Kario – Ägyptens kultureller Schmelztiegel

Kairo
Faszinierender Blick auf die Millionenstadt Kairo. – Foto: Susanne Timmann

Und schon donnert der nächste weiße, klapprige VW-Bus über die mit hellem Wüstensand eingestaubte Straße im Zentrum von Kairo. Einige Schlaglöcher schütteln die einheimischen Händler, wie den 54-jährigen Sefu, ordentlich durcheinander. Dieser ist die holprige und meist sehr zeitaufwändige Fahrt durch die ägyptische Hauptstadt mit ihren Millionen Einwohnern in Richtung des berühmten Khan-al-Khalili Marktes gewohnt. Gleichmütig zieht er seine dunkelblaue Dschallabija, das traditionelle Gewand der Ägypter, um die Nase, damit er den feinen Wüstensand, der sich häufig in der Luft befindet, nicht durch die geöffneten Fenster einatmet. Nach einiger Zeit wird der mit 6.671 Kilometern längste Fluss Afrikas, der Nil, überquert.

Kairo
Wie schon vor Jahrzehnten beliebt, sind die weißen VW-Busse. – Foto: Susanne Timmann

Mit wildem Gehupe erreicht das uralte Gefährt einige Zeit später den Eingang des Khan-al-Khalili Marktes. Hier treffen der bunte, lebendige Orient und die Besucher aus dem geruhsamen, strukturierten Okzident aufeinander. Sefu schnappt sich seinen großen, aus Ziegenleder genähten Lederbeutel und springt elanvoll aus dem Bus. Der frühe Morgen mit dem obligatorischen Sonnenschein verspricht – in schā‘ Allāh – ein gutes Geschäft. Sicherlich wird sich der eine oder andere Tourist für seine aus Zedernholz geschnitzten, wohl riechenden Kamele, Elefanten und Pyramiden erwärmen.

Reges Treiben im Khan-al-Khalili Markt

Geschäftiges Treiben herrscht tagein, tagaus im Khan-al-Khalili Markt. – Foto: Susanne Timmann

Schon früh am Morgen durchzieht der Geruch von Rauch aus offenen Feuern die engen Marktgassen. Der Duft des frisch gebackenen Fladenbrots Aisch Baladi kitzelt genüsslich in der Nase. Auch sehr süße Backwaren, wie Baklava finden ihren Weg auf die hölzernen Auslagen der Bäcker. Frauen in ihren schwarzen, langen Kleidern, die Haare mit einem Kopftuch bedeckt, warten mit ihren ungeduldigen Kinder in einer langen Schlange vor den einfachen Bäckereien. Die Kleinen hoffen sicherlich, ein Stückchen Baklava abzubekommen. Rund um die Brotbäcker finden sich die Getränkehändler ein und bieten das Nationalgetränk „Chai“, den schwarzen Tee mit Minze, sehr stark gesüßt an. Selbst hier lohnt es sich für die genigten Touristen zu handeln, um nicht Unsummen für den einfachen Durstlöscher hinblättern zu müssen.

Herrlich duftende Entspannung – frischer Kaffee auf dem Khan-al-Khalili Markt. – Foto: Susanne Timmann

Auch der Taxifahrer Achmed, in seiner dunkelblauen, leicht verwaschenen Dschallabija, der seinen betagten dunkelgrünen Mercedes schon seit Jahrzehnten über die anspruchsvollen Straßen Kairos chauffiert, beginnt die Preisverhandlungen gerne beim mindestens doppelten Betrag. Freundlich lächelt er aus seinem dunklen, mit Falten überzogenen Gesicht die potenziellen Fahrgäste an. Ein Lächeln gehört zum Handwerk des Handelns und jeder ist ja schließlich seines Glückes Schmieds.

Moscheen prägen das Stadtbild in Kairo

Die Muhammad-Ali-Moschee auf dem Weg zum Markt Khan-al-Khalili. – Foto: Susanne Timmann

Nach einigem Hin und Her wird die abgenutzte Hintertür des schon fast historischen Gefährts geöffnet und der Fahrt in Richtung der weltweit berühmten Pyramiden von Gizeh steht nichts mehr im Wege. In der Rush-Hour sollte viel Zeit einkalkuliert werden – oft unendliche Autoschlangen quälen sich dann Stoßstange an Stoßstange durch die Stadt.

Das trockene Klima schützt vor Rost

Auch glücklich und mehr oder weniger fahrtüchtig ohne deutschen TÜV. – Foto: – Susanne Timmann

So einigermaßen bequem aus dem Taxi heraus lässt sich das einheimische Leben gut beobachten. Oft scheint es, dass die Zeit stehen geblieben ist. Einfache Häuser, nicht selten über Jahre hinweg noch nicht ganz fertiggestellt, säumen den Wegesrand. Und keiner wundert sich, wenn plötzlich der erfahrene Schafhirte mit seinen mehreren Dutzend blöckenden Wollknäuel die mehrspurige Straße überquert. Auch ein aufgebrachtes, lautes Gehupe der eiligen Autofahrer lässt die Schafe erst mal kalt. Immer mit der Ruhe, scheinen die gelangweilten Blicke der wollenen Wiederkäuer sagen zu wollen.

Traditionelle Metzgereien am Wegesrand

Metzgereien neben der Straße sind nichts für empfindliche Mägen. – Foto: Susanne Timmann

Wer sich auf eine spannende, stundenlange Tour durch das Nil-Delta eingestellt hat, wird wohl enttäuscht werden. Die Millionenstadt hat sich wie eine Walze aus Häusern, Hotels und Restaurants sehr nahe in Richtung der Pyramiden ausgebreitet. Vorbei an Hotel-Bettenburgen erscheinen in der Ferne schnell die Spitzen der uralten Bauwerke.

Pyramiden zum Greifen nah in vielen Hotels

Die Betten-Burgen sind den Pyramiden sehr nahe gekommen wie hier das Hotel Mercure Cairo le Sphinx. – Foto: Susanne Timmann

Das älteste und einzig noch erhaltene Wunder der Alten Welt ist die Cheops-Pyramide, die größte der drei Hauptpyramiden. Mit Millionen Tonnen Kalksteinen und Granit entstand das imposante wie beeindruckende Bauwerk um 2.500 vor Christi. Unvorstellbar, wie es die alten Ägypter wohl geschafft haben, die größten Granitblöcke bis nach oben an die Spitze der Pyramide zu transportieren!

Unglaubliche Tonnen von Steinblöcken

Die Mächtigkeit der Cheops-Pyramide wird beim genauen Hinsehen klar. – Foto: Susanne Timmann

Niemand schafft es, sich der Faszination der uralten Grabstätten zu entziehen. So bietet sich ein Fotomotiv nach dem nächsten an. Besonders beliebt sind die Aufnahmen inklusive der vielen Kamele, die sich rund um die Pyramiden mit ihren Besitzern aufhalten. Für ein kleines, oder auch gerne großes Trinkgeld stehen die geduldigen Tiere für ein Foto oder einen kleinen Ritt bereit. Auch hier gilt die goldene Regel – ohne handeln kein Handel.

Jahrtausende Jahre alte Faszination

Tierische Begegnungen rund um die Pyramiden. – Foto: Susanne Timmann

Gefühlt nur einen Steinwurf entfernt thront die Große Sphnix von Gizeh bestehend aus einem Menschenkopf auf einem Löwenkörper. Die Sphinx aus Kalkstein gehauen, ist in Ost-West-Achse orientiert und etwa 73,5 Meter lang und circa 20 Meter hoch. Seit mehr als vier Jahrtausenden ragt die Sphinx aus dem heißen Sand der ägyptischen Wüste auf. Die meiste Zeit war sie bis auf den Kopf von Sand bedeckt, das ist der Hauptgrund, warum sie noch so gut erhalten ist.

Nasen-Verbleibs-Theorien

Fast um die Ecke wartet die geheimnisvolle Sphinx. – Foto: Susanne Timmann

Taxifahrer Achmed verspricht zu warten und auf jeden Fall nach der Besichtigung für die Rückfahrt ins Zentrum der nordafrikanischen Metropole zur Verfügung zu stehen. Nun, von Achmed ist keine Spur zu sehen. Auch das klapprige Transportmittel mit dem silbernen Stern auf der Heckhaube ist nicht ausmachbar. Auf jedem Schritt versuchen andere Taxifahrer, eine Fahrt zu erhaschen. Doch um die Ecke steht das grüne Taxi Achmeds und ein Blick durch die schon fast blinden Scheiben verrät: Achmed ist nur mal kurz eingeschlafen. Alles gut, mit einem Lächeln wird der Schlaf aus den Augen geputzt und die Rückfahrt auf den ausgesessen Ledersitzen zum alten Ägyptischen Museum in Kairo startet.

Ein Muss:  Das Ägyptischen Museum

Einfach faszinierend: Das „alte“ Ägyptische Museum in Kairo. – Foto: Vincent Timmann

Mit dem berühmten Film „Eine Nacht im Museum“ ist das Museum in punkto Aufmachung sicherlich nicht vergleichbar. Trotzdem ist es überwältigend, die Artefakte aus längst vergangen Zeiten hautnah zu sehen und fast zu spüren.

Unendliche Geschichten

Artefakte aus längst vergangenen Zeit sind im Ägyptischen Museum in Kairo zu bestaunen. – Foto: Vincent Timmann

Gut bewachtes Highlight für die meisten der archäologisch interessierten Besucher ist der sagenumworbenen Grabschatz des jungen Pharaos Tutanchamun. Das weltweite Interesse entstand, als Howard Carter im Jahre 1922 im Tal der Könige sein nahezu ungeplündertes Grab mit der heutigen Bezeichnung KV62 entdeckte. Im Jahr 2023 sollen die wertvollen Stücke ins neue, Große Ägyptische Museum überführt werden. Die wohl dann letzte Ruhestädte des jung gestorbenen Pharaos Tutanchamun.

Wissenswertes in Kurzform

Weitere Informationen bietet die ägyptische Tourismusbehörde

Nilkreuzfahrt: Eine Kombination mit einer Nilkreuzfahrt meist ab Luxor oder an die beliebten Strände Ägyptens zum Beispiel nach El Gouna bietet sich in jedem Fall an. Häufig werden von Reiseveranstaltern Reisepakete angeboten. 

Grand Egyptian Museum (GEM): Das wird ab 2023 das weltgrößte Museum ägyptischer Kunst und Kultur sein und Ägyptens Museumslandschaft um eine weitere, überaus außergewöhnliche Perle bereichern. Weitere Informationen über die Eröffnung unter Grand Egyptian Museum.