John Williams Erstlingswerk: Nebelhaft verschleiert

John WilliamsAlle Fans von Stoner und Butchers Crossing werden sich freuen, dass nun mit Nichts als die Nacht endlich wieder frisches Lesefutter für John Williams Fans erschienen ist. Aber Vorsicht! Die Novelle, die als Erstlingswerk des damals noch jungen Autoren erschienen ist, hat nichts von der Greifbarkeit seiner späteren Werke. Wer sich ans Lesen der 158 Seiten macht, sollte vorgewarnt sein, dass es hier viel nebelhafter und wortfülliger zugeht. Ziellos, haltlos irrt sein Protagonist durch die Welt.

Das Leben des jungen Arthur Maxley scheint beherrscht von Müßiggang und einem nie verwundenen Trauma aus der Kindheit. Einen Abend, eine Nacht lang, folgen wir Arthur. Zunächst zu einem Dinner mit seinem Vater, den er viele Jahre nicht gesehen hat. Etwas Schwerwiegendes steht zwischen ihnen, Schuld und Scham lasten auf dieser Begegnung, deren hoffnungsloses und abruptes Ende einen Vorgeschmack gibt auf das verheerende Finale dieser Nacht.

„Wütende, unvernünftige Worte quollen in ihm auf und erbrachen sich aus seinem Mund. (…) Nein, ich verstehe das nicht. Warum hat sich alles so verändert? Oder ist es schon immer so gewesen? Ich meinte, mich an eine Zeit zu erinnern… Aber jetzt ist alles schlecht. widerlich. (…) Können wir nicht zurück? Können wir nicht wieder sein, wie wir waren?“. Arthurs Gespräche und Gedanken sind rastlos und hastig, durcheinander und mit reichen, starken Worten ausgeschmückt.

Die Straßen und Bars des nächtlichen San Francisco sind die Kulisse, vor der sich Arthurs innerer Abgrund auftut. Während er der sinnlichen Verführung durch eine fremde Schöne nachgibt, enthüllt sich Arthurs ganze existenzielle Not: Sein Begehren ist tiefer, als dass erotische oder sexuelle Erfüllung es befriedigen könnten. Als Leser begleitet man den jungen Protagonisten etwas ratlos und doch nicht ohne Mitgefühl.

Wie soll er aus diesem inneren Gefängnis aus Scham und Schuld, Trauer und Verdrängung, Begehren und Verwehren je entkommen? Wer sich nach dem zuklappen des Buchdeckels fragt, wie es sein kann, dass man den Autoren hier so ganz anders erlebt als in seinen Welterfolgsromanen, dem hilft sicher das Nachwort von Simon Strauß weiter. Er erklärt unter anderem die Entstehungsgeschichte des Buches: „Im Dschungel geschrieben, während der Regen auf das löchrige Zeltdach prasselte..“. Denn Williams schrieb „Nichts als die Nacht“ nach einem Flugzeugabsturz im burmesischen Dschungel, den er schwer verletzt überlebte. Wer noch mehr über das Leben und Schreiben John Williams erfahren möchte, dem sei das sehr lesenswerte Interview mit seiner Witwe empfohlen.

Erhältlich ist Nichts als die Nacht (ISBN: 978-3423281294) von John Williams für 18 Euro im Buchhandel oder direkt beim dtv Verlag.