Schloss Leopoldskron – Wiege der Salzburger Festspiele

Leopoldskron
Das Schloss Leopoldskron in Salzburg ist – wie hier das Chinesische Zimmer – ein besonderes Kleinod mit besonderer Geschichte. – Foto Cornelia Lohs

In dem geschichtsträchtigen Rokokoschloss Leopoldskron entwickelte Max Reinhardt zusammen mit Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss 1920 die Idee des Festivals, das auch 100 Jahre später nichts an Popularität verloren hat. Salzburg feiert den 100. Geburtstag noch bin Ende Oktober 2021 mit der Die Landesausstellung „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“ im Salzburg Museum am Mozartplatz.

Als Regisseur Max Reinhardt, Dichter Hugo von Hofmannsthal und Komponist Richard Strauss nächtelang im „Roten Salon“ des Schlosses Leopoldskron saßen und an dem Entwurf eines Theaterfestivals tüftelten, ahnten sie nicht, dass sie dabei waren ein Event zu schaffen, das allen Krisen, einem Weltkrieg und zuletzt einer Pandemie zum Trotz einmal sein Hundertjähriges feiern sollte. Allerdings waren nicht die Salzburger Festspiele, sondern „Leopoldskron diejenige seiner Inszenierungen, auf die er am stolzesten war“, so Schauspielerin Helene Thimig, zweite Ehefrau Reinhardts. Eine Inszenierung, die fast 20 Jahre lang dauerte.

Ein „köstliches Gehäuse“ mit allem Drum und Dran

Leopoldskron
Leopoldskron gilt als Geburtsort der berühmten Salzburger Festspiele. – Foto Cornelia Lohs

Mit dem Kauf des barocken Schlosses 1918 erfüllte sich der damals berühmteste Theaterimpresario Europas einen lang gehegten Traum. An seine Frau in Berlin telegrafierte er: „Leopoldvertrag unterzeichnet. Gott schenke uns für dieses köstliche Gehäuse die glücklichsten Inhalte“. In den nachfolgenden zehn Jahren investierte Reinhardt viel Zeit und Geld in die Renovierung der Räume und die Neugestaltung des Parks. Aus dem versumpften und verwilderten Terrain um das Schloss herum wurde ein barocker Park voller Skulpturen, alten Orangen- und Zitronenbäumen aus Schloss Schönbrunn, Gartentheater, exotischen Vögeln und einer Zwergerlwiese mit grotesken Sandsteinfiguren.

Edles, Prunkvolles und eine Freudenhaus-Madonna

Im Schloss ließ er die große Halle im Erdgeschoss errichten, die im 18. Jahrhundert als Wendeplatz für Pferdekutschen diente. Eines der Prunkstücke der großen Halle ist die „Freudenhaus-Madonna“, die einst die Fassade eines Wiener Bordells zierte. Der Erwerb soll Reinhardt einige Überredungskünste gekostet haben, denn die Bordellbesitzerin trennte sich nur ungern von der Beschützerin ihrer Mädels. Der offene Kamin in der Halle ist ein Original aus der Erbauungszeit und der einzige noch funktionierende im Gebäude.

Der Name Max Reinhardt ist eng mit dem Schloss und den Festspielen verknüpft. – Foto Cornelia Lohs

Direkt über dem Kamin hängt das Familienwappen von Erzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian, der das Schloss in den Jahren 1736 bis 1744 als Familiensitz bauen ließ. Firmian ging als „Protestantenvertreiber“ in die Geschichte ein. Weil er der katholischen Kirche die „alte Macht und Herrlichkeit“ wiedergeben wollte, ließ er alle Protestanten, damals rund 22.000, aus Salzburg vertreiben. Firmian starb 1744. Er wurde im Salzburger Dom bestattet, sein Herz jedoch in der Kapelle von Schloss Leopoldskron neben der großen Halle.

Im Stockwerk über der großen Halle befindet sich der elegante Marmorsaal mit prunkvollen Stuckarbeiten an Decke und Wänden und einem spektakulären Blick über den Weiher und auf die Berge. Max Reinhardt nutzte den Saal für Feste und Theateraufführungen.

Geheimtreppe und Roter Salon

Einfach prunkvoll und beeindruckend ist die Bibliothek des Rokokoschlosses. – Foto Cornelia Lohs

Herzstück von Leopoldskron ist die prachtvolle Bibliothek, die Reinhardt nach dem Vorbild der Klosterbibliothek St. Gallen anfertigen ließ. Im Stuck der Decke sieht man eine tragische und eine komische Theatermaske. Letztere trägt das Gesicht von Reinhardt. Man fragt sich, wie er wohl zur Balustrade hinaufgekommen ist, denn nirgendwo im Raum ist eine Treppe zu sehen.

„Er ließ sich eine geheime Wendeltreppe installieren“, erklärt der Tourguide. Die Treppe ist gut hinter den Büchern versteckt und verband seine Wohnung mit der Bibliothek. Bis heute ist die Geheimtreppe der einzige Zugang zur Balustrade. Die Bibliothek führt ins Chinesische Zimmer, damals wie heute Lese- und Ruheraum. Der Drache an einem der Bücherregale ist ein Originalstück aus China. Im „Roten Salon“ kann man es sich lebhaft vorstellen, wie Reinhardt, von Hofmannsthal und Strauss um den massiven Holztisch saßen und die Festspiele gründeten.

Geburt und Hundertjähriges der Salzburger Festspiele

Die Schlosskapelle ist reich verziert und üppig ausgestattet. – Foto Cornelia Lohs

Die Salzburger Festspiele fanden erstmals am 22. August 1920 mit der Max-Reinhard-Inszenierung des „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal auf dem Domplatz statt. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes wird seit 100 Jahren jedes Jahr aufgeführt und hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Im Jahr 1921 fanden während der Festspiele neben dem Jedermann erstmals Konzerte statt, 1922 kamen Opern hinzu.

Der 100. Geburtstag der Festspiele wird mit der Landesausstellung „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“ gefeiert, die bis Ende Oktober 2021 stattfindet. Die monumentale Ausstellung inklusive eigens eingerichtetem Festspielarchiv blickt hinter die Kulissen des Festivals und erzählt dessen spannende Geschichte. Zu den Original-Exponaten zählt unter anderem ein „Jedermann“-Regiebuch mit handschriftlichen Eintragungen von Max Reinhardt aus dem Jahr 1920.

Leopoldskron
Übernachtet wird im Meierhof, gefrühstückt im Schloss. – Foto Cornelia Lohs

Während der Ära Max Reinhardt war Leopoldskron ein wichtiger Treffpunkt für Theaterproduzenten, Komponisten, Schauspieler und Schriftsteller aus Europa und den USA. Während sich Reinhardt in den USA aufhielt, wurde das Schloss von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Max Reinhardt, der 1943 in New York starb, schrieb ein Jahr vor seinem Tod: „Ich habe 18 Jahre in Leopoldskron gelebt und ich habe es lebendig gemacht. Es waren meine schönsten, reichsten und reifsten Jahre. Es war eines der schönsten, lebendigsten Gehäuse der Welt. Es war nur ein Gehäuse. Ich habe es verloren, ohne zu jammern. Ich habe alles verloren, was ich hineingetragen habe“.

Leopoldskron wurde nach dem Krieg Reinhardts Erben zurückgegeben. Die Stadt Salzburg erwarb das Schloss mit den umgebenden Grünflächen und dem Weiher und verkaufte es 1959 samt inneren Schlosspark an die unabhängige und gemeinnützige Organisation „Salzburg Global Seminar“.

Gegründet wurde Salzburg Global Seminar schon im Sommer 1947 auf Initiative von Clemens Heller, Richard Campbell und Scott Elledge. Drei Harvard-Studenten, die der Überzeugung waren, dass ein „Marshallplan für den Geist“ genauso notwendig sei wie der für den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Aus diesem, nach dem Zweiten Weltkrieg idealistischen Experiment und der Idee, ehemals verfeindete Seiten an einem Tisch zu vereinen, ist heute eine Institution für zukunfts- und lösungsorientierten Dialog entstanden.

Noch bis Ende Oktober 2021 ist die Ausstellung zu den festspielen im Salzburg Museum zu sehen. – Foto Cornelia Lohs

Das Leitbild von Salzurg Global Seminar beruht heute darauf, etablierte und künftige Führungskräfte aus aller Welt zusammenzubringen. Menschen mit unterschiedlichsten Weltanschauungen an einem diskreten, einladenden Ort zum gegenseitigen Dialog zu versammeln, um Antworten und Lösungen auf die drängenden Fragen unserer Zeit zu erarbeiten und diese in ihren Heimatländern mit gezielten Aktionen auch umzusetzen.

Informationen: Schloss Leopoldskron, Leopoldskronstraße 56-58, Salzburg, www.schloss-leopoldskron.com. Doppelzimmer im Meierhof werden ab 167 pro Nacht angeboten.

Tipp: Die Landesausstellung „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“ im Salzburg Museum am Mozartplatz findet bis zum 31. Oktober 2021 statt.