Brüssel von seiner unbekannten Seite

Auge in Auge mit diversen Requisiten in der Oper La Monnaie in Brüssel. – Foto: Susanne Timmann

In Brüssel, der bezaubernden Hauptstadt Belgiens, finden sich noch immer kleine oder größere unbekannte Schätzchen. Ein großer Schatz ist definitiv eine der führenden Opern weltweit – die La Monnaie. Besonders tief eintauchen in die großartige und geheimnisvolle Opernwelt lässt es sich mit der Tour Behind the Scene. Spannende Blick hinter, unter und vor die Kulissen sind garantiert.

Rund 90 Prozent der Produktion von den aufwändigen Kostümen, über die meist handgefertigten Perücken bis zu den aufwendigen Bühnenbildern werden in den Operngebäuden in Eigenregie erstellt. Auf unglaublichen 20.000 Quadratmetern finden sich zwölf sogenannte Workshops, die sich räumlich getrennt auf mehreren Ebenen befinden. Unmengen von Materialien, Stoffen und Requisiten, Schminktöpfchen und Schuhe aller Coleur stapeln sich ordentlich beschriftet und verstaut. Der Geruch von Farbe liegt in der Luft. In den Räumen ist die Nervosität, die vor jeder Aufführung ansteht, förmlich zu spüren.

Eine eigene Welt: die Oper La Monnaie

Unvorstellbar viele Kostüme sind bereits geschneidert worden. – Foto: Susanne Timmann

Da nahezu alles für die sieben bis acht verschiedenen Aufführungen pro Session so zentral entwickelt und erarbeitet wird, bedeutet weniger Reisen für alle Beteiligten. Und das wiederum ermöglicht eine nachhaltigere Produktion und auch eine bessere und effiziente Zusammenarbeit. Hier arbeitet ein großes Team an einem gemeinsamen Ziel: die perfekte Aufführung!

Faszinierende Details. – Foto: Susanne Timmann

Die Unmengen an Materialien, die Jahr für Jahr für die Inszenierungen geschneidert, gebaut und gefertigt werden, lassen sich unmöglich alle im Zentrum der Stadt, in den Gebäuden der Oper lagern. Heute existiert vom Hauptgebäude aus ein Tunnel unter der Straße zur Verladestation. Früher mussten die Tonnen von Requisiten 200 Meter über die Straßen von Brüssel in die bereit stehenden, wartenden Lastwagen geschleppt und verladen werden.

Logistische Meisterleistungen

Beeindruckende Technik unter der Bühne. – Foto: Susanne Timmann

Riesige Aufzüge verbinden die einzelnen Etagen miteinander. So gigantisch, dass ein kompletter Containerinhalt darin Platz findet. Adi Chesson, der begeistert den Besuchern seine Opernwelt näher bringen möchte erzählt, „die Container werden voll geladen und dann geht es mit dem LKW in Richtung des Hafens von Antwerpen. Dort stehen die Container fein säuberlich gestapelt und warten vielleicht auf eine nächste Aufführung.“

Wunderbares Ambiente empfängt die Besucher. – Foto: Susanne Timmann

Durch viele enge Flure, mal nach rechts, dann nach links, geht es die Treppen hinunter und die geheimnisvollen Katakomben eröffnen einen Blick auf die beeindruckende Hydraulik. Diese sorgt für die vielen Überraschungsmomente, die die Zuschauer so faszinieren. „Selbst das Orchester lässt sich in der Höhe verstellen,“ beschreibt Adi Chesson begeistert ein weiteres, interessantes Detail. „So kann die benötigte Musiklautstärke optimal an die Nähe der erwartungsvollen Zuschauer angepasst werden.“

Von innen und außen beeindruckend

Früher schmückten den Leuchter in der Saalmitte bis zu 1.000 Kerzen. – Foto: Susanne Timmann

Und weiter geht es wieder nach oben und die Türe öffnet sich zu den Zuschauerrängen. Wunderschön ist das Ambiente. Besonders beeindruckt der gigantische Leuchter, der über der Mitte des Saales hängt. „Heute unvorstellbar, aber früher war es üblich vor jeder Aufführung circa 1.000 Kerzen anzubringen und diese dann kurz vor Beginn, möglichst schnell anzuzünden. Immerhin mussten diese für die gesamte Zeit der Vorführung ihr zartes Licht ausstrahlen. Die Arbeiter, die diesen Leuchter dann wieder hoch ziehen mussten, waren extrem kräftig! Das Wachs tropfte erbarmungslos herab. Also definitiv kein guter Platz direkt unter dem riesigen Leuchter seinen Sitz zu haben,“ Adi Chesson erzählt weiter, „nach der Aufführung wurde es den ärmeren Leute erlaubt, das Wachs zusammenzukratzen und wieder zu verkauft, damals war das sehr wertvoll .“

So schief wie der Schiefe Turm von Pisa. – Foto: Susanne Timmann

Ist die Tour hinter den Kulissen zu Ende, lohnt ein Blick von draußen, von der Fußgängerzone aus, einen Blick auf das altehrwürdige Gebäude. Eine Seite des beeindruckenden Operngebäudes ragt vier Grad auf die Seite. Damit immerhin so schief wie der berühmte Turm in Pisa.

Geruchsintensiver Blick unter die Kulissen

Auf dem richtigen Weg zum Sewer Museum. – Foto: Susanne Timmann

Nur einen Kilometer vom Bahnhof Brüssel Midi entfernt, der Eingang in einem harmlos schön aussehenden Häuschen versteckt, findet sich ein spannendes Kuriosum: Das Sewer Museum präsentiert allerlei Wissens- und leider auch Riechenswertes rund um die Jahrhunderte alte Geschichte der Abwasserproblematik in den Städten.

Viele spannende Schautafeln laden zu Entdeckungen ein. – Foto: Susanne Timmann

Da in früheren Zeiten jeglicher Müll, selbst die allerpersönlichsten Hinterlassenschaften, einfach auf die Straßen gekippt und geschüttet wurden, fand sich dort das perfekte All-Inklusive Angebot für Hunderte und Tausende von Ratten. Dadurch breiteten sich Krankheiten sprunghaft aus. Cholera, besonders schlimm im Jahr 1865, raffte sehr viele Einwohner Brüssels dahin. Mit Fortschritt des Wissens über die Ansteckungsgefahren durch die gefräßigen Nager wurde klar, der Fluss samt seinem Abwasser muss unter die Erde.

Auch heute flitzt mal ein Nagetier durch die Kanäle

Nicht gerade wünschenswerte Begegnungen. – Foto: Susanne Timmann

Britische, erfahrene Ingenieure halfen damals bei der Umsetzung. Diverse Schautafeln und Ausstellungsstücke zeigen die Entwicklung der Abwasserthematik. Wieso sind die heutigen Abwasserkanäle wie ein Ei geformt? Woher kommt das ganze, verschmutze Wasser und wo fließt es hin? Wie arbeiteten die Menschen früher in den Kanälen, wie heute? Highlight, wenn man das doch leicht bedrückende Erlebnis so nennen darf, ist sicherlich der Besuch der Kanäle.

Im Probekanal mal ausprobieren, wie es sich in den engen Röhren anfühlt. – Foto: Susanne Timmann

Der Besucher wird langsam an die Welt unterhalb der Straße eingewöhnt. Zuerst geht es, für größere Menschen leicht gebückt, durch einen „Probetunnel“. So kann man fein sauber das Gefühl erspüren, wie es sich für die Arbeiter anfühlt, die die Kanäle prüfen und reinigen müssen. Dann wird eine weitere Türe geöffnet und das geruchsvolle Erlebnis geht live weiter. Neben einem fließt die Kloake munter vor sich hin. Von oben schwebt der eine oder andere Spinnenfaden durch die wabernde Luft.

Irgendwie faszinierend gruselig

Spaziergang der anderen Art unterhalb Brüssels. – Foto: Susanne Timmann

Wie von selbst versucht keiner der aufgeregten Besucher irgendetwas zu berühren. Auch wenn vor dem Betreten erklärt wurde, dass der Besuch völlig ungefährlich sei und falls man doch etwas anfasst ein einfaches Händewaschen reichen würde. Ehrlich gesagt hatte ich den Rest des Tages, der wirklich toll in Brüssel war, irgendwie noch den stinkigen Geruch in der Nase. Wahrscheinlich eine reine Kopfsache, aber die abendliche Dusche war ein wollig, warmes Dufterlebnis!

Übrigens, etwa 97 Prozent des Frischwassers, das in Brüssel zum Beispiel für die erfrischende Dusche benötigt wird, kommt von den Bergen außerhalb durch ein Rohrsystem.

Weitere Informationen

Kultur-Tipp in Brüssel: Blick hinter, unter und vor die Kulissen der Oper La Monnaie.

Führung durch die Unterwelten von Brüssel: Ein ganz besonderes Erlebnis in Bahnhofsnähe, aber nichts für empfindliche Nasen ist das Sewer Museum.

Anreise mit dem Thalys: Der rote Hochgeschwindigkeitszug fährt auf der deutschen Strecke täglich die Stationen Dortmund, Essen, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Aachen, Lüttich, Brüssel und Paris an. Thalys-Reisende erreichen beispielsweise von Köln aus Brüssel bis zu fünfmal täglich in knapp einer Stunde und 50 Minuten. Buchen unter www.thalys.com.

Naschkatzen Mike & Becky. – Foto: Susanne Timmann

Schokolade kaufen in Brüssel: Bean-to-Bar nachhaltige Schokoladenmanufaktur Mike & Becky. Inhaber Mike und Becky erzählen gerne die Geschichte und Hintergründe ihrer Schokoladenherstellung. „Eins sein mit dem Universum,“ kann der Schokoladentester, meint Becky, einer der beiden Besitzer beim Vernaschen der braunen Köstlichkeit. Einfach mal verführen lassen.

Für Meeresfrüchte-Liebhaber: Wunderschön am Wald gelegen bietet die Brasserie Georges eine frische Auswahl an Fisch- und Meeresfrüchten.

Weitere Informationen unter Visit Brüssel.

Übernachtungstipp Hotel Manos Premier www.manospremier.com, Chaussée de Charleroi 100-106, 1060 Brussels, Belgien, Telefon: 0032-(0)2-537 96 82, weitere Informationen hier.


Die Recherchereise wurde von Visit Brussels und Thalys unterstützt.