
Eine Minute – das klingt nach einem kurzen Airlebnis Vergnügen. Nur 60 Sekunden geht es in die Luft. Okay, eine weitere Minute steht noch an. Die Hände halten sich an den Gummi ummantelten Türrahmen fest. Der Wind bläst unaufhörlich. Dann folgt das Zeichen. Ein kleiner Hechtsprung ins Nichts und schon wird der Traum vom Fliegen Wirklichkeit. Die Grundhaltung ist einfach: Ein leichtes Hohlkreuz, die Arme im 90 Grad Winkel neben dem Kopf. Jede noch so kleine Veränderung der Körperhaltung verändert die Position in der Luft. Wobei niemand Angst haben muss, im zum Teil verglasten Windtunnel unkontrolliert umher zu irren oder gar abzustürzen. Zum einen, weil ein Fluglehrer immer mit dabei ist und gegebenenfalls sofort eingreifen könnte, zum anderen, weil ein jeder schon nach den ersten zehn, 15 Sekunden ein gutes Gefühl dafür entwickelt, was beim Indoor-Skydiving in Bottrop machbar ist und was nicht.

„Wir simulieren hier den freien Fall wie aus einem Flugzeug in 4.000 Metern Höhe“, verweist Marketingmanager Christian Böhlke auf die Tatsache, dass die Flugdauer in der Flugkammer des 17 Meter hohen Windtunnels deutlich länger ist, als die eines durchschnittlichen Fallschirmsprungs. Und wesentlich ungefährlicher. Das Verletzungsrisiko liegt beim Skydiving nahezu bei Null. Und doch birgt ein Flug im Windkanal, wie ein jeder schon nach einer halben Minute feststellen kann, zumindest eine große Gefahr: Denn das Ganze kann schnell süchtig machen. Kein Wunder, dass es für die meisten nicht bei einem einmaligen Flugerlebnis bleibt. So etwa für Sandra Debo-Scholz und ihre Freundin Jana Kayersberg, die beide eigens für das besondere „Airlebnis“ aus Mainz angereist sind.

Sandra ist „Wiederholungstäterin“, ist schon mal in Bottrop geflogen. Für sie soll das Ganze als Vorbereitung auf den ersten Fallschirmsprung im Sommer dienen. „Es ist einfach ein irres Gefühl, wie ein Vogel völlig schwerelos in der Luft zu schweben“, schwärmt die Blondine aus Rheinland-Pfalz, die an diesem Tag insgesamt 20 Minuten Flugunterricht nimmt.
Ihre Freundin Jana ist ebenfalls begeistert. Doch aus einem Flugzeug würde sie nie springen. „Dann fahre ich lieber noch zwanzig Mal nach Bottrop“, lacht die Mainzerin. Dann steckt sie die Ohrstöpsel wieder rein und setzt die Fliegerbrille auf, um für eine weitere Minute durch den Windkanal zu sausen.
Für Jana und viele andere ist es die gefahrenlose Verwirklichung des lang gehegten Traums vom Fliegen, während das Skydiving Center für andere ein ideales Trainingsrevier ist, um Fallschirmsprünge unter bestmöglichen Bedingungen zu simulieren. So sind in den Wintermonaten nicht von ungefähr ganze Fallschirmjäger-Kompanien der Bundeswehr sowie Profis aus dem In- und Ausland Dauergast in Bottrop. In dem 35 Meter hohen Turm sorgen vier Ventilatoren mit zusammen 2.170 PS für gleich bleibende Windgeschwindigkeiten von bis zu 280 Stundenkilometern. Zudem liegt die Temperatur im Windkanal konstant um die 25 Grad Celsius. Rahmenbedingungen, von denen Fallschirmspringer in freier Natur nur träumen können.

„Wir sind die einzige Anlage dieser Art in Deutschland“, erklärt Christian Böhlke, dass hier ein jeder ab vier Jahren im positiven Sinne mal so richtig in die Luft gehen kann. Einzige Voraussetzungen sind, dass die Wagemutigen nicht mehr als 120 Kilogramm auf die Waage bringen, keine Herzschrittmacher oder Herzerkrankungen haben, nicht schwanger sind und nicht unter Schulterverletzungen leiden.
„Das Fliegen geht praktisch wie von selbst“, so Böhlke weiter. Nach einer rund 45-minütigen Einführung mit Theorie und Trockenübungen gehen die Skydiver zusammen mit einem erfahrenen Fluglehrer in den Windkanal. Dabei tragen sie neben Helm, Ohrstöpsel und Fliegerbrille einen Overall. Diese Kleidungsutensil ist eigentlich überflüssig, ist aber mit einigen Schlaufen versehen, mit deren Hilfe der Fluglehrer den Flugschüler im unwahrscheinlichen Fall der Fälle jederzeit problemlos greifen und sichern kann. Und so wird jedem Wagemutigen schnell klar, dass zumindest im Windkanal der Wind sein Freund ist. Mit Orkanstärke bläst der Wind in dem geschlossen Luftkreislaufsystem und sorgt für jede Menge Auftrieb. Angst, durch die Decke katapultiert zu werden, braucht niemand zu haben, auch wenn alle zumindest minutenweise glauben, richtig fliegen zu können.
Informationen: Indoor Skydiving, Prosperstraße 297, 46238 Bottrop, www.indoor-skydiving.com
Öffnungszeiten: Täglich 9 bis 21 Uhr.
Spannender Buch- und Geschenktipp: Lost & Dark Places Ruhrgebiet
Bei Lost & Dark Places Ruhrgebiet denkt man sofort an das reiche Erbe der Industriekultur: Zeche Zollverein oder den Landschaftspark Duisburg-Nord. Doch nicht nur die einstigen Bergwerke und Hochöfen wissen Geschichte und Geschichten zu erzählen. Spannend sind auch die tatsächlich vergessenen oder verschwiegenen Zeugen früherer Epochen: die Überreste einer alten Nazi-Autobahn, ein einstiger Fliegerhorst, eine vergessene Flussbadeanstalt, …
„Das Buch öffnet sicher einen ganz anderen Blick auf das Ruhrgebiet und zeigt ein Gesicht der Region, das bislang nur sehr wenigen bekannt ist. Zudem zeigt das Buch, dass sich hinter mancher Ruine, hinter mancher Schrottimmobilie überaus spannende Geschichten verbergen. Ob es einen Folgeband geben wird, vermag ich nicht abzuschätzen. Das Potential für ein zweites Buch ist fraglos vorhanden. Einige Orte, die ich besucht habe, sind aus Platzgründen nicht ins Buch aufgenommen. Teil des Ansatzes war es, Lost Places in möglichst vielen Teilen des Ruhrgebietes mit aufzunehmen.“ erklärt Autor Karsten-Thilo Raab augenzwinkernd.
Karsten-Thilo Raab berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen gemacht als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführer sowie Bildbänden.
Pressestimmen: “Mit “Lost & Dark Places” lässt sich eine ganz besondere Seite des Ruhrgebiets entdecken.” ― Ruhr Nachrichten
Erhältlich ist Lost & Dark Places Ruhrgebiet (ISBN: 9783734320477) von Karsten-Thilo Raab für 22,99 Euro im Buchhandel, zum Beispiel bei Amazon oder direkt beim Bruckmann Verlag.

Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.