Onsen – japanische Wohlfühloase mit Kultstatus

Für die Japaner ist der Besuch eines Onsens ein wichtigter Wohlfühlfaktor. (Foto JNTO)
Für die Japaner ist der Besuch eines Onsens ein wichtigter Wohlfühlfaktor. (Foto JNTO)

Nebelschwaden liegen über dem Wasser. Es blubbert und sprudelt und ein leicht schwefeliger Duft liegt in der Luft. Am Beckenrand sitzt ein Mann so wie Gott in geschaffen hat auf einem Holzschemel. Mit einem kleinen Eimer gießt er immer wieder Wasser über seinen Körper, um sich zu reinigen. Erst dann folgte der Gang ins Wasser.

„Wir Japaner reinigen uns, um zu baden. Die meisten Europäer baden, um sich zu reinigen“, erläutert Akito Uemura im feinsten Englisch einen der wichtigsten kulturellen Unterschiede zu den Bewohner aus dem Land des Lächelns. Mehrmals jährlich reist der Bankangestellte aus dem nahe gelegenen Kumamoto nach Kurokawa, um dort in einem der insgesamt 24 öffentlichen Bäder Entspannung und Erholung zu finden. Gespeist werden die Onsen, so der Name der natürlichen Warmwasserbäder auf Japans südlichster Hauptinsel Kyushu, von heißen Quellen.

Das Tragen von Holzlatschen - wie hier im Shinmeikan Onsen in Kurokawa - ist obligatorisch. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Das Tragen von Holzlatschen – wie hier im Shinmeikan Onsen in Kurokawa – ist obligatorisch. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Kyushu gehört zu den vulkanisch aktivsten Regionen der Erde. Mit dem Mount Aso ist hier der mit 128 Kilometern Umfang größte Vulkankrater der Welt zu finden. An vielen Stellen der Insel tritt aus dem Erdboden das mineralhaltige Wasser heraus, das die Japaner längst als heiße Wohltat für sich entdeckt haben.

Vor dem Besuch des Onsens müssen sich die Besucher gründlich waschen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Vor dem Besuch des Onsens müssen sich die Besucher gründlich waschen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Darf man einem populären Volkslied Glauben schenken, so kann ein Onsen alles heilen, nur die Liebe nicht. Und so dienen die heißen Quellen nicht nur der Entspannung, sondern fördern die Durchblutung der Haut, lösen Krämpfe und Muskelverspannungen und tragen je nach Zusammensetzung des Wassers auch zur Heilung verschiedener Krankheitsbilder bei.

„Baden ist ein unverzichtbarer Teil unserer Kultur“, versichert dann auch Akito Uemura, während er die wichtigsten Regeln für dieses nach strengen Regeln vollzogene Ritual zusammenfasst: An der Kasse erhalten die Badegäste einen Waschlappen, Waschlotion, Kämme, Zahnpasta und eine Einwegzahnbürste.

Die zur Verfügung gestellten Handtücher, Tenugui genannt, sind allerdings oft so klein, dass sie bei den, im Vergleich zum Japaner doch groß geratenen Westeuropäern nur mit Mühe das verdecken, was sie verdecken sollen. Auch Holzlatschen stehen bereit. Diese sind allerdings auf die eher zierlichen Füße der Asiaten zugeschnitten, und lassen die Extremitäten der europäischen Badegäste über den Rand quellen.

Unter dem altertümlichen Dach liegt der Eingang zum Shinmeikan Onsen in Kurokawa. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Unter dem altertümlichen Dach liegt der Eingang zum Shinmeikan Onsen in Kurokawa. (Foto Karsten-Thilo Raab)

In einem Vorraum des Onsens muss sich der Badegast seiner Kleidung entledigen und diese in den bereit gestellten Bastkörben ablegen. Dann nimmt er auf besagtem Holzschemel Platz, um sich mit Hilfe einer Schöpfkelle oder mit kleinen Holzeimern mit Wasser zu übergießen und den Körper gründlich mit Seife und Shampoo zu reinigen, gegebenenfalls auch zu rasieren.

Erst danach wird der Zeh vorsichtig in den Onsen gehalten. Die 40 Grad Celsius, die das Wasser ganzjährig aufweist, sind deutlich muckeliger als das normale Wannenbad in unseren Gefilden.

Im Shinmeikan Onsen in Kurokawa sind die Badebereiche für Männer und Frauen streng getrennt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im Shinmeikan Onsen in Kurokawa sind die Badebereiche für Männer und Frauen streng getrennt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

„Manche im Ort nutzen das Wasser sogar, um Eier darin zu kochen“, versichert Akito Uemura mit einer Mischung aus Stolz und Faszination. Der Onsen selber bleibt allerdings frei von Hühnerfrüchten. Gleichwohl hallt ein aufgeregtes Geschnatter herüber.

Denn in dem streng abgetrennten Bereich für die Frauen, hat das zarte Geschlecht einiges zu erzählen. Vielleicht von den hoch aufgeschossenen Langnasen, die nebenan ein Bad nehmen und dabei das Gefühl haben, eher im eigenen Saft zu brutzeln als im Eierkocher…

Weitere Informationen zur japanischen Badekultur unter www.jnto.de zund unter www.kurokawaonsen.or.jp.


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Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.