Auf den Spuren des Archaeopteryx – Fossilienwanderung im oberbayerischen Eichstätt

Ein gigantischer Allosaurus ziert den Eingangsbereich des Fossiliensteinbruchs am Blumenberg. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Ein gigantischer Allosaurus ziert den Eingangsbereich des Fossiliensteinbruchs am Blumenberg. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Der Archaeopteryx weist den Weg. Schweigend und eher dezent zurückhaltend. Und doch ist der legendäre Urvogel irgendwie allgegenwärtig. Mal hängt er an Laternenmasten, mal an Brückenpfeiler und dann wieder an Bäumen – immer in Grün auf gelbem Grund in Form eines Wegweisers. Tatsächlich begegnet dem geneigten Hobbyforscher mit geschnürten Wanderstiefeln der Archaeopteryx auf der neun Kilometer langen Fossilienwanderung rund um Eichstätt im Altmühltal gleich mehrfach in Lebensgröße. Zwar nur im Museum, aber immerhin. Zudem hat der Urvogel nachweislich dereinst in diesem Teil des Naturparks Altmühltal gelebt.

Beschilderung entlang des Fossilienpfads in Eichstätt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Beschilderung entlang des Fossilienpfads in Eichstätt: Der Archaeopteryx darf nicht fehlen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

In den weltberühmten Solnhofer Jurasteinbrüchen, in denen bis dato über 900 Tier- und Pflanzenarten entdeckt wurden, konnte im Jahre 1897 der erste, komplett erhaltene fossile Abdruck eines Archaeopteryx freigelegt werden. Eine archäologische Sensation. Denn durch den Fund des versteinerten Urvogels wurde die von Charles Darwin aufgestellte Evolutionstheorie bestätigt.

„Bis dahin hatten vor allem Anhänger der Schöpfungslehre geglaubt, dass sich Vögel erst nach dem Aussterben der Flugsaurier entwickelt hätten“, weiß Ruth Wallmann zu berichten. Ergänzend fügt die Naturparkführerin hinzu: „Der Archaeopteryx gilt mit seinem bezahnten Kiefer und den Schwungfedern als ein Übergangsform zwischen den Flugsauriern und den Vögeln.“

Und in der Tat rückt das Leben des Urvogels entlang des neun Kilometer langen Rundweges immer wieder in den Fokus. Startpunkt für die gut ausgeschilderte Tagestour ist der wenig schmucke Bahnhof in der ansonsten durchaus prächtigen 13.000-Seelen-Gemeinde Eichstätt mit ihren barocken Prachtbauten rund um den Residenzplatz. Vorbei an der Justizvollzugsanstalt gilt es zunächst den Anstieg zur hoch über der Stadt thronenden Willibaldsburg zu meistern.

Versteinerter Fisch im Jura-Museum von Eichstätt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Versteinerter Fisch im Jura-Museum von Eichstätt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Neben einem herrlichen Rundumblick über das Altmühltal lädt auf dem 460 Meter hohen Bergsporn im Inneren der im Jahre 1355 errichteten Schlossfestung das Jura-Museum zu einer spannenden Zeitreise ein. Gezeigt werden hier insbesondere Fossilien der Solnhofer Plattenkalke, die durch Steinbrucharbeiten zutage gefördert wurden. Der Bogen spannt sich von Krebsen und Schlangensternen über Korallenfische und Ichthyosaurier bis hin zu Pflanzen und verschiedenen Landtieren. Größter Publikumsmagnet ist der Archaeopteryx-Saal, wo Wissenswertes rund um den Urvogel sowie andere Flugkünstler aus der Tierwelt zu erfahren ist.

Auch im Museum für Ur- und Frühgeschichte lässt sich ein Eindruck vom Leben in längst vergangegen Zeiten gewinnen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Auch im Museum für Ur- und Frühgeschichte lässt sich ein Eindruck vom Leben in längst vergangenen Zeiten gewinnen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Das angrenzende Museum für Ur- und Frühgeschichte widmet sich der Entwicklung der Region von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter. Größter Blickfang ist das Skelett eines rund 60.000 Jahre alten Mammut. Auch die Überreste eine Höhlenhyäne, Funde aus der Römerzeit sowie eine spätmerowingische Grabanlage sind hier ausgestellt.

Nach so viel Museumluft geht es erst einmal auf geschlungenen Pfaden durch ein Waldstück den Burgberg wieder hinunter. Mittels der Schlagbrücke geht es schließlich auf die andere Seite der Altmühl, wo der nächste Anstieg wartet. Nach einigen Hundert Metern Asphalttreten führt der Weg steil hinauf durch ein Waldstück. Dabei fallen immer wieder Eichstätt und die Willibaldsburg in den Blick. Schließlich geht der Trampelpfad in eine Straße über, die passenderweise „Urvogel“ heißt und auf die nächsten Streckenhöhepunkte einstimmt.

"Hobbyforscher" auf der Suche nach fossilen Schätzen am Blumenberg. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
„Hobbyforscher“ auf der Suche nach fossilen Schätzen am Blumenberg. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Bald darauf ist der Fossiliensteinbruch Blumenberg erreicht. Am Eingang begrüßt die Besucher eine riesige, 4,5 Meter hohe und 14 Meter lange Plastik eines Allosaurus, eines Verwandten des Tyrannosaurus Rex, der als „Tiger der Urzeit“ vor rund 150 Millionen Jahren lebte.

„Vor rund 150 Millionen Jahren war der Blumenberg Teil einer tropischen Meereslandschaft mit einer ungeahnten Tier- und Pflanzenvielfalt“, verweist Ruth Wallmann auf die Tatsache, dass viele der Lebewesen im Laufe der Zeit vom Kalkschlamm bedeckt wurden und versteinerten. Das Meer verschwand, ließ aber Felsen und Kalksteine zurück, in denen bis heute unzählige Fossilien erhalten geblieben sind. Mit Hammer, Meißel, viele Geduld und etwas Glück können Hobbyschatzsucher hier manchen versteinerten Schatz ans Tageslicht befördern. Während Ruth Wallmann davon spricht, dass hier bereits Schnabelfische und außergewöhnliche Libellen freigelegt wurden, scheint das Klopfen und Hämmern an diesem Tage wenig lohnend. Aus dem brüchigen Stein können lediglich ein paar versteinerte Moose und Farne freigelegt werden.

Blick auf die Willibaldsburg in Eichstätt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Blick auf die Willibaldsburg in Eichstätt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Mit den ungewöhnlichen Erinnerungsstücken in der Tasche geht es vorbei an Feldern und Wiesen sowie der Driving Ranch eines Golfplatzes weiter zum Harthof. Teil des in die Jahre gekommenen Landsitzes ist das Museum Berger. Die private Sammlung präsentiert eine Auswahl der am Blumenberg gefundenen Fossilien aus der Jurazeit. Der Bogen spannt sich dabei von Libellen über Mond-, Kugelzahn- und Schnabelfische bis hin zu einem Exemplar Archaeopteryx.

Auf einen Höhenrücken hoch über dem Altmühltal geht es dann auf Trampelpfaden und vorbei an einem weiteren Steinbruch zurück Richtung Eichstätt. Wenn die Landschaft und die Steine der herrlichen Flusslandschaft reden könnten, würden sie sicher davon berichten, wie Mutter Erde diesen malerischen Flecken in Millionen von Jahren geformt hat. Und ganz sicher auch erzählen, wo der Archaeopteryx seine Flugrunden gedreht hat, lange bevor die Spitzen des Eichstätter Doms hier in den Himmel ragten.

Informationen: Tourist-Information Eichstätt, Domplatz 8, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-6001400, tourismus@eichstaett.info, www.eichstaett.info

Informationszentrum Naturpark Altmühltal, Notre Dame 1, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-98760, Fax 08421-987654, info@naturpark-altmuehltal.de, www.naturpark-altmuehltal.de

Ein fast echter Urvogel im Eichstätter Jura-Museum. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Ein fast echter Urvogel im Eichstätter Jura-Museum. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Sehenswürdigkeiten: Willibaldsburg, Burgstraße 19, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-4730, www.schloesser.bayern.de

Jura-Museum, Burgstraße 19, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-4730, www.jura-museum.de

Fossiliensteinbruch am Blumenberg, Kinderdorferstraße, 85072 Eichstätt, Telefon 0157-73059806, www.museum-berger.de

Museum Berger, Harthof 1, 85071 Eichstätt, Telefon 08421-4663, www.museum-berger.de

Über den Urvogelweg verläuft der Eichstätter Fossilienpfad. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Über den Urvogelweg verläuft der Eichstätter Fossilienpfad. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Essen & Trinken: Restaurant Café im Paradeis, Marktplatz 9, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-3313, www.cafe-im-paradeis.de. Deftiges mit Pfiff – noch dazu in schönem Ambiente.

Tartufo, Marktplatz 22, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-7070360, www.ristorante-tartufo.de. Gehobene italienische Küche.

Braugasthof Trompete, Ostenstraße 3, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-98170, www.braugasthof-trompete.de

Das Museum Berger hält unter anderem einen vor. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Das Museum Berger hält unter anderem einen Archaeopteryx vor. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Übernachten: Hotel Adler, Marktplatz 22, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-6767, adler.stigler@t-online.de, www.adler-eichstaett.de. Modernes Hotel in einem 300 Jahre alten Barockstilbau direkt im Herzen der Altstadt.

Gasthof Sonne, Buchtal 17, 85072 Eichstätt, Telefon 08421-6791, info@sonne-eichstaett.de, www.sonne-eichstaett.de

Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Altmühltal aktiv, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-27-7. Erhältlich ist der 140 Seiten starke Titel für 14,99 Euro im Buchhandel oder direkt beim Verlag.

Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.