Nicht jedemanns Geschmack: Urlaub mit Biss

Urlaub, die schönste Zeit des Jahres! Seele baumeln lassen, die Sorgen Sorgen sein lassen, Küche Küche sein lassen. Ach, du herrliche Sommerzeit. Da sitzt das Geld locker, da ist die Laune spitze, da geht man offen auf die Einheimischen zu. Man hat mal wieder Zeit, sich mit seinen Liebsten zu unterhalten. „Jetzt fehlt nur noch, dass sich in Deiner Suppe ein Schamhaar kringelt“, neckt mich die Frau, die mir die Welt erklärt, und legt tröstend ihren Kopf schief und gleichzeitig ihre Hand zärtlich auf meinen Arm. Wie es zu solch einem zwischenmenschlichen Dialog nur kommen mag, fragen Sie sich? Vorgeschichte = Leidensgeschichte! Ort des Geschehens: Eine namenlos Feriendestination in der deutschen Nordsee, genauer gesagt in Ostfriesland. Eine Insel deren Name wie das Nummerschild des Zollgrenzbezirks Borken beginnt, und mit „kum“ wie „Kummer“ endet.

Konsumlaune. Eine-Ach-heute-Mittag-musst-Du-nicht-kochen-wir-speisen-im-Bauhernhofcafe-Einladung. Spezialität des Hauses: Milchreis. Erster Eindruck: Mmh! Cremig! Zweiter Löffel, dritter Haps: „Mhjäähääää-hä-hä?“ Etwas hartes, spitzes gehört da doch gar nicht rein?! — Ich sage Ihnen, es gibt kaum etwas Entwürdigenderes, als sich vor dem Anblick der versammelten Familie etwas von der Zunge zu pulen, das von lauter Sahnemilchreis eingeschleimt ist. Siehe da! Ein Fingernagel! Nicht abgekaut, nicht abgezupft – konzentriert rundum mit einem klaren Schnitt abgetrennt. Leichtes Würgen. Zaghafter Versuch der Frau, die mir die Welt erklärt, mir das sichelförmige Gebilde als „etwas größeres Reiskorn“ zu verkaufen. „Neeein“, aus der Küche könne das garantiert nicht stammen,  erklärt uns das sehr freundliche Servierfräulein.

Na, ob sie meint, wir hätten selber…? Sei es drum. Zurück zum Urlaub. Unliebsames Erlebnis abgeschüttelt.  Es gibt ja noch die berühmten Strandbuden mit ihren noch berühmteren Quarkdesserts. Dort wollen wir dieses unschöne Erlebnis mit Biss hinter uns lassen – und zwar mit einem leckeren Quarkdessert mit Erdbeeren. Ein Biss,  dann: piiiieks! Ein daumennagelgroßer Plastikverschluss in Tarnfarbe weiß. Wirt: „Jau, näh, wir kriegen datt hier ja man in so großen Plastikpötten angeliefert, da kann datt schon mal passieren, min Jung, nö?“.

Sie ahnen es: Am Tag der Abreise wage ich es endlich wieder, in öffentlichen Speisegaststätten etwas zu konsumieren. „Einen Tee, bitte“, sage ich tapfer – blicke auf das bald heranschwebende Tablett und entdecke im Kandisschälchen… ein gekräuseltes… siehe oben… Wie soll ich es sagen? Irgendwie trifft die Insel doch nicht meinen Geschmack.