Schottisches Jahr der Natur neigt sich dem Ende

Jährlich einer der Höhepunkte im schottischen Veranstaltungskalender: Die Royal Highland Gathering in Braemar, wo immer ein Mitglied der Königsfamilie zugegen ist. (Foto: Udo Haafke)
Jährlich einer der Höhepunkte im schottischen Veranstaltungskalender: Die Royal Highland Gathering in Braemar, wo immer ein Mitglied der Königsfamilie zugegen ist. (Foto: Udo Haafke)

Das für 2013 vom schottischen Fremdenverkehrsamt ausgerufene Jahr der Natur neigt sich allmählich dem Ende entgegen. Doch bevor die einzigartige Landschaft im Norden der britischen Insel von winterlicher Lethargie übermannt wird, läuft sie nochmals zur Höchstform auf. Der Herbst bietet eine geradezu überwältigende Fülle an optischen Hochgenüssen und eindrucksvoller Farbenpracht. Aus dem klaren, frischen Grün des Sommers erwächst ein Kaleidoskop aus warmen Farbtönen von gelb über orange bis hin zu tiefem, intensivem Rot, das sich über Höhen, Wälder und Felder hinzieht.

Für starke Männer: Das traditionelle Tauziehen bei den Highland Games in Braemar. (Foto: Udo Haafke)
Für starke Männer: Das traditionelle Tauziehen bei den Highland Games in Braemar. (Foto: Udo Haafke)

Auch die Saison der urschottischen Highland Games ist mittlerweile beendet, nachdem sie ihren alljährlichen, unbestrittenen Höhepunkt in Braemar in der Royal Deeside erlebt hat. Das Royal Highland Gathering in dem kleinen Dorf am Fuß des Nationalparks der Cairngorm Mountains hat nämlich niemand geringeren als die Königin höchstpersönlich als ihre Schirmherrin. Und die Monarchin lässt es sich natürlich nicht nehmen dem Ereignis beizuwohnen. Dies gelang ihr in den mittlerweile 61 Jahren ihrer Regentschaft tatsächlich nur ganze vier Male nicht. Ihr Erscheinen in Begleitung von Prinz Phillip und Prince Charles im bis auf den letzten Platz gefüllten Stadion wird mit entsprechend großem, freundlichem Applaus bedacht. Nachdem die königlichen Ehrengäste in der Loge Platz genommen haben, gehen die schottischen Hochlandspiele indes ungerührt weiter.

Fast jedes Jahr Gast bei den Highland Games in Braemar: Die britische Königin Elizabeth II. (Foto: Udo Haafke)
Fast jedes Jahr Gast bei den Highland Games in Braemar: Die britische Königin Elizabeth II. (Foto: Udo Haafke)

„Gib acht! Es kann immer mal etwas Unerwartetes von der Seite oder von hinten kommen.“ Craig Nisbet, Mitorganisator der traditionellen Veranstaltung, warnt jeden, der das Spielfeld in der Stadionmitte betreten darf, vor möglichem Ungemach in Form von schweren Gewichten, fliegenden Steinen oder stürzenden Baumstämmen. Die Sportgeräte der Highland Games sind so skurril wie der Großteil der Übungen selbst. Für den Beobachter wirkt das Ganze wie ein großer Spielplatz für gestandene Mannsbilder, die ihre Kräfte im exzentrischen Wettkampf messen.

Doch Elizabeth II. und ihr Gefolge finden sichtlich Gefallen am spektakulären, leicht unübersichtlichen Treiben der Naturburschen, das durch umher marschierende, kräftig musizierende Dudelsackcombos noch chaotischer erscheint. Die holde Weiblichkeit darf im Übrigen in Tracht und kariertem Röckchen das Tanzbein schwingen und muss eine ziemlich kesse Sohle aufs sprichwörtliche Parkett legen, denn Highland Dancing stellt extrem hohe Anforderungen an körperliche Fitness, Geschicklichkeit, Rhythmusgefühl und insbesondere an dargebotener Grazie. Die gestrengen Wertungsrichter jedenfalls lassen keine Fehler ungeahnt.

Für die Schiedsrichter in Braemar ist traditionelle Kleidung Pflicht. (Foto: Udo Haafke)
Für die Schiedsrichter in Braemar ist traditionelle Kleidung Pflicht. (Foto: Udo Haafke)

Die Königin übernimmt selbst einige Siegerehrungen bevor sie wieder von der Staatskarosse zurück in ihren schottischen Sommersitz Balmoral Castle chauffiert wird. Königin Victoria war es, die vor mehr als 150 Jahren der besonderen Schönheit der Deeside, der Landschaft im Nordosten des Landes entlang des River Dee, verfiel und ihr mit dem Erwerb des Anwesens Balmoral als sommerliche Residenz den verdienten royalen Anstrich verpasste.

Rauschende Gewässer, wogende Wälder, erhabene Berge charakterisieren den Abwechslungsreichtum dieser Region, die durch Victorias Engagement einen frühen touristischen Boom auslöste. Die Eisenbahn kam, zauberhafte kleine Hotels und Unterkünfte entstanden, großartige Wandermöglichkeiten und ein breites Spektrum an sportlichen Aktivitäten in der Natur vom Radfahren übers Angeln bis zur Jagd bestimmen heute das Angebot während des ganzen Jahres.

Während in der Ebene noch das letzte Aufflackern des Heidekrauts für eine erlesene Farbsymphonie sorgt, kann im Wintersportgebiet Glenshee schon der erste Schnee gefallen, die erste Pistengaudi möglich sein. „Wir lieben diese Ecke einfach,“ erzählen die Skandinavier Ingeborg und Alv unisono. Sie haben das Anwesen Learney und das stilvolle Learney House vor einigen Jahren gepachtet, bieten es in erster Linie als luxuriöse Lodge für Selbstversorger an und betreiben von hier aus ihre Firma Scotsport für anspruchsvolle Outdoor-Aktivitäten.

Ein Traumlandschaft: Das Dee Valley in Schottland. (Foto: Udo Haafke)
Ein Traumlandschaft: Das Dee Valley in Schottland. (Foto: Udo Haafke)

Das Esszimmer mutet an wie eine kleine Gemäldegalerie. Mächtige Portraits der Mitglieder vergangener Generationen der Eigentümerfamilie blicken mal ernst, mal keck, mal belustigt auf und über den schweren Holztisch auf dem Ingeborg auch schon einmal ein gepflegtes Abendessen kredenzt. In einer höchst interessanten Mischung aus schottischer und norwegischer Küche. Da findet sich Räucherlachs statt Schellfisch in der traditionellen Cullen Skink-Suppe oder die Pfannkuchen zum Dessert sind mit Bier statt Wasser zubereitet. Da könnten die innovativen Schotten wohl bald auf die Idee verfallen Whisky statt Bier zu nehmen.

Schottisches Kleinod: Craigievar Castle. (Foto: Udo Haafke)
Schottisches Kleinod: Craigievar Castle. (Foto: Udo Haafke)

„Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, wir haben da ein kleines, schmuckes Schloss. Sogar inklusive Hausgeist.“ Den haben allerdings bisher nur einige Gäste in den Räumlichkeiten zu erkennen geglaubt. Die morgendlichen Ausblicke über das Tal jedenfalls, bis hinauf in die sanft wallende Bergwelt sind schlicht phänomenal, beinahe majestätisch. Wie ein Schaumteppich liegt der Morgennebel auf den Feldern, kreiert eine geradezu zauberhaft mystische Atmosphäre.

Die allgegenwärtigen Schafe bleiben davon unbeeindruckt. Sie leben in ihren Tag hinein, wie die Rehe und Hirsche, das Rotwild, das die Jagdeiferer gern vor ihre Flinte bekommen würden. Doch es geht natürlich auch weniger martialisch, denn die Tierwelt mit dem Feldstecher und der Kamera zu beobachten ist vielleicht noch lohnenswerter. Gerade im Herbst sammeln sich beispielsweise viele Vogelarten zum gemeinsamen Zug in ihr Winterquartier. Die vielfältige Natur hält auf ihre Weise für jeden etwas bereit.

Ein Traum in Nebel gehüllt: Die schottischen Torphins. (Foto: Udo Haafke)
Ein Traum in Nebel gehüllt: Die schottischen Torphins. (Foto: Udo Haafke)

Informationen: www.aberdeenshire.gov.uk

Anreise: Aberdeen besitzt eine sehr bequeme Verbindung mit der deutschen Lufthansa dreimal am Tag nach Frankfurt. Die Anfahrt zum größten Flughafen des Landes erfolgt mit der Bahn von allen Bahnhöfen im Bundesgebiet zum Standardpreis von EUR 58 für eine Rückfahrtticket. Am Flughafen Aberdeen sind alle großen Mietwagenfirmen vertreten. Die drittgrößte Stadt Schottlands liegt nur 45 Minuten vom Herzen der Royal Deeside rund um Ballater und Banchory entfernt.

Unterkunft: Marcliffe Hotel: luxuriöses und elegantes Haus am Westrand Aberdeens mit hervorragendem Restaurant

Raemoir House: kleines Herrenhaus Hotel mit zauberhaftem Landschaftsgarten bei Banchory

Westport Apartments: luxuriöse Selbstversorger-Unterkunft mit Hotelservice in Dundee, ebenfalls nur 45 Minuten Fahrt von der Royal Deeside entfernt.

Aktivitäten in der Natur: Alle möglichen Arten von Freizeitbetätigungen offeriert Scotsport

Buchtipp: Ulrike Katrin Peters, Karsten-Thilo Raab: Oh, diese Briten, Conrad Stein Verlag, ISBN 978-3-8668-6800-7. Der Titel ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag erhältlich.


{google_map}Edinburg{/google_map}

Weitere spannende Beiträge zu Schottland: