New Orleans zelebriert in diesem Jahr nicht ohne Stolz 300 Jahre bewegte Geschichte – doch was hat die Stadt eigentlich geprägt und zu dem gemacht, was sie heute ist? Wir blicken zurück und freuen uns schon jetzt auf ein Jahr der Feierlichkeiten.
Bevor die ersten Amerikaner nach Louisiana kamen, waren die Franzosen und die Spanier längst da. 1718 hatte Jean Baptiste Le Moyne die Siedlung La Nouvelle Orleans gegründet – mitten in den Sümpfen, was viele für ein schlechtes Omen hielten. Le Moyne aber ließ die Marsch kurzerhand trocken legen. Zwei Jahre später hatte das heutige French Quarter 470 Einwohner.
Multikulti im 18. Jahrhundert
Die Franzosen traten die Stadt 1762 an die Spanier ab. Die neuen Herren taten sich schwer, weil die Einwohner von New Orleans schon damals ihren Kopf durchzusetzen wussten. Es war ein bunter Haufen, der die Stadt bevölkerte, französische Kleinadlige und Farmer aus Deutschland, Einwanderer von den Kanaren, Händler aus der Karibik, Iren und Briten, Indianer und frei gelassene Sklaven. New Orleans erlebte seine erste Blütezeit. Selbst drei schwere Feuersbrünste konnten den Boom nicht aufhalten.
1800 fielen New Orleans und Louisiana an Frankreich und Bonaparte zurück, der das Land aber beinahe postwendend an die Vereinigten Staaten verkaufte, weil er Geld für seine Kriege benötigte. 15 Millionen Dollar kostete die Amerikaner das Schnäppchen 1803, und weil „Louisiana“ damals bis zu den Rocky Mountains reichte, wurde der „Louisiana Purchase“ der größte Landkauf in der Geschichte der Vereinigten Staaten: Die 2.144.520 Quadratkilometer verdoppelten die Fläche der USA – zum Preis von weniger als drei Cent pro 4.000 Quadratmeter.
Geburtsstunde des Garden Districts
Erst jetzt zogen die ersten Amerikaner nach New Orleans. Weil die Einheimischen sie nicht im French Quarter haben wollten, siedelten sie sich außerhalb an und gründeten so den heutigen Garden District. 1812 wurde Louisiana dann 18. Staat der Union; wenige Jahre später hatte New Orleans knapp 100.000 Einwohner und war die viertgrößte Stadt der USA. In „La Belle Epoque“ florierte der Handel mit Baumwolle und Zucker; wohlhabende Bürger ließen sich prächtige Häuser bauen.
Opernhäuser, Spielhallen, Cafés und Bordelle existierten nebeneinander und es breitete sich eine gewisse Unbeschwertheit aus – woraufhin sich der Spitzname der Stadt entwickelte: The Big Easy. Der (verlorene) Bürgerkrieg bedeutete zwar einen Rückschlag in der wirtschaftlichen Entwicklung, konnte das Wachstum der Stadt am Mississippi aber nicht stoppen.
Immer wieder aufgestanden
Solche Rückschläge musste New Orleans im 20. Jahrhundert dann mehrmals wegstecken – auf die Beine gekommen ist es anschließend immer wieder. Die Weltwirtschaftskrise setzte der Stadt zu; nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg aber konnten die Werften die Aufträge der Marine kaum bewältigen. In den Fünfzigerjahren wurde der „Chemical Corridor“ zwischen New Orleans und Baton Rouge zu einem der größten Wirtschaftsräume der USA. In den Achtzigern ging es mit dem gesamten Land wieder abwärts.
Etwa Mitte der Neunziger erlebte New Orleans wieder einen Boom. Als man 2003 den 200. Jahrestag des Louisiana Purchase feierte, gab es gerade eine neue Rekordmeldung: Die Stadt, die bei der ersten Zählung mit 470 Bewohnern angefangen hatte, bot mittlerweile allein 33.000 Hotelzimmer. Und zu Besuch kamen über 1,5 Millionen Menschen.
Zerstörungswut von Hurrikan Katrina
Im August 2005 traf dann der Hurrikan Katrina New Orleans und überflutete weite Teile der Stadt, wobei das historische French Quarter größtenteils unbeschadet blieb. In den Jahren nach Katrina erfand New Orleans sich neu. Der Hurrikan ist mittlerweile Geschichte und die Stadt ist lebensfroher und schöner als je zuvor.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der University of New Orleans macht deutlich, dass der Tourismus in Louisiana seit 2009 wieder stetig ansteigt. Im letzten Jahr kamen so viele Touristen in die Metropole am Mississippi wie zuletzt 2004. Auch der Staat Louisiana vermeldet ein Wachstum: insgesamt 46,7 Millionen Besucher kamen 2016 in den Bayou State.
“Das durchschlagende Ergebnis von 2017, insbesondere hinsichtlich der hohen Besucheranzahl und der Kaufkraft, erreicht historische Werte“, freut sich Bürgermeister Mitch Landrieu, „und es beweist, dass unsere Stadt ein einzigartiger Gastgeber ist.“ Weiterhin betont er, dass die Stadt New Orleans 2018 ihr 300-jähriges Bestehen feiern wird, und er zuversichtlich sei, dass die Besucherzahlen noch weiter ansteigen werden.
New Orleans putzt sich heraus
Für die Feierlichkeiten zum Geburtstag – und darüber hinaus – investiert die Stadt in Schönheitsreparaturen und Flughafenausbau. Die Renovierung der Bourbon Street ist ein Sechs-Millionen-Dollar-Projekt, dessen Ziel unterirdische Gas- und Wasserleitungen sowie die Erneuerung von Straßen und Gehwegen und die Schaffung von barrierefreien Wegen ist. Auch die historische Gallier Hall am Lafayette Square unterzieht sich einer umfangreichen Restaurierung, um sich 2018 als eines der architektonischen Highlights der Stadt von seiner schönsten Seite zu präsentieren.
Um dem erhöhten Besucheraufkommen auch in Zukunft gerecht zu werden, wird der neue Terminal des Louis Armstrong New Orleans International Airport, der sich derzeit noch im Bau befindet, um fünf zusätzliche Gates auf insgesamt 35 Gates erweitert.
Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel steht ebenfalls im Fokus. Das Netz der für New Orleans typischen Streetcars wurde bereits um zwei Linien erweitert, der St. Claude Line und der Loyola Avenue Line. Zudem wurden mit dem Lafitte Greenway, einer ehemaligen Eisenbahnstrecke, Grünflächen sowie Rad- und Spazierwege in der Stadt geschaffen und die New Orleans Riverfront wurde mit dem Crescent Park zu einem Ruhepol mit Aussicht auf die Skyline.
Übrigens, der Veranstaltungskalender für 2018 ist prall gefüllt mit Feierlichkeiten und Events zum Stadtjubiläum – eine Übersicht gibt es unter www.2018nola.com/events
Kurzweiliger Streifzug durch die Geschichte
Zu guter Letzt noch ein Tipp für diejenigen, die tiefer in die Geschichte von New Orleans eintauchen möchten: Die Sammlungen der Historic New Orleans Collection sind in mehreren historischen Gebäuden an der Royal und Charters Street beheimatet und von Dienstag bis Samstag geöffnet von 9:30 bis 16:30. Besonders empfehlenswert ist die Williams Gallery, 533 Royal Street. Die ausgestellten Möbel, Gebrauchsgegenstände und Gemälde lassen 300 Jahre Stadtgeschichte lebendig werden.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.