Die Bahn, der Datenhamster auf Schienen

Vorsicht Bahnhof: Die Bahn will angeblich mit Kundendaten Geschäfte machen. (Copyright Karsten-Thilo Raab)
Vorsicht Bahnhof: Die Bahn will angeblich mit Kundendaten Geschäfte machen. (Copyright Karsten-Thilo Raab)

Was der irische Billigflieger Ryanair für die Lüfte ist, scheint die Deutsche Bahn für den bodengebundenen Verkehr zu sein. Beide sind immer für eine Schlagzeile gut und überraschen stets mit neuen lustigen Ideen, wie die zweibeinige Zitrone namens Passagier oder Fahrgast weiter ausgepresst werden kann. Ohnmächtig sieht sich die Heerschar derer, die reisen müssen oder wollen, der sich immer schneller drehenden Preisspirale gegenüber. Vor allem, da die permanente Teuerungsrate im krasser Widerspruch zur Service- oder Pünktlichkeitsverbesserung steht.

Nun möchte Deutschlands führendes Schienenunternehmen scheinbar auch noch mit den Daten von Vielfahrer Geld verdienen. So sollen Bahn-Card-Nutzer nach übereinstimmenden Medienberichten künftig auf ihre individuellen Bedürfnisse und Vorlieben zugeschnittene Werbeangebote erhalten. Ausgewertet wird, wer wann von wo nach wo mit welcher Fahrkarte in welcher Wagenklasse reist. Als kleines Dankeschön flattert dem Kunden dann ein maßgeschneidertes Angebot kostenfrei per Post oder Mail ins Haus.

Wer zum Beispiel täglich im Wagen 2. Klasse auf Fernstrecken zwischen dem Ruhrgebiet und Hamburg oder zwischen Frankfurt und München unterwegs ist, zeichnet sich durch eine gewisse Leidensfähigkeit aus. Während die einen schlicht ob der ständigen Verspätungen resignieren, drohen andere vor laut Wut einen Herzinfarkt zu erleiden, während wiederum andere darüber nachdenken, ihren Frust zu ertränken. Genau hier könnte die Marketingmaschinerie der Bahn ansetzen. Während dem einen Kunden preisgünstige Offerten für Baldrian und anderes Beruhigungsmittel zugeschickt werden, könnten andere auf Schnäppchenangebote von Getränkeherstellern aufmerksam gemacht werden.

Pendler, die täglich in hoffnungsvoll überfüllten Regional- und S-Bahnen unterwegs sind und dies mit stoischer Gelassenheit ertragen, wären hingegen die ideale Zielgruppe für Urlaubsangebote in riesigen Hotelburgen am Mittelmeer.

Für Pendler, die morgendlich ob der Menschenmengen von Hass erfüllt sind, böten sich hingegen Urlaubsangebote aus einsamen Bergregionen oder dem Norden Skandinaviens an.

Für diejenigen, die täglich aufs Neue hoffen, trotz der permanenten Verzögerungen im Betriebsablauf einen Anschlusszug am Umsteigebahnhof zu bekommen oder noch pünktlich zum angesetzten Termin zu gelangen, wären gezielte Beratungsangebote von  Glaubensgemeinschaften wohl genau das Richtige.

Thekenbrust & ZackendruseUnd für diejenigen, die sich nach Stunden des Wartens sicher sind, heute nicht mehr anzukommen, könnten Sonderangebote von Mietwagenverleihern oder Mitfahrzentralen direkt auf das Handy geschickt werden.

Endlich kümmert sich die Bahn mal um das Wohlergehen jedes einzelnen Fahrgastes. So viel Initiative und so viele    Extraoptionen nach dem Kauf von nur einer Fahrkarte sollten daher jedem die Herausgabe von ein paar persönlichen Daten wert sein. Machen wir ja in sozialen Netzwerken auch – und dies ohne nennenswerte Vorteile.

Buchtipps: Karsten-Thilo Raab: Thekenbrust & Zackendruse, Westflügel Verlag, ISBN 978-3-939408-11-6, 12,50 Euro. Erhältlich ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag.

Karsten-Thilo Raab: San Diego Waldfried,  (ISBN: 978-84-9015-620-9). Erhältlich ist der Kolumnenband im Buchhandel, direkt beim Verlag oder online zum Preis von 20,90 Euro.