Paris geht immer. Insbesondere, wenn die Anreise so rasant schnell geht. Der Eurostar ist auf dem Weg in Frankreichs Hauptstadt tempomäßig schlicht nicht zu schlagen. Keine vier Stunden braucht der Hochgeschwindigkeitszug von Köln bis in die Seine-Metropole. Die Zeit vergeht tatsächlich wie im Flug. Insbesondere in der Premium-Klasse, wo ähnlich wie im Flugzeug am Platz eine Mahlzeit sowie ein Snack serviert werden. Spätestens nachdem der Eurostar kurz hinter Aachen die deutsch-belgische Grenze überschritten hat, nimmt der Zug im wahrsten Sinne des Wortes mächtig Fahrt auf. Mit Zwischenhalten in Lüttich und Brüssel geht es mit Spitzengeschwindigkeiten von gut 300 Stundenkilometer gen Paris. Ziel ist hier der Gare du Nord.
Der oberirdische Kopfbahnhof, der im Jahre 1846 nach Plänen von Jakob Ignaz Hittorff errichtet wurde, gilt mit einem Aufkommen von gut 220 Millionen Passagieren pro Jahr als der bedeutendste europäische Bahnhalt überhaupt. Wobei der Gare du Nord selber ungeachtet des gigantisch hohen Zug- und Passagier-Aufkommens allein aufgrund seine neoklassizistischen, mit 23 Statuen verzierten Fassade zu den unumstritten prachtvollsten Gebäuden der französischen Hauptstadt zählt. Vom schmucken Nordbahnhof lassen sich die Pariser Sehenswürdigkeiten bequem mit der Metro oder dem Bus ansteuern.
Schattenseite der Metro
Allerdings, auch das gehört zur Wahrheit, mangelt es den allermeisten U-Bahn-Stationen der Millionen-Metropole an der Seine an Rolltreppen und Fahrstühlen. Entsprechend sind alle, die aufgrund eingeschränkter Mobilität Schwierigkeiten beim Treppensteigen haben oder mit dem Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs sind, gut beraten, lieber mit dem Bus zu fahren. Zudem leidet das Gros der U-Bahn-Waggons unter dem „Deutsche-Bahn-Syndrom“. Soll heißen: In vielen der Metrozüge gibt es eine schlechte oder nicht funktionierende Klimaanlage oder Belüftung. Was an muckelig warmen Tagen schnell mal zu erhöhter Schweißdrüsenaktivität und kollektiver Schnappatmung führen kann.
Eine perfekte Ergänzung für alle, die das Treppensteigen in den U-Bahnschächten schnell lieb gewonnen haben, ist fraglos der Aufstieg auf den Eiffelturm. Insgesamt 674 Stufen führen hinauf zur auf 115 Meter Höhe liegenden Aussichtsplattform in der zweiten Etage des berühmten Stahlkolosses. Bequemer geht es natürlich mit dem Fahrstuhl.
Bezauberndes Montmartre
Für die Treppenliebhaber ist daneben der Aufstieg über insgesamt 237 Stufen zur prachtvollen Kirche Sacre Coeur ein Muss. Belohnt wird man mit Blicken auf die schneeweiße, römisch-katholische Wallfahrtskirche aus dem Jahre 1914 und einem herrlichen Panoramablick auf Paris. Wer anschließend durch Montmartre, dem pittoresken Künstlerviertel rund um die beeindruckende Basilika streift, trifft auf schnuckelige Cafés und Restaurants, aber auch auf eine Vielzahl an Souvenirshops mit dem üblichen Kitsch.
In der Rue St. Rustique bilden riesige Wandmalereien einen schönen Blickfang. Empfehlenswert ist daneben ein Gang über die Rue du Mint Cenis und die Rue Norvins sowie den Place du Tertre, wo umgeben von beliebten Bars und Restaurants Porträtmaler um die Gunst der Passanten buhlen und mehr oder weniger gelungene Konterfei der Zahlungswilligen zu Papier bringen.
Völlig unverständlich bleibt allerdings, warum über die engen Straßen und Gassen von Montmartre, die nahezu rund um die Uhr stark von Heerscharen an Passanten frequentiert sind, Autos und Busse rollen dürfen. Überhaupt ist der Verkehr in Frankreichs größter Stadt trotz aller Bemühungen, die Zahl der Autos zu reduzieren, durchaus problembehaftet. Horrende Parkgebühren und Restriktionen verhindern nach wie vor nicht die großen Blechlawinen entlang der Hauptachsen. Nicht minder auffallend ist, dass Ampeln offenbar von Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern allenfalls als Empfehlung verstanden werden. Rotes Signallicht an Kreuzungen und Straßenübergängen interessiert hier kaum jemanden. Selbst dann nicht, wenn Polizisten oder kleine Kinder neben einem stehen.
Das Fahrrad als Fortbewegungsalternative
Erfreulich ist wiederum, wie viele Radfahrer in Paris unterwegs sind. Das Ausleihsystem und die in vielen Bereichen gesondert ausgewiesenen Radspuren mit den harten Bordsteinen, die sie von der eigentlichen Fahrbahn trennen, scheinen anzukommen. Münster und Amsterdam lassen grüßen.
Derweil hat unweit der Bastille eine ehemalige Bahntrasse entlang der Avenue Daumesnil einen famosen Wandel erlebt. Über den sogenannten Viaduc des Arts führte von 1859 bis 1969 die Bahnstrecke, die Paris mit Marles-en-Brie im Südosten der französischen Kapitale verband. Getragen wird das Viadukt von 71 Gewölben aus rotem Ziegel, in denen heute rund vier Dutzend Geschäfte und Restaurants angesiedelt sind. Die ehemalige Trasse wurde in einen absolut sehenswerten Hochgarten umgewandelt und ist heute Teil des 4,5 Kilometer langer Parkwanderwegs Coulée verte René-Dumont.
Beeindruckendes Künstlerhaus
Teilweise reicht die Wohnbebauung direkt bis an die Trasse. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie laut es gewesen sein muss, als in längst vergangenen Tagen hier die Züge vorbeiratterten. Entlang der liebevoll angelegten Hochgartenachse finden sich mehrere kleine, kunstvoll gestaltete Ecken, wo Sitzbänke geschickt in Kunstwerke integriert worden sind. Hier wurde quasi aus dem Nichts eine kleine, grüne Lunge mit großem Aufenthaltscharakter geschaffen. Auch ein frei zugänglicher Fitnessparcours wurde direkt angrenzend an die Strecke gebaut. Hier können sich diejenigen, die vom Treppensteigen in der Metro und an den Sehenswürdigkeiten noch nicht genug bekommen haben, unter freiem Himmel zwanglos austoben.
Absolut empfehlenswert ist daneben ein Abstecher in die Einkaufsmeile Rue de Rivoli. Zwischen dem Louvre und dem Hôtel de Ville, dem Rathaus von Paris, duckt sich ein besonderes künstlerische Kleinod, an dem viel wohl eher unbewusst vorbeispazieren. Das Haus mit der Nummer 59 wurde von Künstlern in ein riesiges Atelier mit Ausstellungsflächen umgewandelt. Allein das Treppenhaus, dessen Anmutung von Etage zu Etage wechselt, ist ein Gesamtkunstwerk. Das Künstlerhaus sprüht nur so vor Kreativität und Experimentierfreude. Wobei auf den insgesamt sechs Etagen allen Stilrichtungen zeitgenössischen Kunst angesiedelt sind. Der Bogen spannt sich von Zeichnungen und Malereien über kuriose Installationen bis hin zu Fotografien und Skulpturen.
Genussmomente an der Seine
Zwischen Arc de Triomphe, Avenue des Champs-Élysées, Tuilerien, Centre Georges Pompidou und Notre-Dame dürfen natürlich selbst bei einer Stippvisite kulinarische Genüsse nicht zu kurz kommen. Eine gute Anlaufstelle ist im südlich der Seine gelegenen Stadtteil Montparnasse die Theaterstraße Rue de la Gaité. Im dortigen Restaurant Le Plomb du Cantal wartet mit dem Aligot eine französische Spezialität. Dahinter verbirgt sich ein mit Käse verfeinertes Kartoffelpüree. Ursprünglich hatten Mönche aus dem französischen Zentralmassiv die beliebte Sättigungsbeilage erdacht, um Pilger (kostengünstig) abzuspeisen. Heute wird Aligot zu einer Vielzahl von Fleischgerichten gereicht.
Eher Schockcharakter haben unterdessen die Bierpreise nicht nur entlang der Rue de la Gaité. Fast überall werden halbe Liter des Hausbieres ab 10 Euro aufwärts angeboten. Vielerorts werden sogar 12,50 Euro und mehr aufgerufen. Dagegen muten die Preise für die Maß beim Oktoberfest in München, wo in diesem Jahr für den Liter zwischen 13,60 und 15,30 Euro aufgerufen werden, fast schon wie ein Schnäppchen an.
Bierpreisschock und Hygienemängel
Für Freunde eines gekühlten Gerstensafts gibt es aber zumindest einen Silberstreif am Bierhorizont. Das California Avenue in der Rue des Lombards unweit des Place de Pompidou bietet beispielsweise jeden Tag von 15 Uhr nachmittags bis 4 Uhr nachts einen halben Liter Bier für gerade einmal vier Euro an. In derselben Straße hält auch das Miami Boulevard eine „Pinte de biére“ für denselben Preis vor.
Neben der Preisgestaltung eint die Gastronomie-Szene Paris noch ein Kennzeichen, das nicht verhehlt werden soll: die zum Teil mehr als dürftige Toilettenausstattung und -hygiene. Hier ist in den meisten gastronomischen Einrichtungen der französischen Hauptstadt leider definitiv noch viel, viel Luft nach oben. Aber dies sollte niemanden davon abhalten, der Seine-Metropole zumindest einen Kurzbesuch abzustatten. Denn in der faszinierenden Stadt der Liebe gibt es immer etwas Neues zu entdecken…
Wissenswertes zu Paris in Kurzform
Informationen: www.parisinfo.com
Anreise: Aus dem Westen Deutschlands verbindet der Eurostar täglich die Stationen Dortmund, Essen, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Aachen, Lüttich, Brüssel und Paris bis zu fünfmal miteinander. Buchen lassen sich die Fahrten unter www.eurostar.com. Tickets in der Kategorie „Standard“ gibt es bereits ab 32 Euro pro Person, in der Comfort-Klasse ab 70 Euro und in der Premium-Klasse ab 135 Euro.
Fahrradverleih: In Paris finden sich überall im Stadtgebiet verteilt rund 1.400 Verleihstationen mit mehr als 30.000 Rädern, die über eine App gemietet und an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet wieder abgestellt werden können. 24-Stunden-Tickets kosten 5 Euro. Informationen unter www.velib-metropole.fr.
Pariser Restaurant-Vielfalt
Essen & Trinken: Le Plomb du Cantal, 3 rue de la Gaite, 75014 Paris, Telefon 0033- 1-43351692. Das Traditions-Restaurant ist bekannt für seine Aligot-Varianten
Douze, 2 Passage Emma Calvé, 75012 Paris, Telefon 0033-1-45312400, www.douze.paris. Wechselnde regionale und ökologische Produkte stehen auf der kleinen Speisekarte des Nachbarschaftsprojekts.
Creatures, 25 Rue de la Chau. d’Antin, 75009 Paris, www.creatures-paris.com. Dinner mit Aussicht auf den Eiffelturm, die Oper, und Sacre Coeur bietet das Restaurant auf dem Dach der berühmten Galeries Lafayette. Serviert werden vornehmliche vegetarische Gerichte und mediterrane Küche.
Les Bariolés de Maud, 8 Rue Saint-Bernard, 75011 Paris, www.lesbariolesdemaud.fr. Bekannt für eines der besten und kreativsten Brunch-Angebote der Stadt.
Übernachten: Ibis Paris Gare Montparnasse Catalogne, 7-11 Rue du Texel, 75014 Paris, Frankreich, Telefon 0033-(0)7 56 43 04 45. Empfehlenswertes Stadthotel in Montparnasse mit ordentlicher Ausstattung in einer ruhiger Straße nur wenige Minuten vom Bahnhof und der nächsten Metrostation entfernt. Doppelzimmer werden ab 120 Euro angeboten; für das Frühstück werden zusätzlich 13,80 Euro fürs Frühstück pro Person in Rechnung gestellt.
Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung von Eurostar, der Accor Gruppe in Zusammenarbeit mit uschi liebl pr statt.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.