Bodensee – wo ein Kraut gegen fast alles wächst

Die Pflanzenwelt des Naturheilkunde-Pioniers Alfred Vogel in Roggwil ist ein Kräutergarten der Superlative.
Die Pflanzenwelt des Naturheilkunde-Pioniers Alfred Vogel in Roggwil ist ein Kräutergarten der Superlative.

Kräuterbeete sind ein absoluter Gartentrend. Die erste Anleitung zum Kräuteranbau kommt vom Bodensee, wo Gärtner vielleicht wegen des milden Klimas schon immer grünere Daumen hatten als anderswo. Es war ein Mönch von der Insel Reichenau, der im Mittelalter den ersten Gartenratgeber der Welt schrieb. In Versform empfahl er 24 Heilpflanzen. „Hortulus – Über die Pflege von Gärten“ nannte Walahfrid Strabo vor fast 1.200 Jahren sein Büchlein.

Auf der Gemüseinsel im Bodensee steht ein originalgetreuer Nachbau seiner Pflanzensammlung. Mittelalterliche Kräutergärten gibt es viele, oft sind sie jedoch nicht „komplett“. Das Original direkt am Fuße der Kirche in Mittelzell zeigt alle 24 Pflanzen, die Strabo nach Form, Farbe, Duft oder Geschmack beschrieb. Seinen Lesern gab der Mönch zudem den Rat, Geduld walten zu lassen.

Auf der Insel Reichenau gibt es viele verschiedene Duft- und Heilpflanzen. Es wird zum Beispiel Basilikum, das nach Zimt duftet, angeboten.
Auf der Insel Reichenau gibt es viele verschiedene Duft- und Heilpflanzen. Es wird zum Beispiel Basilikum, das nach Zimt duftet, angeboten.

Wie mühsam die Gartenarbeit sein kann, erzählte er am Beispiel eines unaufhörlich wachsenden und rankenden Flaschenkürbisses. Der Hortulus-Kräutergarten ist innerhalb der alten Reichenauer Klostermauern öffentlich zugänglich.

Das ehemalige Kartäuserkloster Ittingen stellt das Jahr 2015 ganz unter das Zeichen heilender und würzender Gewächse. Nach mittelalterlichem Vorbild wurde ein neuer Heilkräutergarten angelegt, der mit einem Audioguide erkundet werden kann. Besucher erfahren dabei nicht nur wie Heilkräuter wirken und genutzt werden, sondern auch etwas über das Leben der Kartäusermönche, die einst auf dem Gelände schwiegen und beteten.

In einem der parzellierten Gärten wächst ein kräftiger Strauch Mönchspfeffer, im Volksmund auch Keuschlamm genannt. Die Früchte galten im Mittelalter als lustmindernd und standen bei Mönchen und Nonnen deswegen hoch im Kurs. Eine moderne Form klösterlicher Kontemplation bietet die Begehung des duftenden Thymianlabyrinths auf dem Gelände der Kartause.

Garten nach mittelalterlichem Vorbild auf dem Arenenberg.
Garten nach mittelalterlichem Vorbild auf dem Arenenberg.

Ein weiterer Garten nach mittelalterlichem Vorbild befindet sich hoch über dem Untersee auf dem Gelände von Schloss Arenenberg. Mit seinem „Patriziergarten“ verweist das Schloss auf seine lange Geschichte, denn schon im Mittelalter genossen reiche Familien die Aussicht nur wenige Kutschenminuten von Konstanz entfernt. Hier lustwandelt es sich ganz so, wie es edle Herrschaften zur Ritterzeit gern taten. Heute taucht man zudem mit Hilfe eines kurzweiligen Hörspielguides ab in ein etwa einstündiges authentisches Gartenerlebnis voller duftender Blumen und symbolträchtiger Kräuter.

Die Heilpflanzenwelt des Naturheilkunde-Pioniers Alfred Vogel ist ein Kräutergarten der Superlative. Neben der Firmenzentrale in Roggwil bietet eine kostenfrei zugängliche Besucherwelt einen Einblick in die Welt der heilenden Pflanzen. Der EchinaPoint ist eine Hommage an die Lieblingspflanze des Gründervaters, den Roten Sonnenhut (Echinacea purpurea). Auf einer USA-Reise in den 1950er Jahren bekam Alfred Vogel die ersten Samen vom Sioux-Häuptling Black Elk geschenkt. Bei einem alle Sinne ansprechenden Parcours trumpft die Natur nicht nur mit Schönheit, sondern auch mit oft unbekannten Heilkräften auf.

In den Gärten am Bodensee gedeihen auch außergewöhnliche Kräuter.
In den Gärten am Bodensee gedeihen auch außergewöhnliche Kräuter. (Fotos: Bodenseegärten)

Überlingen wird 2020 die baden-württembergische Landesgartenschau ausrichten. Schon jetzt führt ein Gartenkulturpfad durch Gärten und Parks zu aussichtsreichen Pavillons hoch oberhalb der Stadt und über sonnige Spazierwege direkt am grünen Ufer. Bei geführten Kräuterwanderungen zeigen sich eher unbekannte Gewächse wie Sumpfkohldistel und Mädesüß Seite an Seite mit Löwenzahn und Frauenmantel. Am Ende des Spaziergangs durch Wald und Wiese macht ein Wildkräuterbuffet Lust aufs Weiterpflücken.

Weil Überlingen seit 60 Jahren Kneippheilbad ist, duften seit diesem Sommer auch in der Fußgängerzone Heilpflanzen und Kräuter. Zehn große Pflanzkübel repräsentieren sie als eines der fünf kneippschen Elemente – und sorgen so für eine wohltuende Kräuterbriese auf der Münsterstraße. Auf kleinen Tafeln erfahren die Spaziergänger noch bis August, um welche Pflanzen es sich handelt und wie diese eingesetzt werden können. Weitere Informationen unter www.bodenseegaerten.eu.

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