
Die frische Septemberluft kündigt in Island das Ende des Sommers an. Tag und Nacht sind für kurze Zeit gleich lang, bevor die Winterdunkelheit Einzug hält. In ganz Island ist der September auch der Zeitpunkt, an dem der alljährliche und traditionelle Schafabtrieb (réttir) stattfindet. Der Réttir ist eine kollektive Anstrengung von Landwirten, Landbesitzern und Gemeinden, um die Schafe, die sich während der Sommermonate frei im Hochland bewegen, ausfindig zu machen und in große Ställe zu treiben, damit sie vor dem Schneetreiben zu ihren Höfen zurückkehren können.
Die Lämmersaison beginnt in der Regel im Mai, wenn die Landwirte eifrig damit beschäftigt sind, den Mutterschafen mit den kleinen Lämmern zu helfen. Zunächst bringen die Landwirte Mutterschafe und Lämmer in den Ställen unter, um sie vor dem oft rauen isländischen Frühlingswetter zu schützen. Sobald das Gras grün wird und die Lämmer bereit sind, werden sie auf die Weide getrieben, wo sie sich frei bewegen können. Viele Schafe verschwinden im Hochland, um sich von dem Grün zu ernähren, das nach der Schneeschmelze zum Vorschein kommt.
Réttir mit langer Tradition

Während Réttir heute vor allem auch ein feierlicher Anlass ist, war es ursprünglich ein wichtiges Ereignis, um den Winter zu überstehen. Die ersten Siedler brachten bereits um das Jahr 874 Schafe mit nach Island. Die Rasse hat sich seither kaum verändert, ist widerstandsfähig und in der Lage, unter den isländischen Bedingungen zu überleben und zu gedeihen. Dennoch müssen die Tiere vor dem Winter zusammengetrieben werden. In der Siedlungszeit bedeutete das Auffinden der Herde am Ende des Sommers Nahrung und Wärme für die Menschen im Winter. Wolle, Fleisch, Knochen und sogar Schafsmist waren wichtig, um die langen Winter zu überstehen.
Réttir beginnt zuerst in den nördlichen Teilen Islands und wandert im September weiter Richtung Süden. Die isländischen Siedler sammelten die Herden zu Pferd und zu Fuß aus dem Hochland ein, eventuell bereits mit Hilfe von Hunden. Ein Prozess, der mehrere Wochen dauern konnte. Auch heute noch spielen Pferde und Menschen zu Fuß beim Réttir eine wichtige Rolle bei der Durchquerung des rauen und oft schlammigen Bodens. Selbst mit der Unterstützung von Geländefahrzeugen, Traktoren und Trucks mit Viehanhängern kann der Réttir noch immer mehrere Tage dauern.
Pferche aus Stein und Torf

Die Schafe werden zunächst in einen großen zentralen Pferch mit vielen weiteren Pferchen rundherum getrieben. Von oben ist die Anordnung der Pferche vergleichbar mit einem riesigen Rad mit ausladenden Speichen. Ursprünglich wurden die Pferche („rétt“) – aus Stein oder Torf gebaut. Heutzutage werden sie in der Regel aus Metall hergestellt. Auch heute noch können in ganz Island alte Réttir-Standorte entdeckt werden. Nachdem die Schafe in den zentralen Pferch getrieben wurden, werden sie einzeln nach Besitzer und Farmbetrieb in die „Speichen“ sortiert. Die Sortierung erfolgt anhand einer Markierung oder eines Schildes am Ohr, welches die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Betrieb ausdrückt.
Der Réttir Prozess ist ein beeindruckendes Erlebnis. Die Lämmer, die durch das Weiden im Sommer nun prall und kräftig sind, wuseln in einem schnellen Durcheinander herum. Es ist eine hektische Arbeit, die aber gut klappt, wenn die Leute zusammenarbeiten und sich mit den Tieren arrangieren können. Menschen aller Altersgruppen stürzen sich in das Wollmeer.
Kontrollierte Rangelei

Am Ende des Tages, wenn die meisten Lämmer sortiert sind, gibt es eine große Feier. Gebäck und Kaffee werden in großen Mengen verteilt, oftmals wird aus dem Stehgreif gesungen und die mit Wolle gekleideten Bauern genießen ein oder zwei wohlverdiente Getränke. Alle freuen sich, dass sie ihre Arbeit gut gemacht haben – und dass es auch im nächsten Winter noch genug zu essen geben wird.
Es ist sehr empfehlenswert, einen Réttir zu sehen oder sogar daran teilzunehmen. Es ist eine faszinierende Mischung aus Tradition, kontrollierter Rangelei und einem Einblick in die isländische Geschichte. Viele Reiseveranstalter bieten für diejenigen, die etwas Zeit im Pferdesattel verbringen möchten, Reisen zur Teilnahme an den Zusammenkünften an. Weitere Informationen unter www.visiticeland.com.
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Pressestimmen
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Karsten-Thilo Raab berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen gemacht als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführer sowie Bildbänden.
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Mortimer
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