Vielleicht ist es die Gier, vielleicht der Hang zum Perfektionismus. Fakt ist, einige wollen immer aufs Ganze gehen, geben sich mit Teilerfolgen nicht zufrieden. Anders Hartmut Mehdorn, der sich nun aufschwingt, zum König der kleinen Schritte zu avancieren. Der neue Chef am Problemflughafen BER setzt nicht mehr alles auf eine Karte, sondern kündigte jüngst an, den Berliner Großflughafen nun in Teiletappen eröffnen zu wollen. Was durchaus Sinn macht.
Bei der Tour de France etwa gibt es ja auch verschiedene Etappen. Und nach jeder absolvierten Etappe wird ein Sieger gekürt. Der Willy-Brandt-Flughafen ist demnach so etwas wie die Tour de France unter den Airports. Auch hier läuft ein Rennen gegen die Zeit. Und auch hier dürfte am Ende eine Rekordzeit herauskommen. Keine Bestzeit wohl gemerkt, sondern eine neue Höchstleistung im Schneckentempobau.
Um offenbar nicht komplett als Versager dazustehen, entwickelte Mehdorn nun die Idee der Teileröffnungen. Kritiker sind mit Blick auf die Pläne eher skeptisch, halten Teileröffnungen für so etwas wie „ein bisschen schwanger“. Vielleicht liegt es auch daran, dass ihnen schlicht die Phantasie fehlt, wie eine häppchenweise Flughafeneröffnung vor sich gehen soll.
Als Erstes öffnen sich wahrscheinlich einige Türen am Flughafen Berlin Brandenburg. Was nicht nur ein feierlicher Moment ist, sondern auch den Handwerkern irgendwie den Zugang erleichtern und somit den Bau beschleunigen könnte. Als nächstes wird dann vermutlich ein Gepäckband in Betrieb genommen. Auch dies käme den Arbeitern entgegen. Schließlich könnte sie so selber schneller von einem Ende des Flughafens zum anderen gelangen und gleichzeitig die benötigten Baumaterialien hinter sich herfahren lassen.
Offen ist noch, ob zuerst eine Start- oder Landebahn eröffnet werden soll. Womit Mehdorn sich auch der Frage nach dem Huhn und dem Ei stellt. Denn wenn keine Maschine in BER landet, kann auch keine abheben. Was wiederum der Normalzustand seit dem Baubeginn im Jahre 2006 ist. Plötzlich hier Flieger starten und landen zu lassen, könnte zudem für massive Beschwerden unter den Anwohnern entlang der designierten Flugrouten sorgen.
So gesehen wäre Mehdorn gut beraten, statt den Start- und Landebahnen die gastronomischen Bereiche öffnen zu lassen. Das wäre doppelt praktisch: Dann bräuchte er den Sekt für seine permanente Feierlaune nicht selber mitbringen und könnte den Großflughafen als größte Partymeile im Süden Berlins freigeben. Was irgendwie abgehoben wäre. Und schon würden sich alle fragen, wofür man so einen Flughafen überhaupt noch braucht?
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.