Manch einer glaubt doppelt zu sehen, wenn er durch die Cannery Row, die berühmte Prachtstraße im kalifornischen Monterey, schlendert. Das leuchtet das Haupt von John Steinbeck im Schatten von Palmen in der Sonne. Und keine 20 Meter Luftlinie entfernt thront ein und derselbe Literaturnobelpreisträger auf einem Felsen und wendet den Wellen des Pazifiks den Rücken zu. Dabei hat der berühmte Autor, der 1902 unweit von Monterey in Salinas das Licht der Welt erblickte, bereits 1968 das Zeitliche gesegnet. Geblieben ist die bis heute große Verehrung für den Schreibkünstler, der dem einstigen Fischernest bereits 1945 mit seinem Roman Die Straße der Ölsardinen (Englisch: Cannery Row) ein literarisches Denkmal setzte. In 32 Kapiteln entführt Steinbeck dabei in das Monterey der 1920er und -30er Jahre, wo sich entlang der Cannery Row zahlreiche Ölsardinen-Fabriken befanden.
Stadtbildprägende Fabrikgebäude
Noch heute dominieren die einstigen Gebäude der lange Zeit bedeutenden Fischindustrie das Straßenbild. Die meist hölzernen Fabrik- und Lagerbauten an beiden Seiten der Küstenstraße sind mit komplett holzvertäfelten Brücken, in denen ab 1895 die Fische und Konserven wetterunabhängig transportiert worden sind, überspannt.
„Zu Spitzenzeiten wurden hier jährlich 1,4 Millionen Sardinen-Büchsen produziert“, weiß Stadtführerin Diane C. Mandeville, die sich auch im Marketing für die Cannery Row engagiert, zu berichten. Gleichzeitig verweist sie auf die Tatsache, dass der Boom nur knapp ein halbes Jahrhundert halten sollte. Denn infolge der Überfischung verschwand die Fischindustrie an der Monterey Bay bis nahezu 1950 komplett. Geblieben sind die schmucken Gebäude, in denen heute Restaurants, Bars, Hotels, Galerien, Boutiquen und Souvenirläden zu finden sind. Und mittendrin thront der doppelte Literaturnobelpreisträger John Steinbeck auf den Denkmälern an der nach ihm benannten Plaza.
Grandioses Aquarium direkt am Pazifik
Derweil hat sich eine ehemalige Ölsardinenfabrik am nördlichen Ende der Cannery Row zum mittlerweile größten Besuchermagneten in Monterey gemausert. Seit 1984 tummeln sich dort, wo lange Jahre Sardinien verarbeitet wurde, 40.000 Fisch- und Vogelarten, Krustentiere und Seehunde, farbenfrohe Tiere und solche in Tarnfarben. Sie alle tummeln sich in mehr als 200 Becken, von denen das größte vier Millionen Liter Wasser fasst.
Im Monterey Bay Aquarium können kleine und große Ozeanfans den weltgrößten Oktopus bestaunen oder mit Rochen und anderen Meerestieren auf Tuchfühlung gehen. Zudem arbeitet das Aquarium in einer kleinen Live-Show das entbehrungsreiche Leben der Sardinenfischer an der Monterey Bay auf.
Killerwale vor der Haustür
„Und direkt vor der Tür des Aquariums lassen sich nicht selten riesige Buckel- und Killerwale sowie Haie und Delfine in freier Wildbahn beobachten“, schwärmt Cindy Hyatt vom Monterey Bay Aquarium von der exponierten Lage ihres Arbeitgebers. Gleichzeitig rührt sich die Werbetrommel für das hauseigene Restaurant, das nicht nur einen grandiosen Blick über die weite Pazifik-Bucht eröffnet, sondern auch mit einem nachhaltigen Konzept besticht:
Unter der Leitung von Küchenchef Matthew Beaudin kommen hier ausschließlich saisonale Bio-Produkte aus Monterey und der Umgebung auf den Teller. Alle Gerichte werden hier „Farm-to-table“ serviert – also ganz ohne künstliche Konservierungs- oder Zusatzstoffe. Feinste Meeresfrüchte sowie verschiedene Gerichte aus Gemüse, Reis, Fleisch und Fisch können außerdem nach individuellem Geschmack zusammengestellt werden.
Ehemalige kalifornische Hauptstadt
Wem der Sinn mehr nach einer süßen Stärkung steht, der sollte sich klassisch Waffeln und Pancakes im Old Monterey Café oder im Paris Bakery Café gönnen. Schließlich gibt es in der 28.000-Seelen-Gemeinde noch mehr zu entdecken, war das geschichtsträchtige Monterey doch kalifornische Hauptstadt zwischen 1777 und 1848.
Allein entlang des zweieinhalb Kilometer langen Geschichtspfads, dem Path of History, finden sich gut 50 historische Bauwerke. Darunter mit der Colton Hall jener Ort, an dem die erste kalifornische Verfassung aufgestellt wurde, während an der Custom House Plaza nach dem Anschluss an die Vereinigten Staaten erstmals das Star-Spangled Banner, das US-Sternenbanner, gehisst wurde.
Tummelplatz namhafter Persönlichkeiten
Das Custom House selber beheimatet inzwischen das Dali17 Museum, das wegen eines Urheberrechtsstreits aktuell allerdings geschlossen ist. Gezeigt werden hier mehr als 500 Arbeiten des spanischen Surrealisten Salvador Dali, der sich zwischen 1941 to 1948 wiederholt für Wochen in Monterey aufhielt, um sich von der Stimmung in diesem von der Sonne verwöhnten Teil Kaliforniens inspirieren zu lassen. Ebenso wie es schon Robert Louis Stevenson, Autor von Die Schatzinsel, der 1879 hier zu Gast war, tat. Derweil arbeitet das Pacific House Museum die kalifornische Geschichte auf und präsentiert zahlreiche indianische Artefakte.
Während der kleine Strand am Rande der Cannery Row eher unspektakulär anmutet, startet am Stadtrand der berühmte 17-Mile Drive. Die Panoramastraße, die Monterey über knapp 25 Kilometer mit Carmel-by-the-Sea verbindet, ist nahezu unverbaut und weist mehrere romantische Aussichtspunkte auf – ideale Stopps, um bei einem Gläschen kalifornischen Wein im Sonnenuntergang in John Steinbecks Straße der Ölsardinen zu blättern und noch einmal gedanklich in die amüsant dargestellte Vergangenheit der Cannery Row und von Monterey abzutauchen. Weitere Informationen unter www.seemonterey.com und www.sanjose.org/listings/cannery-row.