Medellin – mehr als nur Kaffee und Kunst

Medellin
Rund um das kolumbianische Medellin warten immer wieder auch kuriose Fotomotive. – Foto: Honza Klein

Beim Klang so manches Stadtnamens, kommt man automatisch auf eine Assoziation. Liebe – Paris, Rio – Carneval, New York – Wall Street, Venedig – Romantik… nun ja da gibt es sicherlich noch einige. Und wie ist es mit dem kolumbianischen Medellin? Kartell und Drogen sind da sicherlich zwei Worte, die den meisten einfallen. Gut eine Flugstunde von Bogota entfernt liegt die Stadt des ewigen Frühlings, wie Kolumbianer die Metropole nennen. Zwischen 1.600 und 1.800 Metern Höhe zieht sich die Stadt im Tal des Medellin Rivers umgeben von Bergen hin.

Medellin
In den vielen kleinen Straßencafés herrscht Hochbetrieb. – Foto-Honza Klein

Ein beeindruckender Anblick, wenn man vom neuen Flughafen über die Berge kommend in die Stadt einfährt. Ein gigantisches Lichtermeer. So hat man das nicht erwartet. Vorbei an edlen Wohnanlagen, Shoppingcentern geht es ins moderne Zentrum. Gerade am Wochenende bemerkt man in einigen Vierteln dabei das pulsierende Nachtleben. Zahlreiche Discotheken und Klubs, Restaurants und Bars ziehen Gäste an.

Einstiges kriminelles Sorgenkind

Im wahrsten Sinne des Wortes große Botero-Kunst. – Foto: Honza Klein

War Medellin in den 1980er Jahren die Stadt mit einer der höchsten Mordraten der Welt und als Hauptstadt des Drogenhandels bekannt, ist die Stadt inzwischen eines der sichersten Reiseziele Kolumbiens. Von der Warnung von den üblichen und wohl in jeder Großstadt vorhandenen Taschendieben gerade im belebten Zentrum mal abgesehen.

An der Plaza Botero reiht sich Skulptur an Skulptur. – Foto: Honza Klein

Doch vor allem das Zentrum Medellin bietet wohl eine der größten (und das ist nicht nur der Anzahl der Exponate geschuldet) Skulpturenausstellungen der Welt. Medellin ist die Geburtsstadt des Malers und Bildhauers Fernando Botero. An der Plazoleta des Esculturas stehen 23 seiner überdimensionalen Skulpturen, was dem Platz auch den Namen Plaza Botero eingebracht hat. Doch auch an anderen Orten der Stadt findet man Arbeiten des im September 2023 verstorbenen Künstlers.

Eine Stadt erfindet sich neu

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Der Botero-Kunst kann sich in Medellin niemand entziehen. – Foto: Honza Klein

Gut zu erreichen ist das Zentrum übrigens mit der modernen Metro. Sie zieht sich über mehr als 20 Kilometer durchs Tal und ist die einzige ihrer Art in ganz Kolumbien. Dies und noch einige andere in den vergangen Jahren durchgeführten Erneuerungen in der Stadt (neue Bibliothek, neues Verkehrskonzept etc.) brachten der Stadt den vom Wall Street Journal vergebenen Titel „Most innovated City“ ein.

Die Seilbahn ist für Medellin heute unverzichtbar. – Foto: Honza Klein

Nun gut, wenn man mehr oder weniger vom Niveau Null oder weniger kommt, ist dies sicherlich eine relativierbare Auszeichnung. Beschreibt doch aber die Wandlung, die die Stadt seit dem Tod von Drogenboss Pablo Escobar 1993 durchläuft. Auf seinen Spuren gibt es schaurige Stadtführungen.

Arvi – grüne Lunge von Medellin

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Der Parque Arvi ist immer einen Besuch wert. – Foto: Honza Klein

Einen eher gemächlichen Ausblick auf die 2,5 Millionen Einwohner zählende Stadt hat man bei einer Fahrt mit der von der Metro abzweigenden Seilbahn. Sie wurde zum einen angelegt, um die Armenviertel besser mit der Stadt zu verbinden und man erreicht den über der Stadt gelegenen Park Arvi.

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Die abendlichen Lichtinstallationen sorgen für eine stimmungsvolle Atmosphäre. – Foto: Honza Klein

Ein ausgedehntes Naturschutzgebiet mit Seen und Wanderwegen, einem Hotel und einem sehenswerten Schmetterlingshaus. Ein schöner Kontrast zur Großstadt. Diese ist besonders in der Weihnachtszeit ein Anziehungspunkt für Gäste aus dem ganzen Land. Wer schon immer einmal wissen wollte, wie Weihnachtsbeleuchtung richtig geht, sollte Medellin im Dezember besuchen. Über fast zwei  Kilometer ist der Medellin River mit Lichterketten und verschiedenen Lichtobjekten (Schiffe, Fische…) überspannt und dekoriert. Mehr als 800 Kilometer Lichtschläuche mit etwa 30 Millionen Lampen werden dafür Jahr für Jahr ausgerollt. Abend für Abend ein beeindruckender Anblick.

Heimat des Kaffees

Kaffeebauer Luis Eduardo Zapata ist mit Freude bei der Arbeit. – Foto: Honza Klein

Hinaus ins Umland. Etwa ins gut 100 Kilometer entfernte Jardin. Wobei 100 Kilometer in dieser Region gut drei Stunden Autofahrt bedeuten. Keine besonders gute Straße und die Berglandschaft sorgen für diese Fahrzeit. Es geht in eine Gegend, die Kolumbiens Wirtschaft bestimmt. „Wir sind nur wegen des Kaffees ein Land“, erzählt Luis Eduardo Zapata.

Kaffee ist das wichtigste landwirtschaftliche Produkt der Region. – Foto: Honza Klein

Der alte Herr betreibt in den Bergen unweit der Hauptstraße ein kleines Hotel und pflanzt Kaffee. Seit mehr als 200 Jahren macht seine Familie das. Sehr traditionell, alles in Handarbeit. Wer möchte kann bei ihm seinen eigenen Kaffeestrauch setzen und in gut drei Jahren wieder kommen, um die ersten eigenen Bohnen zu ernten. Bis dahin zelebriert der alte Herr die Zubereitung des Getränks und man muss schon schmunzeln, wie er sich für Touristen ein wenig klischeehaft aber liebenswürdig kleidet. Bei ihm fehlt dann auch nicht der Aquardiente, ein mit Ouzo oder Pernod zu vergleichendem Getränk.

Buntes Treiben in Jardin

Auch architektonisch hat die Region rund um Medellin einiges zu bieten. – Foto: Honza Klein

In Jardin angekommen, steht bei vielen Gästen in einer der vielen Bars rings um den Marktplatz eine Flasche des Getränks auf dem Tisch. Ein liebenswürdiger Ort, der fast wie eine Filmkulisse wirkt. Wären da nicht die erwähnten vielen Bars aus denen Musik hallt, dutzende Menschen dafür, manchen reiten einfach mit ihrem Pferd zum Bestellen, auf dem Platz bieten Händler das Obst der Region und allerlei Garküchen laden zu probieren. Farbenfroh reihen sich die Häuser um den Platz. Lateinamerika wie aus dem Bilderbuch.

Manch einer kommt hoch zu Ross zum Einkauf. – Foto: Honza Klein

Erst weit, weit nach Mitternacht zieht ein wenig Ruhe ein. Ein Bier kostet etwa einen Euro, der Kaffee am Markt 40 Cent. Überall in der Umgegend sieht man die Sträucher. Oft an steilen Hängen, wo man sich kaum vorstellen kann, wie dort jemals geerntet werden soll. Eine Kooperative kümmert sich um die Vermarktung der Ernte. So kommen auch die Bohnen für Nespresso aus dieser Gegend. Nun weiß man, dass ein Kilo Nespresso etwa 80 Euro kostet, wenn man es mit der Menge vergleicht, die ein Kilo Bohnen ergibt. 2,50 bis 3 Euro bekommen die Bauern für ein Kilo.

Zwischen Wasserfall und Höhle

Spektakulär ist der Wasserfall am Cueva del Esplendor. – Foto: Honza Klein

Unweit von Jardin erstreckt sich dann ungestüme Berglandschaft. Von dort hat man einen guten Ausblick auf Jardin und kann mit dem Pferd oder Muli zur Cueva del Esplendor gelangen. Mitten im Bergwald gelegen, stapft man auf einem Wanderweg zu einer Höhle in deren Mitte ein Fluss die Decke durchstoßen hat und nun als Wasserfall ins Innere stürzt.

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…und ab und an scheint die Zeit still zu stehen. – Foto: Honza Klein

Ein beeindruckender Anblick und ein lautes Spektakel. Allerdings ist die Tour nicht ganz einfach. Wanderwege sind kaum ausgebaut, überhaupt ist eine touristische Infrastruktur kaum vorhanden. Zudem kann gerade auf dem Land fast niemand Englisch. Ein wenig Spanischkenntnisse oder zumindest ein gutes Übersetzungsprogramm auf dem Smartphone sind also hilfreich. Kein Wunder dass der Tourismus da noch sehr in den Kinderschuhen steckt. Potential indes hat die Region um Medellin.


Die Recherche fand auf Einladung/mit Unterstützung von Columbia Travel statt.