Glosse: BER – der ungekrönte Airport 4.0

Bereits im Jahre 2012 sollte eigentlich die Fertigstellung des neuen Flughafens Berlin Brandenburg erfolgen. (Foto Alexander Obst/Marion Schmieding, Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)
Bereits im Jahre 2012 sollte eigentlich die Fertigstellung des neuen Flughafens Berlin Brandenburg erfolgen. (Foto Alexander Obst/Marion Schmieding, Flughafen Berlin Brandenburg GmbH)

In Zeiten, in denen die globale Erwärmung mehr und mehr außer Kontrolle zu geraten scheint; in Zeiten, in denen die Luft zunehmend durch Abgase und CO2-Emissionen verunreinigt wird und in denen der Himmel ob der vielen, vielen Billigflieger kaum noch zu sehen ist, wird es Zeit, einmal einen der viel Gescholtenen zu preisen. Ja, es gilt, einen der viel Häme und Spott im In- und Ausland geerntet hat, endlich einmal öffentlich ins rechte Licht zu rücken.

Ja, es wird Zeit, endlich auch mal anzuerkennen, was ab der Grenze von Berlin zu Brandenburg im Namen des Umweltschutzes getan wird. Genauer gesagt im Namen des vierten deutschen Bundeskanzler, Willy Brandt, der – und das wird viele erstaunen – einer der Vordenker der Grünen gewesen sein muss. Denn nur so lässt sich erklären, dass der charismatische Politiker seinen Namen für ein Großprojekt hergibt, dass seit mehr als zehn Jahren für Schlagzeilen sorgt – wenn auch überwiegend für negative.

Noch gibt es auf dem BER keine Flugbewegungen. (Foto Günter Wicker, Flughafen Berlin Brandenburg)
Noch gibt es auf dem BER keine Flugbewegungen. (Foto Günter Wicker, Flughafen Berlin Brandenburg)

Was, wie bereits erwähnt, nicht fair ist. Denn der Flughafen Berlin Brandenburg ist der sauberste Airport weltweit. Die richtig, richtig Alten unter uns werden sich noch dunkel daran erinnern, dass im Jahre 2006 im Süden Berlins mit dem Bau des Prestigeobjekts begonnen wurde. 27,5 Millionen Fluggäste aus aller Welt sollten hier jährlich abgefertigt werden. Allerdings gingen die Macher bei ihrer Prognose noch davon aus, dass das Bauwerk im Jahr 2013 wie geplant an den Start gehen würde. Doch starten tut hier nichts.

Und mit Blick auf die Fertigstellung wurde keine Punktlandung hingelegt – nein, noch nicht einmal eine Notlandung. Doch allmählich verdichten sich die Anzeichen, dass dies alles bewusst geschieht. Denn BER, wie das internationale Luftfahrtkürzel des Willy-Brandt-Flughafens heißt, ist der mit riesigem Abstand umweltfreundlichste Flughafen der Welt.

Unter Umweltschutzaspekten scheint es durchaus sinnvoll, die Fertigstellung des Airports weiter hinaus zu zögern. (Foto Alexander Obst/Marion Schmieding, Flughafen Berlin Brandenburg)
Unter Umweltschutzaspekten scheint es durchaus sinnvoll, die Fertigstellung des Airports weiter hinaus zu zögern. (Foto Alexander Obst/Marion Schmieding, Flughafen Berlin Brandenburg)

Hier starten und landen keine Maschinen, hier leiden die Bewohner der Einflugschneisen nicht unter Fluglärm, hier werfen nicht tagtäglich Tausende von Passagieren Kaffeepappbecher in den Müll, hier werden nicht tägliche unzählige Lkw-Ladungen mit Zeitungen, Getränken und Lebensmitteln ran gekarrt, hier werden nicht täglich Tausende Liter von Urin in die Kanalisation eingeleitet, hier muss keine Klimaanlage rund um die Uhr laufen, hier fahren keine Busse Passagiere zu Maschinen, die im Flugvorfeld geparkt sind.

Mit anderen Worten, der Flughafen Berlin Brandenburg ist ohne Frage der Airport 4.0. Eine internationale Drehscheibe, die ihresgleichen sucht; die überall bekannt ist, aber auch wie kein zweiter Airport neue Standards in Sachen Umweltschutz setzt. Daher wird es Zeit, den Willy-Brandt-Flughafen statt mit Spott, mit Preisen für Nachhaltigkeit zu überschütten.

Denn ganz ehrlich, allenfalls Kassel Calden vermag in Sachen Umweltschutz mit dem neuen BER-Standard mitzuhalten. Auch wenn hier der Flugbetrieb theoretisch schon seit 2013 läuft. Dafür dürfte Kassel Calden immerhin Sieger in punkto Charme und Freundlichkeit sein. Denn noch immer könnten die wenigen Passagiere hier problemlos von den Stewardessen per Handschlag begrüßt werden.


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