Vokal-Mangel und Weingenuss in Vrbnik

Vrbnik
Die malerische Altstadt von Vrbnik erhebt sich auf einem Hügel am Rande der Adria. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Das Unaussprechliche hat auf Krk einen Namen. Auf der kroatischen Insel in der Kvarner Bucht scheint eine akuter Vokal-Mangel zu herrschen. Dafür darf sich das Eiland in der Adria rühmen, im Mittel mit stolzen 2.500 Sonnenstunden pro Jahr überaus verwöhnt zu sein. Ein Städtchen auf Krk, das besonders von der konstanten Bestrahlung durch den „Lorenz“ profitiert, ist das auf einem steil abfallenden Fels an der Ostküste gelegene Vrbnik, das vor allem für seinen schmackhaften Weißwein, den Vrbnička Žlahtina, bekannt ist. Auch mit Blick auf den Mangel an Umlauten scheint Vrbnik etwas bessergestellt zu sein, obwohl der Name wohl nur den wenigsten leicht von der Zunge gehen dürfte. Ein paar Gläschen des leckeren Vrbnička Žlahtina können diesbezüglich durchaus förderlich sein.

Vrbnik
Das buckelige, glatte Kopfsteinpflaster ist für viele eine Herausforderung – besonders nach Regenfällen. – Foto: Susanne Timmann

Der Gang über das unebene Pflaster der historischen Altstadt kommt einer Zeitreise gleich. Enge, verschachtelte Gassen und Sträßchen lassen zumeist keinen Platz für Autos. An ein Durchkommen zwischen den Häuserschluchten wäre ohnehin allenfalls zu denken, wenn kleine Fahrzeuge seitlich gekippt auf zwei Rädern unterwegs sein könnten. Dann wäre da aber noch das Problem der Kurven im 90-Grad-Winkel, die mitunter schon Kinderwagenfahrer vor Probleme stellen.

Der etwas andere Gassenhauer

Vrbnik
Die Straßen und Gassen versprühen ihren ureigenen Charme. – Foto: Susanne Timmann

Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn in der Altstadt von Vrbnik mal ein Feuer ausbricht oder ein Notfall eintritt. Bilder von Menschenketten, die Eimer mit Wasser an den jeweiligen Nebenmann weiterreichen, drängen sich automatisch auf. Aber so sehr wird die Vatrogasci, wie die Feuerwehr auf Kroatisch heißt, wohl nicht auf dem Schlauch stehen, sondern selbigen stattdessen wohl über Hunderte von Metern ausrollen müssen. Aber soweit kommt es hoffentlich nicht.

Vrbnik
Die Klančić ist ein kleines Wegeabenteuer. – Foto: Susanne Timmann

Im Zickzack geht es um Häuserecken über buckelige Straßenbeläge mit dicken runden Steinen, die nicht gerade leicht zu bewältigen sind. In dem charmanten Gewirr duckt sich als Besonderheit eine der schmalsten Straßen des Erdballs. Gerade 40 Zentimeter breit ist die Klančić. Manch einer muss ganz tief einatmen und die Luft anhalten, um sich hier vorsichtig Stück für Stück seitlich durchzuquetschen. Andere, etwas voluminösere Zeitgenossen und jene unangemeldeten Massendemonstrationen auf zwei Beinen begnügen sich zumeist mit einem Blick durch die Gasse und umlaufen die Engstelle, um sich Peinlichkeiten und Gelächter zu ersparen. Viel zu sehen gibt es in der Klančić eh nicht. Hier geht es mehr um ein wenig Kribbeln und Vergnügen beim Queren der Engstelle.

Alte Schinken im ehemaligen Fürstenhaus

Geprägt wird das Stadtbild auch von den Resten einer historischen Stadtmauer. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Obschon markante Bauwerke in Vrbnik eher Mangelware sind, weiß der Gang durch die verträumten Gassen und Sträßchen zu begeistern. Bröckelige Fassaden hier, liebevoll gestaltete Hauseingänge dort zeugen von der mehr als 900 Jahre alten Geschichte des Städtchens, das etwa so viel Einwohner zählt, wie es Jahre auf dem Buckel hat.

Die engen, steilen Gassen öffnen immer wieder faszinierende Blicke. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auf dem höchsten Punkt der Altstadt erhebt sich die Pfarrkirche Maria Himmelfahrt mit ihrem weithin sichtbaren Glockenturm. Das im 16. Jahrhundert errichtete Gotteshaus besticht durch zahlreiche Figuren von Heiligen sowie eine prachtvolle Kassettendecke des Malers Ivan Volaric Pituric. Flankiert wird die Kirche von der Bibliothek von Dinko Vitezić. Die im Jahre 1910 im ehemaligen Fürstenhaus eingeweihte Büchersammlung nennt zahlreiche wertvolle Bände mit glagolitischen Handschriften ihr Eigen. Eine Besonderheit ist zudem der „Atlas scolasticus et itinerarius“ von Johan David Köhler aus dem Jahre 1718. Ein weiteres Kleinod am Ostrand von Vrbnik ist mehr als 500 Jahre alte die Kapelle Sv. Marije.

Genussmomente mit Adria-Blick

Malerisch breitet sich die Adria unterhalb von Vrbnik aus. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Während an vielen Stellen der verwinkelten Altstadt Olivenöle, Honig, Marmeladen, Grappa und Trüffelprodukte feilgeboten werden, ist ein Stopp in der Konoba Nada fast schon Pflicht. Mit Blick auf die Lagune zaubert das Restaurant die Köstlichkeiten der Adria auf den Tisch. Als Vorspeise warten hier gern mal Tintenfisch mit Kapern und Zwiebel, frittierte Shrimps, Sardellen und Fischpaste. Als Zwischengang locken hausgemachte Rigatoni mit Tomatensauce sowie wahlweise Lamm oder Shrimps, gefolgt von fangfrischem Seebarsch auf Kartoffelsalat als Hauptspeise.

Vrbnik
Aus der Žlahtina-Traube werden schmackhafte Weine und Schaumweine hergestellt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Bei dem einen oder anderen Gläschen Vrbnička Žlahtina lässt sich insbesondere in den Abendstunden von der Terrasse des Nada ein famoser Panoramablick genießen. Das Farbenspiel der untergehenden Sonne und die vorbeiziehenden Wolkenfelder tauchen das Meer und das nur wenige Kilometer entfernt liegende Festland in unterschiedlichste Schattierungen. Fast sekündlich wechselt dabei die die optische Anmutung. Was natürlich auch ein wenig von der Menge des Vrbnička Žlahtinas abhängt. So oder so kann derjenige, der auf dem Rückweg durch die Altstadt auf dem buckeligen Pflaster ins Stolpern gerät, immerhin behaupten, es läge nicht am Wein, sondern am Untergrund…

Vrbnik
In der Konoba Nada werden zur Vorspeise gerne Meeresfrüchte und Fisch gereicht. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Informationen: www.kvarner.hr und www.vrbnik.hr/de/