Mechelen – Flanderns mittelalterliches Schmuckstück

Mechelen
Das Herzstück von Mechelen: Der Grote Markt mit dem Rathaus. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Das Gemurmel der Menschen wird lediglich noch vom Klang der Glocken der St. Rombouts Kathedrale übertönt. Hunderte von Entspannungsjüngern und Sonnenanbetern drängen sich an den Tischen der gut zwei Dutzend Restaurants, Cafés und Kneipen am Grote Markt –  ein großes Heer von Biertrinkern, zweibeinigen Kaffee-Vernichtungs-Maschinen und Genießern, das dem Gang der Sonne folgt.

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Weithin sichtbar: der mächtige Glockenturm der Rombouts Kathedrale. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Morgens tummeln sich das Gros der Gäste an der Südwestseite des herrlichen, von mittelalterlichen Häusern mit Treppengiebeln und dem prächtigen Rathaus von 1311 gesäumten Platzes. Nachmittags stürmen die Durstigen und Hungrigen auf die Nordostseite des zentralen Platzes von Mechelen. Immer getrieben von dem Verlangen, sich von den ersten Sonnenstrahlen des Jahres wärmen zu lassen. Wäre der Platz ein Schiff, drohte er wohl mit dem Wechsel der Sonne und der hinüberschwappenden Menschenmenge zu kentern.

Welterbe und Hauptstadt-Pracht

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Prachtvolle Häuser gruppieren sich um den Grote Markt in Mechelen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Keine Frage, der Grote Markt ist das Herzstück der einst mächtigen Hauptstadt der Burgundischen Niederlande, die ab dem 16. Jahrhundert als Handels- und Umschlagplatz für Salz, Fisch, Getreide, Wolle und Tuchwebereien zu großem Reichtum gelangte. Ein Wohlstand, von dem noch immer Hunderte von Prachtbauten rund um den Marktplatz aber auch entlang der Ijzerenleen, einer der wichtigsten Einkaufsstraßen der Stadt an der Dijle, zeugen.

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Das Brüsseler Tor gemahnt ein wenig an das Holsten Tor in Lübeck. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Nördlich des Marktes erhebt sich stolz der 1999 zum Weltkulturerbe der UNESCO erhobene Glockenturm der St. Rombouts Kathedrale. 97 Meter ragt der Belfried in den Himmel und ist dabei so etwas wie Mechelens Unvollendete. Denn ursprünglich sollte der Turm der gotischen Kathedrale aus dem 13. bis 15. Jahrhundert einmal mit 168 Metern einer der höchsten Kirchtürme der Welt werden. Doch während des Baus, ging das notwendige Kleingeld aus.

Glockenspiel als Taktgeber

Die charmante Seite von Mechelen zeigt sich auch am Ufer der Dijle. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Als besondere Schätze beherbergt der Turm zwei Glockenspiele. Das größere zählt 49 Glocken, die vier Oktaven umfassen und zwischen acht Kilo und acht Tonnen schwer sind. Im Inneren des Gotteshauses fällt vor allem der 18 Meter hohe Hauptaltar von Bildhauer Lucas Faydherbe ins Auge, während das fast im gesamten Stadtgebiet hörbare Glockenspiel, dem Lebensrhythmus in Mechelen seinen Takt zu geben scheint. Ein weithin vernehmbarer Herzschlag, der den Menschen in diesem Teil Belgiens längst in Fleisch und Blut übergegangen zu sein scheint.

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Mittelalterliches Prunkstück: das historische Rathaus. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Überhaupt dominieren die sehenswerten Kirchen das Bild einer Stadt, die sich nicht von ungefähr zu den schönsten in Flandern rechnen darf. Der Bogen spannt sich von der barocken St. Peter und Paul Kirche über die hochgotische Kollegialkirche Unsere Liebe Frau jenseits der Dijle mit dem Triptychon „Der wunderbare Fischfang“ von Peter Paul Rubens und der gotischen St. Johannes-Kirche bis hin zur barocken Basilika Unsere Liebe Frau von Hanswijk. Außerdem ist die Stadt schon seit fast 450 Jahren Sitz des Erzbischofs.

Giebeldächer und Blumenschmuck

Prachtvoll gibt sich auch die Ijzerenleen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Eine Stadt, deren beeindruckendes Gestern auf Schritt und Tritt zu sehen ist, die aber auch das Morgen fest im Blick hat. Entlang der Ijzerenleen dienen zahlreiche Bäume als Präsentationsfläche für die Schaffensfreude an der Stricknadel, die viele der Frauen in der 80.000-Seelen-Gemeinde an den Tag legen. Guerilla Knitting, jene  Form der Straßenkunst, bei der Pflanzen, Laternen und vieles mehr von gestrickten Accessoires ummantelt werden, ist längst Teil des Straßenbilds von Mechelen. Ebenso wie der üppige Blumenschmuck, der die Straßen zwischen Grote Markt und dem Brüssel-Tor, dem letzten verbliebenen Stadttor aus dem 13. Jahrhundert, zieren.

Durchaus sehenswert: Das Museum Hof van Busleyden. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Neben den Treppengiebeln der Häuser erinnern auch die zahlreichen Radfahrer an die niederländischen Wurzeln dieses Teiles von Flandern. Ebenso wie die Backkunst, wie sie etwa in der Bäckerei Le Pain Quotidien an der der Ijzerenleen zelebriert wird. Die kleine Konkurrenz zu der Kneipenlandschaft am Grote Markt bildet die nicht minder attraktive Ausgehmeile entlang der Nauwstraat am Ufer der Dijle, wo das Bier nicht nur am Wochenende in Strömen fließt. Schließlich ist Mechelen nicht nur die heimliche Hauptstadt des Glockenspiels, sondern auch seit Jahrhunderten ein Brauereistandort. Maes Pils lässt grüßen. Weitere Informationen unter www.visit.mechelen.be/de.