Flusskreuzfahrt: Im Liegestuhl zur Loreley

Flusskreuzfahrt
Station der Flusskreuzfahrt: Heidelberg mit der berühmten Karl-Theordor- Steinbrücke über dem Neckar. – Foto Katharina Büttel

Weite, gar exotische Reiseziele sind auch in diesem Jahr noch problematisch. Deutschland entdecken, heißt deshalb das Motto der Stunde. Und schon schwirren die Reiselustigen durch die heimischen Regionen, immer wieder überrascht, was es alles zu sehen gibt. Warum also nicht einmal im Rahmen einer Flusskreuzfahrt von Bord eines Edelkreuzers den schönen, alten Rhein erleben, die Seele dieser besonderen Landschaft entlang des Flusses, einer der ältesten Europas, erspüren? So wie es englische Adlige und betuchte Bildungsbürger im 19. Jahrhundert taten und genossen. Befeuert wurden sie von den Aquarellen William Turners, der das Rheintal in dieser Zeit elfmal mit der Staffelei unterm Arm bereist hat. So was Tolles hatte der Künstler in England, dessen Gewässer er ausgiebig portraitiert hatte, nicht gesehen. Für ihn war der Rhein länger, seine Ufer waren wilder, seine Schluchten tiefer, und vor allem war er von Burgen und Ruinen bekrönt.

Flusskreuzfahrt
Elegant die nickoVISION im Rheinwasser. – Foto Katharina Büttel

Bevor es volle Kraft voraus heißt, müssen sich die Gäste an Bord der MS „nickoVISION“ den erforderlichen Corona-Maßnahmen unterziehen. Das heißt Negativtests, Genesungs- oder Impfnachweise vorweisen, Hände desinfizieren, FFP2-Masken anlegen; das ist Pflicht zu jeder Tageszeit auf allen Decks, im Restaurant und an der Bar, bis man sitzt. Wer keinen kompletten Impfschutz vorweisen kann, wird in der offiziellen Bord-Teststation zusätzlich alle 48 Stunden von einem Arzt oder von speziell geschulten Crewmitgliedern getestet, bei Landgängen täglich.

Flusskreuzfahrt
In Frankfurt, dem Startpunkt der Flusskreuzfahrt, trifft Moderne auf Romantik.- Foto Katharina Büttel

Das elegante Schiff, seit 2018 in Betrieb, verlässt am späten Nachmittag den Osthafen von Frankfurt. Der Pandemie wegen ist die Route leicht verändert, was das Reisevergnügen aber nicht schmälert. Normalerweise geht es rheinaufwärts über Mannheim bis Straßburg. Dieses Mal wird in Kehl, der kleinen Schwester von Straßburg auf der rechten Rheinseite, angelegt. Von hier tritt der Kreuzer die Rückfahrt an – flussabwärts mit Stopps unter anderen in Speyer, Köln, Bonn, Mainz, Wiesbaden mit Ziel Frankfurt.

Blick vom Sonnendeck auf Vater Rhein. – Foto Katharina Büttel

Die Reise beginnt entspannt: man liegt auf dem Bett, schiebt die deckenhohen Fenster weit auf und ist verblüfft. Vater Rhein fließt wie ein Film vorüber. Mal sind die Wellen dramatisch, mal zeigt sich der Fluss sanft, glatt, ruhig, wunderschön. Die Uferkulissen wechseln ständig. Türme und Kirchturmspitzen schrauben sich in den Himmel, dann wieder funkeln in der Sonne buntbemalte, mit Gold überzogene Schlossportale dicht neben Fachwerkhäusern und Terrassen-Cafés. Steile Rebhänge und schroffe Felsen begleiten den Strom rechts und links.

Die beeindruckende Trinkhalle im kultivierten Kurort Baden-Baden. – Foto Katharina Büttel

Die Landgänge bieten reichlich Gelegenheit, schmucke, geschichtsträchtige Städte und Kurorte zu erkunden. Heidelberg trumpft mit Deutschlands schönster Schlossruine, Baden-Baden mit einer noblen Flaniermeile, die mitten durch eine herrliche Parkanlage zum Casino, zu Grandhotels und Museen, prächtigen Palais und Villen führt. Ausflüge in die Natur stehen natürlich auch auf dem Programm. Panoramafahrten ins Hanauer Land und über die badische Weinstraße zeigen Weinorte von Fachwerk und Schiefer in ihrer Idylle und Gemütlichkeit. Glücksorte für Genießer von Pinot Noir, Blauburgunder, Waldulmer und Hex vom Dasenstein und fabelhafter Küche. Kirschbäume dicht an dicht, soweit das Auge reicht. Begeistert ist man weltweit vom Schwarzwälder Kirschwasser und der Schwarzwälder Kirschtorte, die natürlich nur hier in den Konditoreien das berühmte gewisse Etwas hat. Keine Frage: die Landschaft, die auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste steht, soll und muss geschützt werden.

Flusskreuzfahrt
Die Loreleystadt St. Goarshausen. – Foto Katharina Büttel

Mehr Deutschland in einer Woche geht kaum, mehr Grün, mehr Romantik inmitten dieser „hochgesegneten Gebreiten“, wie Goethe die Region einst nannte, auch nicht. Das Wasser macht’s. Selbst diese verkehrsreiche Wasserstraße mit ihren Uferböschungen, Wiesen und Auwälder bleibt ein Stück Natur. Und in der Pandemiezeit sieht der Kreuzfahrer selten Tanker und Lastschiffe, umso öfter Paddelboote und Angelkähne.

Die 700 Jahre alte Wasserburg Pfalzgrafenstein steht auf einem Fels im Rhein. – Foto Katharina Büttel

Köln-Koblenz-Rüdesheim: das ist die Prunk- und Paradestrecke des deutschen Rheins, zu Recht Unesco-Weltkulturerbe. Hinter den Biegungen Burgen und Ruinen in großer Zahl, die waghalsig hoch auf Felsen thronen – eine Etage tiefer Burg Maus und Burg Katz bei St. Goarshausen, Burg Klopp und der Mäuseturm bei Bingen. Weinberge mit weltberühmten Lagen. Die Orte öffnen sich zum Fluss: Uferpromenaden, Ortsschilder, Anlegestege, winkende Kinder, Entenmütter mit ihren Kleinen. Fische springen, Fischreiher steigen auf, um in der nächsten Sekunde wieder niederzugehen.

Moderne Kunst zeigt das Frieder Burda Museum in Baden-Baden.

Und dann der Strom selbst, stark, mächtig, prächtig. Man kommt vor Schauen und Staunen kaum vom Sonnendeck weg. Und schon kommt der Felsen der viel besungenen Loreley, die nach der Legende mit ihrem Sirenen-Gesang so manchen Schiffer ins Unglück getrieben hat. Selbst der hartnäckigste Kritiker kann nicht länger leugnen: Deutschland ist schön! Eine Flussfahrt ist nicht langweilig. Die Kulinarik an Bord schon gar nicht. Aufgetischt wird das Feinste, was Rheingau und Mittelrhein zu bieten haben. Frische Produkte aus der Region, der Küchenklassiker Boeuf bourguignon und Blanquette de Veau – einfach gut.

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Blick über die Weinhänge auf Rüdesheim. – Foto Katharina Büttel

Der Rheingau ist uraltes Rebenland. Schon Karl der Große ließ hier roden und Weinstöcke anpflanzen. Goethe wanderte hier: er wusste stets, wo es schön war und wo der Wein schmeckte. Queen Victoria, britische Königin, bereiste das Rebenland 1845. Mit „Good Hoc keeps away the doc“ soll sie ihren Lieblingsriesling aus Hochheim gelobt haben. Daran muss erinnert werden, sonst denkt man vielleicht, es gäb hier nur Drosselgassen.

Gemütlichkeit am Abend in der Rüdesheimer Drosselgasse. – Foto Katharina Büttel

Rüdesheim, quasi die Hauptstadt des Rheingaus, ist ein Ort mit zwei Gesichtern. Nur wenige Schritte abseits der berühmten Rumtata-Gasse gibt es nicht nur stille Winkel, sondern kultiviertere Gaststätten mit besserem Riesling und historische Adelshöfe in der Oberstraße. Mit der kleinen Kabinenseilbahn zuckelt man über die Weinberge und hat nach zehn Minuten den Startpunkt der Riesling-Wanderrouten erreicht, immer den Fluss im Blick. Dort prunkt auch das Niederwald-Denkmal mit der kolossalen Germania. Die Dame soll aber mitnichten den Ruhm des deutschen Weines verkünden, sondern erinnern an die Gründung des Deutschen Reiches 1871. Stolz streckt sie statt Glas und Reben eine lorbeerumrankte Krone in den Himmel.

In Gengenbach am Fuße des Schwarzwaldes wird Gemütlichkeit groß geschrieben. – Foto Katharina Büttel

Was die Landgänge angeht: wo sonst bekäme man die Pretiosen deutscher Idylle so präsentiert, aufgefädelt am Fluss wie Perlen auf der Schnur. Überall hat man ausreichend Zeit, sich auf eigene Faust umzusehen. Durch Fußgängerzonen und über Märkte zu bummeln, Kirchen zu schauen, in Läden zu stöbern, in Gasthöfen einzukehren. Die Urlaubsform ‚Fluss-kreuzfahrt‘ hat ihr Publikum und wird immer beliebter. Aus gutem Grund. Bequemer geht es nicht und preiswerter auch nicht.

Casino von Wiesbaden – jeder 17. Mensch ist hier Millionär! – Foto Katharina Büttel

Informationen: Den Katalog „Flussreisen“ mit allen deutschen und europaweiten Routen, Terminen und Preisen bei nicko cruises, Telefon 0711-2489800; info@nicko-cruises.de, www.nicko-cruises.de

Preisbeispiel: Fünf Tage auf dem Rhein ab 499,– Euro/VP, zzgl. An- und Abreise.