Tagesausflug ins alte Rom am Niederrhein

Der Archäologische Park in Xanten am Niederrhein lädt zu einer kutzeiligen Zeitreise in die römische Geschichte. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Der Archäologische Park in Xanten am Niederrhein lädt zu einer kurzweiligen Zeitreise in die römische Geschichte. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Temous edax rerum“ sprach einst Ovid – „Die Zeit nagt an den Dingen“. Wie gut, dass man im Archäologischen Park Xanten (APX) alles daran setzt, gegen diesen Zahn der Zeit anzuarbeiten. Im weitläufigen Grün des Parks vermitteln originalgetreue Nachbauten wie der Hafentempel und das Amphitheater, die Stadtmauer, Wohnhäuser und Badeanlagen einen lebendigen Eindruck vom römischen Alltag in Germanien. Kein Wunder, dass dieses Angebot auch bei Nachwuchs-Historikern gut ankommt!

„Ich bin so froh, dass es Ausgrabungsstätten gibt!“ seufzt ein Schuljunge beim Verlassen des APX. Habe ich mich verhört? Oder gehören langweilige Museen und öde historische Stätten längst der Geschichte an wie das Tragen einer Toga oder der Gladiatoren-Kampf?

Im Römermuseum können kleine Nachwuchsforscher auch in Legionärskostüme schlüpfen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im Römermuseum können kleine Nachwuchsforscher auch in Legionärskostüme schlüpfen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Die Macher des Parks haben wirklich alle Ehren verdient. Sie haben auf dem Gelände der einstigen Römerstadt Colonia Ulpia Traiana nicht nur Deutschlands größtes archäologisches Freilichtmuseum geschaffen. Sie laden darüber hinaus durch die authentische Gestaltung der Anlage auch zu einem anregenden Ausflug in die Geschichte ein.

Gleich unweit des Haupteingangs liegt, sozusagen als Auftakt-Tusch, das wieder errichtete römische Amphitheater, das nicht nur die Herzen kleiner Jungs höher schlagen lässt. Betritt man die imposante Arena über die Ränge, so meint man noch, eine Trompetenfanfare zu vernehmen, die ein Spektakel ankündigte. Man kann sich gleich leicht vorstellen, wie aufgeregt die Zuschauer den Gladiatorenkämpfen und dem Wagenrennen in der Arena entgegen fieberten.

Mit schauriger Faszination erscheinen vor dem inneren Auge Bilder der grausame Kämpfe auf Leben und Tod. Wenn man herabsteigt, und sich selbst in das große Rund stellt, dann möchte man unwillkürlich mehr wissen über die gut ausgebildeten Kämpfer. Welche Stellung hatten sie in der Gesellschaft, was geschah mit Ihnen, wenn Sie gewonnen hatten, welche Waffen trugen sie in der Arena?

Trutzig und wehrhaft wirkt die rekonstruierte Mauer des Römerlagers. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Trutzig und wehrhaft wirkt die rekonstruierte Mauer des Römerlagers. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Zum Glück findet man in den Gängen unterhalb der Zuschauertribünen Antwort. Filme informieren über Kampftechniken und Waffen, Ausstellungsstücke erzählen über berühmte Gladiatoren und ein brüllender (Film-) Bär in Lebensgröße sorgt mit seinem markerschütternden Gebrüll für den leichten Gruselfaktor – schließlich kämpften die Gladiatoren auch gegen wilde Tiere.

Rund vierhundert Jahre lang war Xanten einer der bedeutendsten römischen Orte in Germanien. An die zehntausend Männer, Frauen und Kinder lebten in der imposanten Stadt, die Kaiser Trajan um 100 nach Christus zur Colonia Ulpia Traiana ernannte. Dass ihr Gelände seit dem Mittelalter kaum besiedelt wurde, ist ein wahrer Glücksfall für die Archäologen von heute. Sie können so seit dem Jahre 1977 die Überreste der römischen Stadt im LVR-Archäologischen Park Xanten schützen, erforschen und präsentieren.

Das wieder aufgebaute Amphietheater wird regelmäßig für Konzerte und Veranstaltungen genutzt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Das wieder aufgebaute Amphietheater wird regelmäßig für Konzerte und Veranstaltungen genutzt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Jedes Bauwerk entstand nach jahrelangen Ausgrabungen und Forschungen im originalen Maßstab am originalen Standort. In Form und Material entsprechen die begehbaren Modelle ihren römischen Vorbildern und machen so die Wirkung der antiken Architektur anschaulicher begreiflich als jedes Buch.
Magisch ziehen die imposanten Säulen des Hafentempels die Besucher an. Er war zu Bauzeiten mit einer Höhe von 27 Metern der zweitgrößte Tempel der Stadt und die Säulen ragten schon damals weit sichtbar über die Stadtmauer hinweg.

Eine breite Treppe führt zum so genannten Kultraum hoch, in dem einst das Standbild der hier verehrten Gottheit gehütet wurde. Weil man bis heute nicht weiß, welcher Gott oder welche Göttin das war, benannten die Ausgräber den Tempel einfach nach seiner Lage in der Nähe des römischen Hafens.

Über das Leben, die Ausrüstung und Kampftechnik der Gladiatoren informiert eine eigene kleine Ausstellung. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Über das Leben, die Ausrüstung und Kampftechnik der Gladiatoren informiert eine eigene kleine Ausstellung. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Mens sana in corpore sano“ – weil ein gesunder Geist in einem gesunden Körper wohnt, wie bereits der römische Dichter Juvenal im 1./2. Jahrhundert wusste, führt der Weg danach fast natürlich zur Römischen Herberge. Bereits vor Jahrhunderten bot die Herberge der römischen Stadt Reisenden Stärkungen für den Leib, eine komfortable Unterkunft und die Wonnen eines heißen Wannenbades.

In der vollständig rekonstruierten Herberge können die Besucher römische Schlafzimmer, Wohnräume, eine funktionstüchtige Küche und eine unterirdische Vorratskammer erkunden. Gleich neben den üppigen Beeten des Kräutergartens können Besucher sich mit modernen Speisen oder solchen nach antiken Rezepturen stärken.

Die rekonstruierte Schutzmauer ist in Teilen von den Besuchern begehbar. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Die rekonstruierte Schutzmauer ist in Teilen von den Besuchern begehbar. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Besonders beeindruckend ist das Badehaus der Herberge mit seinen Wasserbecken und farbenprächtigen Wandmalereien. Es ist bis heute weltweit die einzige Anlage, die originalgetreu wie in der Antike befeuert werden kann. Bei plätscherndem Wasser und Dampf geschwängerter Luft kann man sich hier leicht die Genüsse vorstellen, die die Römer in den unterschiedlich beheizten Becken und bei wohligen Massagen so sehr geschätzt haben. Schade nur, dass man als Besucher nicht auch in die Becken tauchen kann!

Keine große römische Stadt konnte ohne mächtige Mauern und Tore bestehen. In Xanten gibt es neun begehbare Türme und auch Abschnitte der hohen Stadtmauer sind rekonstruiert und begehbar. Sie wirken damals wie heute sehr machtvoll. Wer das Stadttor mit seinen steilen Treppen erklimmt, wird in luftiger Höhe mit einem schönen Ausblick über das Parkgelände und die niederrheinische Landschaft belohnt.

In den nachgebauten Häusern wird auch ein Einblick in die römische Badekultur vermittelt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
In den nachgebauten Häusern wird auch ein Einblick in die römische Badekultur vermittelt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Gerade Kinder begeistern sich neben den Handwerksvorführungen am meisten für das römische Spielehaus. Hier können Groß und Klein dem Spieltrieb frönen und die schönsten Brett- und Geschicklichkeitsspiele der Römer selber ausprobieren. Bei schönem Wetter können die kleinen Gäste ihren Energien auch auf dem großen Abenteuerspielplatz, dem großen riesigen Hüpfkissen und dem groszügig gestalteten Wasserspielplatz freien Lauf lassen.

Die Römischen Wochenenden im APX sind auch besonders für Familien interessant. Von Mai bis September zeigen samstags und sonntags Köche, Schmiede, Gladiatoren, Legionäre und andere römische Akteure ständig Neues aus der Antike und somit lebendige Archäologie. In den römischen Werkstätten nehmen an den Werkbänken vor allem die jungen Gäste gerne Platz, um mit eigenen Händen Souvenirs anzufertigen oder beispielsweise einen Nagel zu schmieden.

Informationen: LVR-Archäologischer Park Xanten, LVR-RömerMuseum, Am Amphitheater, 46509 Xanten, Telefon 02801-9889213, www.apx.lvr.de

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