Wenn in den Kellern und Lagern einer Schaumweinfirma um die zwölf Millionen Flaschen lagern, kann man schon von einem Schatz reden. 21 Millionen Euro Umsatz bei 6,3 Millionen verkaufter Flaschen werden damit bei Bouvet gemacht. Jedoch zu Beginn der Firma ging es der Legende nach um einen ganz anderen Schatz. Es ist eine schöne Geschichte und man fragt sich unweigerlich, wieso man das eigentlich noch nicht als Film gesehen hat? Ein eher ärmlicher, durch ein Ohrenleiden taub gewordener Herr, wird zum Patriarchen des grüßten Schaumbeinhauses seiner Zeit. Durch Zufall. Oder eben, wie man in Saumur erzählt, durch einen versteckten Schatz. Doch der Reihe nach.
1851 kauft Etienne Bouvet ein kleines Weingut mit kilometerlangen Kellergewölben. Kurz zuvor hatte er die Tochter des Dorfbäckers Ladubay geheiratet. Durch gutes Marketing (das Wort gab es freilich damals noch gar nicht), so etwa ein Theater für die Angestellten, Wohnungen für die Mitarbeiter und die Möglichkeit, dass Kunden ihre eigenen Etiketten gestalten konnten, ging es sprunghaft aufwärts. So sehr, dass die Firma um die Jahrhundertwende 1900 der größte Schauweinproduzent der Welt war.
Kometenhafter Aufstieg
Dass sein Erfolg einfach etwas mit Geschick zu tun hatte, mochte man nicht so recht glauben. So kam die Legende auf, Bouvet hätte in einem der Keller den Schatz der Mönche von Saint Florent gefunden, den diese dort während der Französischen Revolution versteckt haben sollen. Schöne Geschichte und man kann sich gut vorstellen, dass auch sie eine Marketingmaßnahme des Herrn Bouvet war. Übrigens hat dies den Autor Geoffrey Ratuos zu seinem historischen Roman Ogmius oder Das Geheimnis des Etienne Bouvet inspiriert.
Schätze indes gibt es heute in der Region immer noch. Allerdings lagern diese in Fässern und Flaschen. Crémant de Loire. Doch längst sind die Keller zu klein geworden. Vor einigen Jahren eröffnete Bouvet Nachfolger Patrice Monmousseau die modernste Schaumweinabfüllanlage Europas. Fast sieben Millionen Flaschen gehen von dort aus Jahr für Jahr auf die Reise in die Welt. Monmousseau ist seit 1972 Chef des Traditionshauses. Er führte es durch schwierige Zeiten und bringt es nun zu einstiger Größe zurück. In 47 Ländern wird Bouvet getrunken. Angeführt von Deutschland. Gut 600 Medaillen gab es bei Wettbewerben in den vergangen 50 Jahren.
Schaumwein mit Auszeichnung
Stolz steht Mounmosseau in seiner Abfüllanlage und prüft die Qualität einer Flasche. „Das ist mir das Wichtigste“, erzählt er. „Qualität. Diese muss zu einem angemessen Preis zum Kunden kommen.“ Überteuerte Weine oder Champagner findet er überflüssig. „Ein guter teurer Wein kann vielleicht mal 50 oder auch 100 Euro kosten“, sagt er. „Aber alles was darüber hinaus geht ist Musik“, erzählt er abends am Ufer der Loire. Ein paar Kilometer Flussabwärts liegt das La Route de Sel. Das kleine Lokal gehört seiner jüngsten Tochter. Natürlich gibt es auf der Weinkarte Bouvet. Jedoch nicht nur den Crémant auch Wein. Davon indes füllt die Firma nun gut 6000 Flaschen ab. Eher so ein Hobby für den Chef. Denn eigentlich mag er lieber Wein als Crémant oder ähnliches.
Mit dabei auch seiner ältere Tochter, die nun schon Mitchefin ist und das Unternehmen einst übernehmen soll und wird. Eine Familientradition geht also weiter. Familiär ist auch die Stimmung wenn man die Produktion oder den Firmensitz besucht. Man spürt die Leidenschaft und Freude die die Mitarbeiter bei der Arbeit haben. Längst ist Bouvet ein Markenzeichen. Und eines mag der Chef gar nicht. Den Begriff Methode Champegnoise. „Das ist doch Quatsch“, sagt er. Wir machen das hier auch seit hunderten Jahren so. „In der Champagne hat man das als Marketingbegriff einführt, um sich abzugrenzen.“ Aber es sei nicht weiter als die Methode Traditionelle, die bei der Schaumweinproduktion eingesetzt wird. Aber egal. Patrice Monmousseau ist kein Mensch, der sich ärgert. Dazu liebt er das, was er tut, und seine Produkte viel zu sehr. Ebenso wie seine Region. So sehr, dass er einst ein Angebot ablehnte, eine Leitende Position in der Champagne zu bekleiden.
Ein Stück wunderbares Frankreich
In der Tat ist das Tal der Loire eine der schönsten Gegenden Frankreichs. Vielleicht auch weil es touristisch im Vergleich mit anderen Regionen noch etwas ruhiger zugeht. Das wird auch am Place Saint Pierre im Zentrum Saumurs deutlich. Seit Jahren ist die Turmuhr kaputt. Wen störts?! Pures Frankreich eben. Eine Tour mit einem alten Gabarre genannten Boot auf dem Fluss, Radfahren auf einem der extra angelegten Radwege an und in der Umgegend der Loire, dazu die Weinberge und der Besuch in einem der Weingüter der Region. Etwa auf der Domaine de Roche Ville. Philippe Porché ist nicht nur Chef des Unternehmens. Er ist auch Präsident Saumur Weine. Bei ihm ist alles top-modern und leidenschaftlich versucht er für seine Region und seine Kollegen zu arbeiten. Weingüter wie seines gibt es wie erwähnt reichlich. Viele Möglichkeiten also Taubensaft zu verkosten. Bei Bouvet sind das übrigens vor allem Chenin Blanc, Chardonnay und Cabernet Franc.
Nicht zuletzt sind da die Schlösser der Loire und die Abtei Abbaye Royale de Fontevraud. Ein riesige Anlage, die heute Museum, Hotel und Restaurant ist. Man kann unter anderem den Sarkophag Richard Löwenherz besichtigen. Ebenso so große Namen findet man bei den Schlössern: Etwa Richelieu. 80 Schlösser verzeichnet die offizielle Touristenkarte dazu 346 Weingüter. Man sollte sich also besser etwa Zeit nehmen…
Honza Klein
Der Berliner hat für diverse Radiosender gearbeitet, war viele Jahre Redakteur bei der Berliner Morgenpost, hat an Büchern über Berlin mitgearbeitet und ist u.a. Autor für die Super Illu und Gastgeber einer Talksendung bei TV Berlin.