Spannend, geheimnisvoll und düster – der Kunstraub von Gotha bis hin zur Wiederentdeckung der Werke gleicht einem beeindruckenden Krimi: In der Nacht zum 14. Dezember 1979 brachen Diebe in das Schlossmuseum Gotha ein und stahlen fünf wertvolle Gemälde aus dem 15. und 17. Jahrhundert. 40 Jahre lang galten die Bilder als verschollen. Jahrelang glaubte niemand an die Rückkehr der Gemälde. Doch im September 2019 tauchten sie dann wieder auf. Ausgehend von diesem spektakulären Verbrechen, dem größten Kunstdiebstahl der DDR, beleuchtet die große Sonderausstellung „Wieder zurück in Gotha! Die verlorenen Meisterwerke“ die wechselhafte Geschichte der Gothaer Kunstsammlungen.
Mysteriöse Spurensuche und viel Unentdecktes
Seit dem Kunstraub glaubte kaum jemand an die Wiederkehr der Gemälde. Vor etwa drei Jahren wurde dann die Geschichte neu aufgerollt. Eine anonyme Erbengemeinschaft soll über einen Anwalt Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch 2018 die Gemälde zum Kauf angeboten haben: für fünf Million Euro. Kreuch schaffte es, mit viel Diplomatie, nach monatelangem Verhandeln sowie Stillschweigen die fünf Meisterwerke zurückzuholen, ohne dabei Lösegeld zu bezahlen. Unterstützung für Anwälte und Logistik erhielt er von der Ernst von Siemens Kunststiftung in Berlin. Die Kunststiftung war zudem auch der erste Ort, an dem dann die fünf Gemälde für einen Tag der Öffentlichkeit zugänglich wurden.
Doch sind die fünf aufgetauchten Meisterwerke überhaupt echt? Experten des Rathgen-Forschungslabors der Staatlichen Museen in Berlin überprüften ab September 2019 ihre Echtheit. Daran war auch das Landeskriminalamt Berlin beteiligt. Nach der Identifizierung der Kunstwerke konnte gemeinsam mit den Staatlichen Museum zu Berlin ein mysteriöses Kapitel der Kunstgeschichte von Gotha endlich abgeschlossen werden. Im Januar 2020 übergab man die bedeutenden Kunstschätze der Stiftung Schloss Friedenstein. Unrestauriert hatten Besucher die Möglichkeit, die Gothaer Meisterwerke für eine Woche im Herzoglichen Museum anzusehen.
Der Kunstraub von Gotha ist ein spannendes Kapitel deutsch-deutscher Geschichte. Die Rückgabe der Gemälde löste auch ein bisher ungelöstes Rätsel: Bei einem der fünf Gemälde handelt es sich um ein Werk des niederländischen Malers Frans Hals. Die Echtheit des Gemäldes wurde erst nach seinem Auftauchen 2019 festgestellt.
Wahrer Krimi der deutsch-deutschen Geschichte
Seit dem 24. Oktober 2021 ist die Ausstellung „Wieder zurück in Gotha – die verlorenen Meisterwerke“ im Herzoglichen Museum Gotha zu sehen. Das Museumsgebäude im Stil der Neorenaissance wurde 2013 wiedereröffnet und liegt südlich, gegenüber dem Schloss Friedenstein. Die Ausstellung zieht anhand von Beispielen hochkarätiger Werke der Malerei, Grafik, Numismatik und des Kunsthandwerks die abenteuerlichen und vielgestaltigen Wege der Objekte nach und zeigt die Umstände ihrer Rückkehr auf. Im Mittelpunkt stehen dabei die jüngst zurückgekehrten Gemälde des Diebstahls von 1979, die erstmals in restauriertem Zustand und in historischen Rahmen präsentiert werden. Darüber hinaus bieten historische Dokumente, von den alten Sammlungsinventaren über handschriftliche Briefe bis hin zu Stasi-Akten, den BesucherInnen die Möglichkeit, selbst auf Spurensuche zu gehen und die Geschichten der Werke nachzuvollziehen. Der Kunstraub von Gotha wird in der Ausstellung wie ein Kriminalfall dargelegt. Zur Ausstellung gibt es ein Rahmenprogramm mit regelmäßigen Führungen, sie läuft knapp zehn Monate bis zum 22. August 2022.
Wieder aufgetaucht: Fünf Schätze der alten Meister
Beim spektakulärsten Kunstdiebstahl in der Geschichte der DDR-Zeit handelt es um folgende hochkarätige Kunstwerke: Das „Bildnis eines jungen Mannes“ von Frans Hals, das Gemälde „Landstraße mit Bauernwagen und Kühen“ von Jan Brueghel d. Ä., Werkstatt, das Gemälde „Selbstbildnis mit Sonnenblume“ von Anthonis van Dyck (1598/1599–1641), Umkreis, das Gemälde „Heilige Katharina“ von Hans Holbein d. Ä. und das Gemälde „Alter Mann“ von Rembrandt Harmensz. von Rijn, Werkstatt.
Wohin genau die Gemälde nach dem Raub gebracht wurden, ist bis heute unklar. Eine Spur führt über die ehemalige innerdeutsche Grenze nach Westdeutschland. Laut Ermittlungen kannten sich die Räuber offenbar sehr gut aus und wurden vermutlich gezielt beauftragt, die Gemälde aus dem Schloss Friedenstein zu stehlen. Aber wer sind eigentlich die Diebe, die noch immer nicht gefasst werden konnten? Bis heute ist ihre Identität nicht bekannt, 100 Kriminalisten waren an diesem mysteriösen Fall beteiligt. Nach dem mysteriösen Kunstraub 1979 schätzte man den Wert der fünf Meisterschätze auf etwa fünf Millionen DDR-Mark. Heute beträgt ihr Wert ein Vielfaches.
Restaurierung von drei Gemälden in Thüringen
Die Zeit hat an den Gemälden ihre Spuren hinterlassen. Die Werke waren stark verunklart, verschmutzt oder sogar beschädigt. Aus diesem Grund erfolgten in den vergangenen Monaten Restaurierungsarbeiten. Dabei legte man großen Wert darauf, den ursprünglichen Charakter der Bilder wiederherzustellen. Drei der fünf Gemälde wurden in Thüringen restauriert – das „Bildnis eines jungen Mannes“ von Frans Hals sogar direkt in der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha. Viele freie Restauratoren in Thüringen arbeiteten an den Kunstwerken. Zwei Werkstätten, die an diesem aufwendigen Projekt mitbeteiligt waren, befinden sich in Brandenburg: Die Stiftung Preußischer Schlösser und die Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam. Hier wurde an den Gemälden von Ferdinand Bol und Hans Holbein gearbeitet.
Nach der Restaurierung erfolgte dann die Auswahl eines geeigneten Rahmens für die historischen Werke. Dabei war es wichtig, dass Stil und Alter zum Bild passen. Als 1979 die gestohlenen Kunstwerke verschwanden, besaßen sie bereits keinen Originalrahmen aus dem 16. und 17. Jahrhundert mehr, sondern Rahmen aus dem 19. Jahrhundert. In der Diebesnacht wurde der Rahmen des „Heiligen Katharina“ weitgehend zerstört. Für die gesamte Restaurierung betrugen die Kosten insgesamt um die 40.000 Euro. Diese Kosten konnten über Spenden und Fördermittel bestritten werden. Weitere Informationen unter www.stiftungfriedenstein.de und unter www.thueringer-wald.com.
Mortimer
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