Mit jedem Wort klingt bei Yavuz Iskenderoğlu der Stolz mit. Keine Frage, der 66-jährige füllt das große Erbe, das er angetreten hat, mit Liebe, Leidenschaft und Akribie aus. Sein Leben wird tagein, tagaus von dem bestimmt, was sein Ur-Ur-Urgroßvater Iskender Efendi Mitte des 19. Jahrhunderts im türkischen Bursa erfunden haben soll: den Döner Kebab. Heute ist das am Vertikalgrill zubereitete Fleisch in der ganzen Welt bekannt. Und es gibt viele, die behaupten, die Zubereitungsmethode für das schmackhafte Grillfleisch entwickelt zu haben.
„Zur Zeit meines Ur-Ur-Urgroßvater war es in unserem Land rechtlich nicht möglich, sich Erfindungen dieser Art schützen zu lassen“, bedauert Yavuz Iskenderoğlu, der den Original Kebapçı İskender mittlerweile als Marke hat schützen lassen. Gleichzeitig verweist der grau melierte Mann mit dem stolzen Bäuchlein und dem schütteren Haaransatz darauf, im kleinen Familienmuseum des Restaurants im Soğanli Botanik Park von Bursa neben der Original-Marmorplatte, auf der der allererste Döner Kebab vorbereitet wurde, auch den ersten Vertikalgrill der Welt auszustellen. Und eben dieser sei speziell von seinem Ur-Ur-Urgroßvater entwickelt worden.
Ebenso wie Iskender Efendi, dessen Wachsfigur im Familienmuseum steht, hätten die meisten seiner Vorfahren ihren Lebensunterhalt als Metzger und Fleischverkäufer verdient. Während das Grillen von Fleisch in der heutigen Türkei schon lange eine beliebte Zubereitungsmethode gewesen wäre, hätte sein Ur-Ur-Urgroßvater als Erster einen senkrechten Drehspieß entwickelt. Direkt neben dem Spieß gab es einen kleinen Turm mit zahlreichen Fächern, in denen die Holzkohle glühte, mit deren Hilfe der Grill beheizt wurde. Anders als beim „normalen“, waagerechten Grill hätte Iskender Efendi das Fleisch übereinander geschichtet.
„Das hat den Vorteil, dass das Fett durch alle Fleischschichten läuft und dem Ganzen so eine besondere Geschmacksnote verleiht“, erläutert Yavuz Iskenderoğlu, der noch heute in seinen Restaurants den Döner wie zu Ur-Ur-Urgroßvaters Zeiten aus Lamm- und Rindfleisch herstellt. Im Jahre 1867 habe Iskender Efendi das erste Döner Kebab Restaurant der Welt in Bursa eröffnet. Heute existiert der Familienbetrieb mittlerweile in fünfter Generation und hat längst Dependancen in anderen Teilen der Türkei.
„Unserem Fleisch wir nur etwas Salz und ein wenig Zwiebel zugefügt“, versichert der 66-jährige, keine Zusatzstoffe, Geschmacksverstärker oder andere Gewürze zu verwenden. Das Fleisch selber stammt aus der eigenen Farm rund 15 Kilometer vor den Toren von Bursa, wo eigens für diesen Zweck rund 1.000 Lämmer und Rindern, gehalten werden. Wichtig für den besonderen Geschmack sei auch, dass bei Iskender zum Grillen ausschließlich Holzkohle verwendet würde. Und diese wird aus jungem Eichenholz aus den eigenen Wäldern der Familie hergestellt.
„Döner bedeutet „Drehender“, erklärt Yavuz Iskenderoğlu den Ursprung des Wortes und verweist zugleich darauf, dass ein Original-Döner nicht im Fladenbrot serviert würde, sondern auf einem Bett aus klein geschnittenen Pide-Würfeln (Stücke vom Fladenbrot) auf einem Teller. Dazu werden gegrillte Paprika und Tomaten sowie Joghurt gereicht.
„In der türkischen Kultur ist es traditionell eigentlich unüblich, im Stehen oder Gehen zu essen“, so der zweifache Vater weiter. Bevor das Fleisch, das mit einem Säbel ähnlichem Messer und nicht mit einem Elektrogerät geschnitten werden sollte, serviert wird, müsse es noch mit heißer, zerlassener Butter übergossen werden, um den Geschmack abzurunden.
Und genau dies ist das einzige Gericht, das im historischen Iskender Restaurant im Soğanli Botanik Park von Bursa auf der Speisekarte steht. Auch die Getränkeauswahl ist übersichtlich: Neben Kaffee, Tee und Wasser werden lediglich Şıra, einen Traubenmost aus eigener Herstellung, und Ayran, eine Erfrischungsgetränk bestehend aus Joghurt, Wasser und ein wenig Salz, gereicht.
„Nun wollen Sie bestimmt wissen, was das Geheimnis unseres Erfolges?“, fragt der wortgewandte Yavuz Iskenderoğlu, um dann selber die Antwort gleich hinterher zu schicken: „Wir lieben einfach unser Geschäft, unser Fleisch und unsere Kunden.“
Eine Frage lässt den Meister des Drehspießes jedoch kurz stutzen: In Deutschland heißt es: „Döner macht schöner!“ – ist dem so? Yavuz Iskenderoğlu überlegt eine Millisekunde, um dann ganz charmant zu antworten: „Ich glaube schon, Wenn ich Sie so sehe, müssen Sie viel Döner gegessen haben.“ – „Teşekkür ederim!“ – Danke! Darauf bitte noch einen Original Kebapçı İskender.
Informationen: Iskender, Soğanli Botanik Park 1, Osmangazi, Bursa, Türkei, Telfon 0090-(0)532-4441867, www.iskender.com. Eine Portion des Original Kebapçı İskender kostet 26,5 Lira, was knapp zehn Euro entspricht.
Lage: Die 2,8-Millionen-Stadt Bursa liegt etwa 220 Kilometer südöstlich von Istanbul. Seit dem 6. Jahrhundert ist die Stadt ein führendes Zentrum der Textilindustrie. Auch zahlreiche Autohersteller lassen in der ersten Hauptstadt des Osmanischen Reiches fertigen. Informationen unter www.buski.gov.tr.
Einreise: Für die Einreise in die Türkei genügt der Personalausweis.
Flug: Turkish Airlines bietet von 13 deutschen Flughäfen insgesamt 270 Flüge pro Woche nach Istanbul an. Die Flugzeit beträgt rund drei Stunden. Der Preis für Hin- und Rücklug liegt bei rund 180 Euro pro Person. Weitere Informationen und Buchungen unter www.turkishairlines.de.
Anreise: Mit dem Mietwagen empfiehlt sich von Istanbul die Fahrt zum Vororthafen Pendik, von wo mit der binnen 20 Minuten mit der Fähre nach Yalova übergesetzt werden kann. Von dort ist Bursa in knapp 25 Minuten erreicht.
Autovermietung: Drive FTI bietet ab 180 Euro pro Woche ein Wagen der Kompaktklasse an. Buchungen und Informationen unter www.drivefti.de.
Währung: Zahlungsmittel ist die Türkische Lira (TRY). Ein Euro entspricht rund 2.800 TRY.
Stromversorgung: Die normalen Stecken können ohne Adapter genutzt werden.
Sehenswürdigkeiten: Zu den Landmarken von Bursa, dessen Altstadt mit ihren rund 1.200 historischen Gebäuden teilweise als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht, gehören die Grüne Moschee von 1419, das Grüne Mausoleum, die Ulu Cami mit ihren 19 Kuppeln aus dem 14. Jahrhundert und der berühmte Seidenbasar Kozar Han. Lohnend ist auch ein Abstecher in das rund neuen Kilometer vom Zentrum entfernt liegende Dorf Cumalikizik, das seit dem 17. Jahrhundert weitgehend unverändert ist und ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört.
Übernachten: Kervansaray Thermal Hotel, Cekirge Meydani 16080, Bursa, Telefon 0090-(0)224-2339300. Prunkstück des Vier-Sterne-Hauses mit seinen 211 Zimmern ist das angeschlossene Gesundheitszentrum mit Hallenbad, einem türkischen Themalbad und Hamam. Buchbar ist das Hotel ab 59 Euro pro Nacht unter www.fti.de.
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Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.