Karlsbad, Marienbad und Franzensbad: Böhmische Jungbrunnen im Dreibädereck

    In den böhmischen Vorzeigebädern Karlsbad, Marienbad und Franzensbad hat das Kuren eine lange Tradition. In den böhmischen Vorzeigebädern Karlsbad, Marienbad und Franzensbad hat das Kuren eine lange Tradition.

Beige ist fast überall zu sehen. Grau ebenfalls. Letzteres als Haarfarbe; Ersteres als Farbton von Hosen und Jacken. Die allgegenwärtige Formel scheint „Je älter, desto beiger“. Und dies, obwohl das tschechische Heilbad Karlsbad als böhmischer Jungbrunnen gilt. In der Tat locken die 79 Quellen im größten Kurort des so genannten Dreibäderecks beileibe nicht nur gut situierte Rentner an, sondern Kurgäste von acht bis 80 Jahren – und dies seit vielen Generationen.

Vor der prächtigen Fassade eines Bürgerhauses steht eine Frau mit wuscheligem Hund. Ihre Kopfbedeckung sieht aus, als sei sie aus dem Zwillingsbruder ihres Vierbeiners gefertigt. Zwischen den Säulen der Mühlbrunnen-, Marktbrunnen- und Sprudelkolonnade flanieren ganze Gruppen von Gesundheitsjünger gemächlichen Schrittes. Ihr gemeinsames Kennzeichen: Die Schnabeltasse in der Hand und die leicht entgleisenden Gesichtszüge, wenn immer sie an der Tasse nippen.

72 Grad heiße Karlsbader Quellen

Karlsbad konnte sich Vieles vom Glanz längst vergangener Zeiten bewahren.
Karlsbad konnte sich Vieles vom Glanz längst vergangener Zeiten bewahren.

Aber so ist es ja oft mit Sachen, die gesund sind. Sie schmecken einfach nicht. Und dies trifft zweifelsohne auch auf das natrium- und mineralstoffreiche Wasser aus den bis zu 72 Grad heißen Karlsbader Quellen zu.

Nicht von ungefähr heißt es, dass der eine oder andere statt der brackig-braunen Brühe einen guten Schuss Becherovka in der Tasse spazieren führt. Der bekannte Kräuterbitter aus Karlsbad ist schließlich auch irgendwie Medizin. Denn früher wurde der 38-prozentige Likör gerne mal bei Magenproblemen verabreicht. Und die könnten ja vom Genuss des Quellwassers herrühren. Um dessen gewöhnungsbedürftigen Geschmack zu übertünchen, greifen viele gerne auch zu einer weiteren Spezialität, den Karlsbader Oblaten, die unlängst nicht mehr nur mit Nüssen und Zucker feilgeboten werden, sondern auch mit einer Cappucino-Creme.

Schwitzkuren sind auch ein Teil des Wellness- und Erholungsangebots in Karlsbad.
Schwitzkuren sind auch ein Teil des Wellness- und Erholungsangebots in Karlsbad.

„Obwohl das Wasser nicht schmeckt, ist es doch eine Wundertüte“, verweist Alena Irmanová auf die Tatsache, dass die Trinkkuren positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben.

Wasser als flüssige Wundertüte

„Das Wasser aus den kühleren Quellen wirkt leicht abführend, während das Wasser aus den heißeren Quellen die Ausscheidungen von Galle und Magensäften verlangsamen“, erläutert die Angestellte des Elisabethbades, wohl wissend, dass die Karlsbader Mineralquellen bei verschiedenen Krankheitsbildern spürbare Linderung bewirken. Der Bogen spannt sich von Erkrankungen des Verdauungssystems und Stoffwechselstörungen über Diabetes und Gicht bis hin zu Erkrankungen der Leber, Bauchspeicheldrüse und Gallenwege.

Bekannt ist Karlsbad auch für seine vielen Prachtbauten.
Bekannt ist Karlsbad auch für seine vielen Prachtbauten.

„Auch sonst tun wir hier viel für das Wohlbefinden“, ergänzt Alena Irmanová mit Blick auf zahlreiche Wellness-Angebote wie Antistress- oder Hawaiimassagen. Doch auch abseits von Trinkkuren und Behandlungen ist Karlsbad, dessen tschechischer Name Karlovy Vary lautet, durchaus einen Besuch wert. Zum prächtigen Häuserensemble im Herzen der 56.000-Seelen-Gemeinde zählt etwa das Grandhotel Pupp, das für das James Bond Abenteuer „Casino Royale“ im Jahre 2006 als Kulisse diente.

Kaum minder attraktiv gibt sich das nahe gelegene Marienbad, oder wie es auf Tschechisch heißt, Mariánské Lázně. Wie Karlsbad übt der Kurort seit gut zwei Jahrhunderten eine magische Anziehungskraft auf die Schönen und Reichen, auf die Mächtigen und Berühmten aus.

Treff der Berühmten, Reichen und Schönen

Marienbad stand nicht von ungefähr in der Gunst der Schönen und Reichen ganz oben.
Marienbad stand nicht von ungefähr in der Gunst der Schönen und Reichen ganz oben.

Und so fanden Staatsmänner und Könige, aber auch Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe wiederholt den Weg in das elegante Kurbad, um sich verwöhnen oder die heilende Wirkung des Wassers aus den 40 Mineralquellen auf sich wirken zu lassen. Dabei wird nachweislich Atemwegs-, Stoffwechsel- und Nierenerkrankungen, aber auch Schmerzen im Bewegungsapparat der Kampf angesagt.

Nur eines vermögen die Wasser nicht zu heilen – den Liebeskummer, wie das Beispiel Goethes zeigte. Beim Lustwandeln durch den herrlichen Kurpark verspürte der alternde Dichter eine gewisse Lust auf junge Liebe und verlor sein Herz an Ulrike von Levetzow. Sogar einen Heiratsantrag hatte er dem Teenager unterbreitet. Gleichwohl blieb die Liebe seitens der mehr als 50 Jahre Jüngeren unerwidert.

Ganz stilecht lässt es sich in Marienbad auch heute noch lustwandeln.
Ganz stilecht lässt es sich in Marienbad auch heute noch lustwandeln.

Wenig schwer fällt es bis heute, sich in Marienbad mit seinen Prachtfassaden, Parks und Bäderlandschaften zu verlieben. Wohl auch, weil hier immer wieder Geld in die Hand genommen wird, um das Stadtbild zu pflegen und um den Gästen eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten und Anwendungen zu offerieren. So wurde 2011 das für vier Millionen Euro renovierte Kurhaus Nová Marie wiedereröffnet.

Spezialbehandlung mit Mariengas

Und natürlich werden hier neben Anti-Falten- und Sauerstoffbehandlungen spezielle Treatments mit dem so genannten Mariengas angeboten. Die Behandlung mit dem fast reinen CO2 erweitert die Gefäße, fördert die Durchblutung und lindert Rheuma. Außerdem soll es die Produktion von Sexualhormonen anregen. Was mit Blick auf Goethes spezielle Nöte einiges zu erklären scheint.

Durchaus mondän ist auch Franzensbad.
Durchaus mondän ist auch Franzensbad.

Deutlich kleiner, jedoch nicht weniger charmant ist Franzensbad, der dritte Kurort im Dreibädereck. Hier leben gerade einmal 5.600 Einwohner, hier finden sich „nur“ 20 Heilwasserquellen und diese sind auch „nur“ zwischen neun und elf Grad Celsius warm. Prachtstraßen wie Kollárova, Ruská und Libušina werden von Häusern im klassizistischen Stil und einladenden Badehäusern gesäumt und bestimmen zusammen mit Kolonnaden, Pavillons sowie uralten Baumbeständen das Stadtbild rund um die Franzensquelle.

Neben Trinkkuren bietet Franzensbad natürlich eine Reihe von Behandlungen an, zu denen Kohlensäurebäder ebenso zählen Aromamassagen, Moorpackungen oder Gasinjektionen. Dabei hat der Aufenthalt in Františkovy Lázně nicht nur positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Zumindest einige Damen sind guter Hoffnung, wenn sie die Kleinstadt wieder verlassen.

Statue hilft bei Kinderwünschen

Mit Blick auf die Gesundheit und Entspannung bieten die böhmischen Bäder ein vielschichtiges Angebot an. (Fotos Czech Tourism)
Mit Blick auf die Gesundheit und Entspannung bieten die böhmischen Bäder ein vielschichtiges Angebot an. (Fotos Czech Tourism)

Was nichts damit zu tun hat, dass sie sich einen Kurschatten angelacht haben, sondern damit, dass sie das Wahrzeichen der Stadt, die Statue des František, angefasst haben. Denn der Legende nach wird der Kinderwunsch nach dem Berühren des besten Stückes des kleinen Mannes binnen eines Jahres erfüllt. Ansonsten kommt man einfach noch mal wieder.

Allgemeine Informationen: www.czechtourism.com

Informationen zu Karlsbad unter www.karlovyvary.cz/de, zu Marienbad unter www.marianskelazne.cz und zu Franzensbad unter www.franzensbad.cz/de

Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.