Melbourne – wo das Leben entspannt pulsiert

Äußerst lebens- und liebenswert: die australische Millionenmetropole Melbourne.
Äußerst lebens- und liebenswert: die australische Millionenmetropole Melbourne.

Was für eine Schnapsidee! Und ich konnte niemand anderem dafür einen Vorwurf machen. Nur mir. Denn es war ja meine Idee. Ich selbst hatte für unser Stopover in Melbourne nur zwei Tage eingeplant. Bevor Anna und ich in Richtung ­Südosten aufbrachen, zu unserer Tour durch den Bundesstaat Victoria.

Nur 48 Stunden. Für Melbourne, Australiens zweitgrößte Stadt. Eine Metropole, die nur so pulsiert vor ­Leben. Ich weiß, Nick Nolte und Eddie Murphy haben es in der besagten Zeitspanne sogar geschafft, eine ­ganze Bande von Schwerverbrechern zur Strecke zu bringen. Aber das war ja auch Hollywood. Was also tun?

Die Wahrzeichen von Melbourne: die historische City Circle Tram und die Flinders Street Station.
Die Wahrzeichen von Melbourne: die historische City Circle Tram und die Flinders Street Station.

„Wenn du es ganz eilig hast, ist es das Wichtigste, die Ruhe zu bewahren“, hatte mir mein Großvater immer geraten. Hektik sei eher kontraproduktiv, meinte er. Okay, lassen wir es also ­ruhig angehen. Genau so relaxed wie die Melburnians. „Wie wäre es mit ­einem entspannten Frühstück?“, ­schlage ich vor. Und Anna ist sofort dabei.

Es gibt in Melbourne kaum einen besseren Ort für ein Frühstück als die City Laneways. Diese kleinen Gassen dienten früher als Hintereingänge zu den Gebäuden an den Hauptstraßen. Heute sind sie zum Teil überdacht, haben sich zu einem echten Szeneviertel entwickelt. Gemütlich schlendern Anna und ich über den Center Place, durch die Royal Arcade, Hardware Lane und Degraves Street – vorbei an kunstvollen Graffitis, Leuchtreklamen, Kneipenschildern, Boutiquen, Trödel­läden, Galerien und Bars. Annas Augen strahlen vor Begeisterung. Es fällt ihr schwer, sich für eines der ­vielen Cafés zu entscheiden. Und dort gibt es Pfannkuchen zum Frühstück.

Die City Laneways muten fast schon ein wenig italienisch-lässig an.
Die City Laneways muten fast schon ein wenig italienisch-lässig an.

Gestärkt ziehen wir weiter, starten eine Sightseeing-Tour der besonderen Art. Wir fahren mit der Linie 35 der City Circle Tram, der weinroten nostal­gischen Straßenbahn, quasi einmal im Kreis. Kostenlos. Vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt, zum Beispiel am Parlament, am Princess Theatre oder am Melbourne Aquarium, wo man in Glastunneln unter ­gigantischen Wasserbecken ausgewachsenen Haien und Mantas direkt in die Augen blicken kann.

Nach einem kleinen Spaziergang am Yarra River erreichen wir South Bank und den Eureka Tower. Ein wirklich eindrucksvolles Bauwerk. In nur 40 Sekunden katapultiert uns einer der superschnellen Aufzüge ins 88. Stockwerk des Wolkenkratzers, wo uns das Skydeck erwartet – mit seinen 280 ­Metern die höchste Aussichtsplattform der südlichen Hemisphäre. Und der absolute Hit: The Edge, ein ausfahr­barer Glaskasten mit durchsichtigem Boden. Der Adrenalin-Kick ist enorm, der freie Blick nach allen Seiten – auch in die Tiefe – natürlich sensationell.

Herrlich nostalgisch und doch überaus einaldend: der Queen Victoria Market.
Herrlich nostalgisch und doch überaus einaldend: der Queen Victoria Market.

Ehrlich gesagt: Nach diesem Erlebnis braucht man eine Weile, um wieder Bodenhaftung zu bekommen. Nicht nur physisch, auch mental. Als Kon­trastprogramm schlage ich Anna einen Museumsbesuch vor. „Ist das dein Ernst? Bei diesem schönen Wetter?“ Mein Schatz ist von meiner Idee nicht überzeugt. Aber das ändert sich.

Seit mehr als 200 Jahren kommen Menschen aus der ganzen Welt nach Australien und auch nach Melbourne. Die einen suchen Arbeit, ein besseres Leben. Andere fliehen vor Krieg und Verfolgung in ihrer Heimat. Das Immigration Museum im Old Customs House erzählt ihre Geschichten und Schicksale. Und wird dabei auch persönlich, dokumentiert die Träume, Leistungen und Enttäuschungen Einzelner und ganzer Familien, die sich seit Anfang des 19. Jahrhunderts bis heute in Victoria niedergelassen haben. Eine sehr bewegende Dokumentation.

Bei Ballonfahrten lässt sich ein ganz besonderer Blick auf Melbourne werfen.
Bei Ballonfahrten lässt sich ein ganz besonderer Blick auf Melbourne werfen.

Zeit, eine Kleinigkeit zu essen. Und auch in dieser Hinsicht überlässt Melbourne einem die Qual der Wahl. Hier sind alle Küchen der Welt zu Hause, zaubern neue, leckere Kombinationen auf den Teller. Mehrfach ausgezeichnet ist zum Beispiel das In-Restaurant „Cumulus Inc.“ Für den kleinen Hunger empfiehlt sich die Tapasbar „MoVida“. „Chin Chin“ ist ein super Asiate. Im „Gingerboy“ bestimmen thailändische und malayische Gerichte die Speisekarte. Und das originelle „Section 8“ besteht nur aus zwei Übersee-Containern auf einem Parkplatz.

Rundumblick auf den Federation Square.
Rundumblick auf den Federation Square.

Nein, wir machen etwas ganz anderes, gehen auf den Markt. Frischer Fisch, Gewürze aus aller Welt, austra­lische Delikatessen, erlesene Weine – im 1878 eröffneten Queen Victoria Market, dem größten seiner Art in diesem Teil der Welt, kaufen die Mel­burnians ein, wenn es etwas Gutes sein soll. Und in den Küchen am ­Rande des Markts kommen die Leckereien vieler Stände gleich auf den Tisch. Ein großer Genuss in toller Atmosphäre.

Allerdings: Neben Lebensmitteln ­werden in dem historischen Marktgebäude auch Kunsthandwerk, Didgeridoos und andere Souvenirs angeboten. Es dauert also etwas, bis sich mein Schatz vom Queen Victoria Market wieder verabschieden kann …
Mittlerweile bietet sich ein kurzer Boxenstopp im Hotel an, um Annas Einkäufe dort zu deponieren. Dafür packen wir unsere Badesachen in eine Tasche und fahren an den Strand. Wieder mit der Straßenbahn. Nach ­St. Kilda. Inklusive hop-off hop-on ­unterwegs – um einen schönen Spaziergang durch die Royal Botanic Gardens zu machen. Und dann bummeln wir schließlich über die Strandpromenade von St. Kilda, trinken irgendwo einen Latte Macchiato und freuen uns darüber, wie gut wir es haben.

Traumhaft schön nicht nur im Abendlicht: der Vorort St. Kilda.
Traumhaft schön nicht nur im Abendlicht: der Vorort St. Kilda.

Melbourne, Tag zwei. Anna und ich beschließen, uns die Stadt heute von Insidern präsentieren zu lassen. Das Angebot an geführten Touren ist – man ahnt es bereits – enorm groß. Wir könnten z.B. die Melbourne Sports Tour machen. Ein kurzer Blickwechsel zwischen Anna und mir genügt: Einvernehmliches Kopfschütteln. Unser Interesse an Rugby oder Cricket ist doch recht begrenzt. Oder wie wäre es mit dem Melbourne River Cruise? Och nö, das haut uns als hanseatische Hafenstadt-Bewohner auch nicht so vom Hocker. Ein Helikopter-Rundflug vielleicht? Schnell abgehakt. Würde unsere Reisekasse überstrapazieren.

Aber dann haben wir es! Anna bekommt beim Programm der Hidden Secrets Tour sofort glänzende Augen. Ein Einkaufsbummel mit Locals, die Besucher zu den angesagten Läden und Boutiquen der Stadt führen – yes, that‘s it! Und ich? Schwinge mich aufs Rad, entdecke auf der Real Melbourne Bike Tour in einer kleinen, netten Gruppe vier Stunden lang das etwas andere Melbourne. Unsere Stationen: u.a. ein Laden mit 15.000 Koch­büchern und eine Brauerei …

Stadtbildprägend: der Yarra River.
Stadtbildprägend: der Yarra River.

Als Anna und ich uns am Nachmittag wieder treffen, sprudeln die gesammelten Eindrücke nur so aus uns heraus. „Wir müssen unbedingt noch mal nach Melbourne kommen.“ – „Ganz sicher.“ – „Und mehr Zeit mitbringen.“ – „Ja, wir haben es gar nicht ins Melbourne ­Museum geschafft. Es ist immerhin das größte auf diesem Kontinent.“ – „Und in diesem angesagten Stadtteil waren wir auch nicht. Wie heißt er noch gleich?“ – „Fitzroy.“ Und so geht es noch eine ­ganze Weile weiter …

Weitere Informationen: german.visitmelbourne.com

Beste Reisezeit: Die Jahreszeiten verlaufen entgegengesetzt zu unseren: Von Juni bis August ist Wintert, von Dezember bis März ist Sommer.

Klima: Gemäßigt. Auch im Sommer ist es mit Temperaturen im Mittel um 25 Grad Celsius sehr angenehm.

Zeitzone: MEZ plus acht bis zehn Stunden.

Hippe Restaurants - wie hier Madame Brussels Rooftop Bar- finden sich in Melbourne an jeder Ecke.
Hippe Restaurants – wie hier Madame Brussels Rooftop Bar- finden sich in Melbourne an jeder Ecke.

Sprache: Englisch.

Geld: Australischer Dollar. 1 EUR = 1,37 AUD.

Dokumente: Gültiger Reisepass. Vor Reiseantritt muss ein Visum beantragt werden. Unter www.immi.gov.au/ kann man im Internet kostenfrei die Elektronische Einreisegenehmigung (ETA) einholen.

Essen & Trinken: Melbourne ist ein Schmelztiegel der Kulturen. In den Restaurants serviert man vorwiegend internationale Küche von italienischer Pizza und Pasta, über englische Puddings und Pasteten bis hinzu Sushi und Bratwurst. Beliebt ist das Barbecue. Es gibt eigentlich keine typisch australische Küche. Lediglich in der Küche der Aborigines werden ausschließlich australische Produkte verwendet – z.B. Pflanzen, die im Busch wachsen wie Bush-Tomaten, Buschpflaumen dazu Fleisch von Emus, Kängurus und dicke Witchetty-Maden. An den Küsten frischer Fisch. Dazu
unbedingt australischen Wein bestellen.

Eine der vielen kulturellen Drehscheiben der Stadt: das Regent Theatre in Collins Street. (Fotos Tourism Victoria)
Eine der vielen kulturellen Drehscheiben der Stadt: das Regent Theatre in Collins Street. (Fotos Tourism Victoria)

Restaurants: Frischen Fisch gibt es in der „Melbourne Oyster Bar“, 209 King Street.

Sehenswert: Eureka Tower (höchster Wohnblock der Welt); Federation Square; Royal Botanic Gardens, Royal Exhibition Building (Messehalle von 1880 ist UNESCO-Welterbe) in den Carlton Gardens; Crown Entertainment Complex (Kinos, Restaurants, Shops); das Künstlerviertel Fitzroy; Docklands; Chinatown.

Unbedingt machen: Mit der City Circle Tram fahren, vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten. Beachfeeling in St. Kilda genießen, Pinguine auf Phillip Island und Wale in Warrnambool beobachten.


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