Über der Krka liegt ein dichter Nebelschleier. Ein paar Enten ziehen gemächlich ihre Bahnen auf dem grünlich schimmernden Gewässer. Zwischen mächtigen Bäumen duckt sich auf der malerischen Flussinsel rund acht Kilometer vor den Toren Novo mesto mit Grad Otočec das einzige Wasserschloss Sloweniens. Am Hauptportal leuchten links und rechts brennende Fackeln den Weg und laden unweigerlich zu einer Zeitreise ein. Von den kleinen Rundtürmen an den Flanken des Gemäuers könnte Rapunzel ihr Haar herablassen. Eigentlich fehlen nur das Klappern der Hufe und der Prinz auf seinem weißen Pferd, um die Märchenkulisse perfekt zu machen.
Das mittelalterliche Schloss ist heute ein 5-Sterne-Hotel mit grandioser Küche. Für die prachtvolle Burg, die Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnt wurde, ist der Name Programm. „Otočec“ bedeutet „kleine Insel“ und eine solche ist die Wasserburg nicht nur wegen ihrer perfekten Lage auf dem Eiland inmitten der mächtigen Krka. Vielmehr ist das charmante Boutique-Hotel eine Wohlfühlinsel durch und durch. Dem kulinarischen Angebot ebenfalls eine Insellage zuzusprechen, würde hingegen den famosen Kochkünsten und dem Ideenreichtum des Küchenchefs sicher nicht gerecht. Denn im Otočec warten kulinarische Hochgenüsse. Nicht von ungefähr ist das hoteleigene Restaurant im renommierten Michelin Guide gelistet.
Loblied auf kulinarische Genüsse
„Ich habe zwei Leidenschaften – das Singen und das Kochen“, so der Chef am Herd. Gleichzeitig beteuert der Koch, dass er am Herd seine beiden Passionen perfekt miteinander kombinieren könnte. Während zumeist allenfalls leise Töne aus der Küche nach außen dringen, sind es allabendlich die Gästen mit ihren verwöhnten Gaumen, die kollektiv ein kulinarische Loblied auf die Kompositionen des musikalischen „Chef de Cuisine“ anstimmen.
Da wird als Vorspeise gerne mal ein raffiniertes Hirschtartar mit Schalotten, Haselnüssen, Topinambur, Kuhmilchkäse und Trüffel serviert. Nach einem Süppchen mit saisonalen Zutaten wartet dann als Zwischengang eine spannende lukullische Mischung aus Wels-Filet, Pilzpüree sowie einem Carpaccio mit Radicchio und gerösteter Crouton-Salat mit Walnüssen. Beliebter Hauptgang ist gebratenes Spanferkel mit neuen Kartoffeln, Hüttenkäse, Kräutern, Blumenkohlpüree sowie Gemüse aus dem hoteleigenen Biogarten.
Slowenische Spitzenweine
Überhaupt legt das Restaurant im Grad Octočec den Fokus auf das Regionale. Was nicht im eigenen Garten angebaut werden kann, wird ausschließlich von umliegenden Bauernhöfen, die für die biologische und integrierte Produktion und Zucht zertifiziert sind, bezogen.
Fast müßig zu erwähnen, dass die angebotenen Weine nahezu komplett aus den umliegenden Weinanbaugebieten stammen. Die Region Dolenjska (Unterkrain) im Südwesten von Slowenien, in der Grad Octočec liegt, ist vor allem bekannt für den Cviček, einem Wein, der seit Jahrhunderten aus bis zu 14 verschiedenen roten und weißen Trauben hergestellt wird.
Zwischen Gotik und Renaissance
Neben dem Restaurant, der modern eingerichteten Jagdstube mit Kamin und – in der wärmeren Jahreszeit – der großzügigen Terrasse innerhalb der Burgmauern hält das Schlosshotel noch einen besonderen Ort für die Degustation bereit: Denn einer der Rundtürme der Burg wurde in eine gemütliche Vinothek umgewandelt, in der die Vielfalt der slowenischen Rot- und Weißweine genossen werden kann. Derweil präsentiert ein Ritter in glänzender Rüstung in der kleinen Bar seine Hellebarde und scheint mit starrem Blick auf den Tresen darüber zu wachen, dass niemand einen über den Durst trinkt.
In der Burg, die während des Zweiten Weltkriegs mutwillig in Brand gesetzt und danach wieder weitgehend originalgetreu aufgebaut wurde, dominieren Eichenholz und Eisen. Die überaus gemütlichen Zimmer sind von der Größe eher überschaubar, was aber auch der mittelalterlichen Bausubstanz geschuldet ist. Natürlich ist alles auf den neuesten Stand gebracht. Wobei es Grad Octočec gelungen ist, dem Spagat zwischen historischem Charme und den Ansprüchen einer Topadresse vollauf gerecht zu werden und dabei den Stil der Gotik und Renaissance geschickt ein Stück weit zu konservieren.
Golfspaß am Krka-Ufer
An den Wänden hängen Eichenrahmen mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Diese zeigen vorwiegend das Schloss und das Umland. Die Holzfußböden harmonieren perfekt mit der Möblierung der gerade einmal 16, hochwertig ausgestatteten Zimmer und Suiten des Schlosses, das im 16. Jahrhundert aus Angst vor Überfällen der Osmanen befestigt wurde.
Grad Octočec nennt ein direkt am Ufer der Krka gelegen Golfplatz sein eigen. Die 18-Loch-Anlage wurde nach Plänen von Howard Swan angelegt und gilt als eine der schönsten Golfplätze in Mitteleuropa.
Heiße Wohltat in Dolenjske Toplice
Derweil finden Wellnessjünger Entspannung in der knapp 30 Fahrminuten entfernten Krka Terme von Dolenjske Toplice. Deren Thermalwasser hat mit 36 Grad Celsius etwa Körpertemperatur und ist reich an Kalzium, Magnesium, Hydrokarbonat und anderen wertvollen Mineralien. Eine „heiße“ Wohltat, die insbesondere für Rheumatiker und Menschen mit Gelenkproblemen Linderung verspricht. Entspannungssuchende und Genussmenschen lassen sich hingegen mit Wein-, Honig- oder Schokoladenmassagen verwöhnen. Mehr Genuss geht in Slowenien wohl kaum.
Allgemeine Informationen zu Slowenien: www.slovenia.info/de
Informationen: Relais Chateaux Hotel Grad Octočec, Grajska Cesta 2, SI-8222, Otočec (Dolenjska), Slowenien, Telefon: 00386-(0)7-3848901, www.grad-otocec.com oder www.relaischateaux.com
Preise: Doppelzimmer starten bei 204 Euro pro Nacht.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.