Allabendlich können sich Besucher aus aller Welt auf eine kleine Zeitreise begeben, wenn sie im Tower of London der wohl ältesten militärischen Zeremonie der Welt beiwohnen – und das bei freiem Eintritt. Das Abschließen der Tore, hat heute noch eine ebenso große Bedeutung wie vor Jahrhunderten. Zwar residiert kein König mehr im Tower, doch die Kronjuwelen und andere kostbare Gegenstände werden nach wie vor in dem Prachtbau am Ufer der Themse aufbewahrt.
Dabei verläuft die Ceremony of the Keys seit 750 Jahren nach exakt dem gleichen Muster ab: Würdevoll schreitet der Chief Warder, der Leiter der auch unter dem Spitznamen „Beefeater“ bekannten Torwächter, der Yeomen Warders, um exakt 21.53 Uhr mit den Schlüsseln der altehrwürdigen Festung sowie einer Laterne in der Hand entlang der Water Lane zum Traitors’ Gate, dem Verrätertor. Dort warten weitere Wachsoldaten, die ihn sodann auf seinem Rundgang begleiten. Alle übrigen Wachposten, die auf der nun folgenden Tower-Tour passiert werden, präsentieren das Gewehr, sobald sie den Chief Warder und die Schlüssel sehen.
Nach dem äußeren Tor werden der Middle Tower und des Byward Tower verschlossen. Danach marschiert die kleine Wacheinheit über die Water Lane zurück Richtung Traitors’ Gate, wo im Schatten des Durchgangs zum Bloody Tower ein weiterer Wachposten der Eskorte entgegen ruft: „Who comes there? (Wer kommt da?)“ Der Chief Warder antwortet militärisch zackig: „The Keys (Die Schlüssel).“ Sofort fragt der Wachposten nach: „Whose Keys? (Wessen Schlüssel?)“. Woraufhin der Chief Warder „Queen Elizabeth’s Keys. (Königin Elizabeths Schlüssel.)“ antwortet.
Nun erst gibt der Wachposten mit den Worten „Pass Queen Elizabeth’s Keys. All’s well. (Königin Elizabeths Schlüssel passieren. Alles in Ordnung.)“ den Weg frei. Die Truppe marschiert durch den Torweg die Stufen hinauf, wo die restliche Wachmannschaft angetreten ist.
Noch einmal werden die Waffen präsentiert, der Chief Warder lüftet seinen Tudor-Hut und lässt ein: „God preserve Queen Elizabeth. (Gott schütze Königin Elizabeth)“ erklingen. Und der Chor der Wachen reagiert mit einem gemeinsamen „Amen“. Um Schlag 22 Uhr, wenn aus der ferne die Glocken von Big Ben ertönen, wird die Zeremonie mit dem Zapfenstreich eines Trompeters feierlich beendet.
Übrigens, die Zeremonie findet immer nach dem gleichen Muster statt, unabhängig davon, was in der Welt passiert. Gemäß Aufzeichnungen gab es nur eine Ausnahme: Im Jahre 1941 verzögerte sich die Zeremonie um neun Minuten, als deutsche Bomber während der Zweiten Weltkrieges versehentlich eine Bombe über dem Tower abwarfen und sich die Wächter nicht sicher waren, ob diese detonieren würde. Bereits am Tag danach soll König George VI. ein Entschuldigungsschreiben aus dem Tower vorgelegen haben, mit dem Versprechen, dass eine derartige Verzögerung nie wieder vorkäme. Und das Versprechen wurde bis heute gehalten.
Tickets: Kostenlose Eintrittskarten für die täglich um 21.30 Uhr beginnende Ceremony of the Keys können mit einem adressierten, frankierten Rückumschlag beziehungsweise mit einem internationalen Antwortschein unter Ceremony of the Keys Office, Tower of London, London, EC3N 4AB, Großbritannien. Freikarten für das kurzweilige Spektakel können mit einem adressierten, frankierten Rückumschlag beziehungsweise mit einem internationalen Antwortschein angefordert werden. Weitere Informationen unter www.hrp.org.uk.
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Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Briten, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-86686-800-7
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Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.