbote der Weihnachtsfesttage ist auch in Tschechien der Heilige Nikolaus, dort als Svatý Mikuláš bekannt. In Tschechien klingelt er schon am 5. Dezember, am Vorabend des Nikolaustags, an den Türen und verteilt kleine Überraschungen und Süßigkeiten an Kinder. Aber der Nikolaus kommt nicht allein: Zunächst tritt ein Engel (anděl) mit einem Gabenkorb ein und stellt den Kindern den Nikolaus vor. Danach tritt der Čert hinzu, hierzulande ist die teuflische Begleitung auch als Krampus bekannt. Brave Kinder werden mit Leckereien belohnt. Wer unartig war, bekommt vom Teufel in Tschechien einen Sack Kartoffeln oder Kohle.

Üblicherweise sehen aufmerksame Beobachter an diesem Tag auf den Straßen im ganzen Land den Nikolaus mit seiner Begleitung. Wem der alte Mann mit dem weißen Bart, dem Bischofsgewand und -stab keinen Hausbesuch abstattet, der hängt in Tschechien, anders als hierzulande, wo die Kinder einen Stiefel vor die Tür stellen, traditionell einen Strumpf ins Fenster.

Weihnachtskarpfen und Schuppen im Geldbeutel

Panierter Karpfen mit Kartoffelsalat kommt Weihnachten häufig auf den Tisch. – Foto Czech Specials/CzechTourism

Traditionell wird in Tschechien seit dem 19. Jahrhundert an Weihnachten nach einer Fischsuppe Karpfen mit Kartoffelsalat serviert. Eine gängige Zubereitungsweise ist Karpfen blau, die Namensgebung ist auf die blassblaue Verfärbung der Fischhaut während des Garens zurückzuführen. Beim Schlendern durch die tschechischen Städte können Besucher allerorts Bottiche voller Karpfen entdecken. „From head to tail“ nimmt man hier wörtlich, denn bei der Zubereitung wird das ganze Tier verwertet. Den Schuppen kommt eine besondere, eine magische Bedeutung zu: Nach allgemeinem Brauch legt man am Weihnachtsfest Schuppen ins Portemonnaie – der Legende nach ein Garant für einen vollen Geldbeutel rund ums Jahr.

Und: Wer keinen Karpfen isst, kauft meist trotzdem einen! Der Fisch schwimmt kurz in der Badewanne und wird dann von den Kindern mit ihren Eltern zurück in die Freiheit entlassen. Dies bringt zumindest dem Fisch Glück. Ein Rezept zum Weihnachtsklassiker Karpfen mit Kartoffelsalat gibt es HIER.

Apfelschneiden, Schuhwurf und goldenes Schweinchen

Glasschweinchen gehören zu den Glücksbringer in Tschechien. – Foto Crystal Valley

An den Weihnachtsfeiertagen wächst in Tschechien die Neugier auf das kommende Jahr: Nach einer alten Tradition sollen Mädchen in den Weihnachtsfeiertagen einen Schuh hinter sich werfen. Zeigt der Schuh danach mit der Spitze in Richtung Tür, so wird dies so gedeutet, dass es im kommenden Jahr heiraten werde. Deutet der Schuh in Richtung Raummitte, bleibe die junge Frau noch mindestens ein Jahr daheim. Ein gängiger Brauch ist auch, dass Frauen unter einer Weihnachtsmistel geküsst werden, was ihnen Liebe für das nächste Jahr garantieren soll. Zu beachten gilt, dass die Mistel als Symbol der Liebe nicht gekauft werden darf, sie muss ein Geschenk sein.

Wer wissen möchte, wie das kommende Jahr wird, soll laut einer anderen tschechischen Weihnachtssitte nach dem Abendessen am Heiligen Abend einen Apfel zerschneiden und auf die Anordnung der Kerne im Inneren achten: Bilden die Kerne einen fünfzackigen Stern, steht laut dem Brauch ein gutes und besonders gesundes Jahr bevor, weniger Kerne sollen auf Pech hindeuten.

Und was hat eine Kerze in einer Walnussschale, die in der Badewanne treibt, zu bedeuten? Wenn es das kleine Boot schafft, sich in die Mitte zu bewegen, kündigt dies dem Aberglauben nach eine große Reise für den Besitzer an. All diejenigen, die an Weihnachten diszipliniert sein möchten und Plätzchen & Co. widerstehen können, sollten diesen skurrilen Brauch testen: Wem es gelingt, am Heiligabend zu fasten, wird der Legende nach ein goldenes Schweinchen erblicken – ein Zeichen für Glück im kommenden Jahr. Allerdings wurde noch nie von jemandem berichtet, dem es gelang. Mehr zu denWeihnachtsbräuchen in Tschechien unter visitczechrepublic.com.

Krippe mit Kultstatus

In Třebechovice pod Orebem wird die Krippenbaukunst perfektioniert. – Foto Iveta Leuchterova/Archiv TMB

Krippenbau hat in ganz Tschechien Tradition: Im böhmisch-mährischen Hochland gibt es Familien, die sich seit über 200 Jahren der Krippenbaukunst widmen wie in der kleinen Stadt Třešť. Üblicherweise öffnen die Künstlerfamilien hier zur Weihnachtszeit ihre Häuser und Werkstätten für Besucher. Zum nationalen Kulturdenkmal wurde die über 120 Jahre alte Probošt-Weihnachtskrippe im ostböhmischen Třebechovice pod Orebem ernannt: 40 Jahre baute der nach ihr benannte Meister Jan Probošt an diesem hochkomplexen Meisterwerk mit dem Maßen 7 x 3 x 2 Meter. Es besteht aus mehr als 2.000 von Hand gefertigte Teilen.

Erzählt wird die Geschichte von der Geburt Jesu bis zu seiner Auferstehung. Auf sieben Ebenen stellte der Künstler das Leben und die Arbeit der einfachen Leute dar, wobei sich rund 400 Figuren sich durch einen feine Mechanik durch die Szenerie bewegen. Heute ist seine filigrane Schöpfung im ganzjährig geöffneten Krippenmuseum in Třebechovice zu bestaunen.

Glasperlen und -kugeln für  feierlichen Glanz

Hochwertiger Weihnachtsschmuck ziert zahllose Bäume in ganz Tschechien. – Foto David-Marvan/CzechTourism

In Tschechien schmückt man den Weihnachtsbaum mit besonderen Glaskugeln: Zahlreiche Manufakturen im ganzen Land stellen bis heute den zarten Baumschmuck auf aufwendige traditionelle Weise her. In Glasbläsereien werden die originellen Schöpfungen in die gewünschte Form gebracht. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, es entstehen nicht nur Kugeln und Glöckchen, sondern auch ausgefallene Kreationen wie Raketen oder Tiere aller Art. Danach werden sie versilbert und gefärbt und erhalten ihre bunt-metallische Unterschicht. Abschließend wird der Glasschmuck kunstvoll verziert. Manche Glaskreationen lassen sich auch personalisieren – ein schönes Erinnerungsstück aus dem Winterurlaub. Unter normalen Bedingungen kann man die Betriebe bei einer Führung besichtigen und den Künstlern bei ihrem Hand- oder besser: Mundwerk zuschauen.