Fliegenfischen – Angeln wie im Kinofilm

Fliegenfischen
Fliegenfischen erfreut sich nicht nur in den belgischen Ardennen wachsender Beliebtheit. – Foto Karsten-Thilo Raab

Eigentlich gilt die Ourthe im Osten der belgischen Ardennen als der wasserreichste Nebenfluss der Maas. Doch davon ist aktuell wenig zu spüren. Zumindest in Hotton inmitten des 915 Quadratkilometer großen UNESCO Global Geoparks Famenne-Ardenne. Eigentlich ist die 5.700-Seelen-Gemeinde ein perfekter wie beleibter Ort für Fliegenfischer. Doch man muss keine Experte sein, um zu erkennen, dass die Fangquote wohl so niedrig sein dürfte wie der Pegel des knapp 50 Kilometer langen Flusses, der sich bei Lüttich mit der Maas vereint.

„Der Wasserstand ist extrem niedrig und das Wasser sehr warm. Die Fische, die sich an solchen Tagen fangen, lassen sind einfach nur Selbstmörder“, flachst Francis Danloy. Gleichzeitig tritt der rüstige Rentner bereits frühzeitig auf die Euphoriebremse. Was irgendwie erleichternd klingt. Denn so spannend eine Einführung in das Fliegenfischen anmutet, so sehr belastet die Frage, was im Falle eines Falles zu tun ist, wenn tatsächlich ein Fisch an der Angel zappeln sollte?

Fische wieder in Freiheit entlassen

Francis Danloy (links) und Danny Marchand vermitteln Anfängern die Grundzüge des Fliegenfischens. – Foto Karsten-Thilo Raab

Fast scheint es, als könne Francis Danloy Gedanken lesen. Der 67-jährige blickt über den Rand seiner Brille und ergänzt lächelnd, aber ernst: „Wir verfolgen eine strikte No-kill-Politik. Das heißt, sollte wider Erwarten ein Fisch anbeißen, wird dieser nicht getötet, sondern behutsam vom Haken genommen und wieder in die Freiheit entlassen.“

Fliegenfischen
Danny Marchand erläutert einer Angelnovizin die wichtigsten Handgriffe. – Foto Karsten-Thilo Raab

Doch dies ist im Moment ohnehin nichts als graue Theorie. Bevor tatsächlich Jagd auf Forelle, Saibling, Äsche, Hecht, Zander, Barsch, Döbel & Co. gemacht wird, geht es mit der Angelroute in der Hand auf eine große Wiese. Während Francis zusammen mit seinem Kollegen Danny Marchand die einzelnen Angeln vorbereitet, plaudert er ein wenig aus dem Nähkästchen – oder besser gesagt, aus der Köderbox.

Technik, Geduld und Geschick

Fliegenfischen
Schrittweise macht Francis Danloy die künftigen Petrijünger mit der Technik vertraut. – Foto Karsten-Thilo Raab

Beim Fliegenfischen, so der sympathische Belgier, gehe es nicht um Kraft, sondern um die richtige Technik. Dabei seien Geduld und vor allem Geschick gefragt. Um erfolgreich zu fischen, müsse man den Fluss in Ruhe beobachten. Vor allem, um zu sehen, welche Arten von Fischen sich hier tummeln und von welchen Insektenarten sich diese gerade ernähren. Denn davon hänge ab, welche Art von Fliege eingesetzt wird.

Die Wurftechnik wird zunächst auf einer großen Wiese einstudiert. – Foto Karsten-Thilo Raab

Fliegenfischen verdanke seinen Namen der Form der Köder, so Francis weiter. Die Köder dienten dazu, natürliche Beutetiere der Fische möglichst echt zu imitieren. Die Fliegen werden zumeist aus Fell, Federn und/oder Kunststoff sowie einem Haken hergestellt. Je nachdem, ob der Köder auf oder unter der Wasseroberfläche benötigt wird, was wiederum abhängig von der Fischsorte ist, werden Trocken-, Nassfliegen, Nymphen oder Streamer eingesetzt.
„Im Gegensatz zur normalen Angeln benötigen wird kein Bleigewicht“, erläutert der routinierte Wallone, dass das Ende der Schnur durchsichtig sei, um die Fische noch perfekter täuschen zu können. Ebenso wie die genutzten Fliegen variiert die Länge der Route von Fischart zu Fischart.

Popularitätswelle nach Redford-Film

Rute, Rolle und Köder unterscheiden sich deutlich von „normalen“ Angeln. – Foto Karsten-Thilo Raab

Richtig populär geworden sei das Fliegenfischen, berichtet der 67-jährige, im Jahre 1992 dank des Hollywood-Klassikers „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ von Robert Redford. Der Film erzählt die Geschichte zweier ungleicher Brüder – dargestellt von Craig Sheffer und Brad Pitt, die nur die gemeinsame Liebe zum Fliegenfischen verbindet.

Fliegenfischen
Francis Danloy demonstriert die richtige Fliegenfischtechnik. – Foto Karsten-Thilo Raab

„So, nun aber frisch ans Werk“, ruft Francis und drückt jedem eine Angelroute in die Hand. In den nächsten 25, 30 Minuten geht es allein darum, auf der grünen Wiesen das richtige Gefühl für das Auswerfen der Angel zu erhalten und die grundlegende Technik zu erlernen und zu verfeinern: Beim Wurf gilt es, den Arm fest am Körper zu halten. Nur der Unterarm wird vor- und zurückbewegt.

Wathose und Gummistiefel als Grundausstattung

Geduldig vermittelt Francis Danloy die wichtigsten Kniffe beim Fliegenfischen. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Stellt euch ein Uhr vor. Ihr schwingt mit der Angelrute nach hinten bis circa 1 Uhr und werft sie dann auf etwa 11 Uhr nach vorne“, unterstreicht der Lehrmeister, dass die Bewegung gleichmäßig erfolgen muss, um zu verhindern, dass sich Knoten in der Schnur bilden.

Kollektiv werden die ersten Ruten ausgeworfen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Als alle mehr oder wenigen gut den Bogen raushaben, geht es mit der Angel in der Hand am Ufer der Ourthe entlang. Nach etwa zehn Gehminuten wartet unweit des Flussufers Danny Marchand mit einem Auto, in dessen Kofferraum die restliche Grundausstattung fürs Fliegenfischen in Form von Gummistiefeln und wasserdichten Gummihosen, den sogenannten Wathosen, verstaut ist.

Wahl der passenden Fliege

Für Francis Danloy ist das Fliegenfischen Passion und Sport. – Foto Karsten-Thilo Raab

Schon geht es zurück ans Ufer der Ourthe. Francis Danloy wirft einen fachmännischen Blick auf den Fluss, greift dann in die Köderbox und befestigt die jeweils passende Fliegen an den Angelschnüren.

Trotz des niedrigen Wasserstands in der Ourthe entwickeln die Teilnehmer schnell ein Gefühl fürs Fliegenfischen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Nun zeigt mal, was ihr gelernt habt“, gibt der Belgier schließlich den Startschuss für das kollektive Fliegenfischen. Allein der Gang ins Wasser ist schwieriger als gedacht. Die vermoosten und glitschigen Steine sorgen dafür, dass sich die Novizen unter den Petrijünger ganz vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter in den Flusslauf vorarbeiten. Die pralle Sonne spiegelt sich auf dem blauen Wasser, während die Bäume am Ufer lange Schatten werfen.

Ein fast kapitaler Fang…

Die Ourthe bei Hotton gilt als fischreich. – Foto Karsten-Thilo Raab

Irgendwie scheint im Wasser nichts los zu sein. Doch, wer den Vorgaben von Francis Folge leistet, und etwas Geduld an den Tag legt, erkennt schließlich, wie fischreich die Ourthe tatsächlich ist. Das Gros der Fische hat sich der Umgebung optimal angepasst und kann oft erst beim zweiten oder dritten Hinschauen ausgemacht werden.

Neben Rute und Rolle wird eine Auswahl an Fliegenködern benötigt.

Nun beginnt der sportliche Teile des Fliegenfischens. Fast knietief im Wasser stehend, wird die Angelschnur mit der kleinen Fliege am Ende wieder und wieder ausgeworfen. Die Fliege klatscht auf das Wasser, treibt ein Stückchen mit der Strömung, ehe sie wieder rausgezogen und erneut ausgeworfen wird. Mit mäßigem Erfolg. Nicht einmal Blätter oder Algen wollen sich in der Angel verfangen.

Das Wasser fest im Blick

Beim Fliegenfischen gilt es das Wasser und die Bewegung der Fische zu erfassen. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Ihr müsst den Blick auf das Wasser richten und nicht wie Hanns Guck-in-die-Luft durch die Gegend schauen”, ordert der ehemalige belgische Berufssoldat mit strenger Miene an.

Immer wieder bedarf es bei den Angelnovizen kleiner Korrekturen durch Francis Danloy. – Foto: Karsten-Thilo Raab

„Der Fisch kommt nicht von alleine zu Euch. Ihr müsst Euch mit der Fliege dem Fisch annähern“, hat Francis einen weiteren Ratschlag parat. Fast zeitgleich ruft Andreas, ein weiterer Fliegenfisch-Neuling aus Deutschland: „Ich hab einen! Ich hab einen.“

Erinnerungsfoto mit Elritze

Fliegenfischen
Die kleine Elritze hat angebissen und wird kurz darauf wieder in die Ourthe entlassen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Schon eilt Francis zur Hilfe. Tatsächlich entpuppt sich der vermeintlich kapitale Fang als eine knapp dreieinhalb Zentimeter große Elritze. Vorsichtig entfernt Francis den Haken aus dem Maul des bemitleidenswerten Tieres. Dann legt er den winzigen Fisch kurz auf seine Handinnenfläche.

Die Wahl des richtigen Fliegenköders ist eine kleine Wissenschaft für sich. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Macht schnell ein paar Erinnerungsfotos von diesem großartigen Moment“, fordert der Belgier ein wenig amüsiert auf, um wenige Sekunden später den kleinen Fisch wieder sachte in das Wasser der Ourthe zu entlassen. Wer nun glaubt, die Elritze hätte ihre Lektion gelernt, der täuscht sich.

Ein weithin sichtbarer Fisch ziert den Sitz der gemeinnützigen Organisation Riveo in Hotton. – Foto Karsten-Thilo Raab

„Fische sind nicht sonderlich clever. Ihnen steht der Sinn fast immer nur nach Fressen“, ist sich Francis sicher, dass die Elritze garantiert wieder zuschnappt, sobald ihre die richtige Fliege serviert wird. Und so ist es beim Fliegenfischen in Hotton ein wenig wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“. Nur dass statt eines Weckers eine falsche Fliege die Fische immer wieder aus ihren Träumen weckt.

Alles Wissenswerte in Kurzform

Die belgischen Ardennen sind für ihre Wurst- und speziell die Schinken-Spezialitäten bekannt. – Foto Karsten-Thilo Raab

Informationen: www.belgien-tourismus-wallonie.de

Geopark: UNESCO Global Geopark Famenne-Ardenne, Place Théo Lannoy 2, B5580 Han-sur-Lesse, Tel. 0032-84-367930, www.geoparkfamenneardenne.be/de

Die Geopark-Region Famenne-Ardenne ist bekannt für ihre Gastlichkeit. – Foto Karsten-Thilo Raab

Wissenswert: Der UNESCO Welt-Geopark Famenne-Ardenne misst eine Fläche von 915 Quadratkilometern und umfasst die Gemeinden Beauraing, Durbuy, Hotton, Marche-en-Famenne, Nassogne, Rochefort, Tellin und Wellin mit ihren verschiedenen Dörfern und Städten, in den rund 68.000 Menschen Zuhause sind.

Fliegenfischen: Die gemeinnützige Organisation Riveo bietet von März bis September halbtags und ganztags Einführungskurse ins Fliegenfischen an. Für Gruppen bis drei Personen werden halbtags 120 Euro und ganztags 225 Euro berechnet. Informationen: Riveo, Rue Haute 4, B-6990 Hotton, Tel: 0032-84-413571, www.riveo.be

Der Genuss einer belgischen Waffel darf beim Besuch der Region Famenne-Ardenne nicht fehlen. – Foto Karsten-Thilo Raab

Essen und Trinken: Sept, Rue des Récollectines 5, 6940 Durbuy, Belgien, Tel. 0032-86-840713, www.septbyjuliette.be. Belgische Spezialitäten und Tapas-Gerichte stehen auf der Speisekarte.

Le Fou du Roy, Rue Comte d’Ursel 4, B-6940 Durbuy, Tel. 0032-(0)86-210868, www.lefouduroy.com. Wechselnde Drei-Gänge-Menüs bestehend aus lokalen Spezialitäten wie Ardennenschinken, Perlhuhn mit Flusskrebsen und Spinat-Ziegenkäse-Küchlein kommen auf den Tisch des Hauses.

Vom Glamping – wie hier in Han-sur-Lesse – bis hin zum Luxushotel findet sich in den Ardennen die passende Unterkunft für jeden Geldbeutel. – Foto Karsten-Thilo Raab

Übernachten: Hotel Victoria, Rue des Récollectines 5, 6940 Durbuy, Belgien, Tel. 0032-212300, www.hotel-victoria.be. Kleines Hotel mit 13 Zimmern im Herzen von Durbuy. Doppelzimmer werden ab 120 Euro pro Nacht angeboten.

Au Vieux Durbuy, Rue Jean de Bhême 6, B-6940 Durbuy, Telefon 0032-(0)86-213262, www.sanglier-des-ardennes.be. Doppelzimmer mit Frühstück kosten in dem Vier-Sterne-Haus je nach Wochentag zwischen 110 und 150 Euro.