Fabelhafte Banksy-Hommage in Köln

Banksy
Banksy ist mit seinen Motiven durchaus aktuell – so wie hier bei der Kissenschlacht zwischen einem israelischen Grenzsoldaten und einem Palestinenser. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Fassaden, Hauswände und Mauern sind üblicherweise sein Metier. Dort tauchen die Werke des Guerilla-Künstlers Banksy in der Regel in Nacht- und Nebelaktionen wie aus dem Nichts auf. Anders in Köln. Im Stadtteil Ehrenfeld wird die Straßenkunst häuslich. Und dies in den ehemaligen Räumlichkeiten eines Autohauses. Bis zum 17. März 2024 ist hier die Ausstellung „The Mystery of Banksy – a genius mind“ zu sehen. In der Tat werden hier keine Originale präsentiert, was allein technisch nicht möglich wäre. Dann nämlich, müssten die Kunstwerke von ihren Originalschauplätzen entfernt werden. Was weder im Sinne des Künstlers noch im Sinne der Liebhaber von Straßenkunst wäre.

Daher folgen die Macher bereitwillig dem Banksy-Slogan „Copyright is for losers“ und laden zu einer famosen Ausstellung voller Highlights in die Domstadt. Quasi ein „Best of Banksy“ in nicht weniger als 15 Galerien auf 1.700 Quadratmetern. Zu sehen sind weit mehr als 150 Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Drucke und Videoinstallationen. Viele mit politischen und gesellschaftskritischer Note, nicht wenige augenzwinkernd und humorvoll sowie bisweilen sogar ein wenig philosophisch.

Klare Absage an Gewalt und Terror

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Mit den Themen Krieg, Gewalt und Sehnsucht nach Frieden setzt sich der anonyme Künstler immer wieder auseinander. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Als Entree zu Banksys Schaffen in mehr als 30 Ländern rund um den Erdball fungiert ein Nachbau des „Walled Off Hotels“, das der Spraykünstler im Jahre 2017 zusammen mit anderen Kunstschaffenden in Bethlehem direkt an der Grenzmauer zwischen Israel und dem Westjordanland eröffnete. Eine trügerische Idylle mit Flügel, Ölschinken, Ledersofa und Kaffeetassen, aber auch mit zahlreichen Überwachungskameras an der Wand. Flankiert wird das „Hotel mit der schlechtesten Aussicht der Welt“ von Bildmotiven, die nachdenklich stimmen: Da ist jener Maskierte, der in Anlehnung an die einstige Hippie-Bewegung statt mit Pflastersteinen oder einem Molotowcocktail einen Blumenstrauß wirft – eine friedliche Waffe mit Symbolcharakter als Zeichen der Liebe und Völkerverständigung.

Queen Victoria in ungewohnter Pose. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Ein gelungener Blickfang ist zudem die Kissenschlacht zwischen einem israelischen Grenzpolizisten und einem palästinensischer Kämpfer. Schöner lässt sich eine wünschenswerte friedliche Annäherung beider Parteien nicht darstellen. Eine Botschaft, dass angesichts der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Israel und den Hamas aktueller nicht sein könnte. In diesen Kontext passt auch ein Bildmotiv, das ein kleines Mädchen zeigt, das bei einen uniformierten Soldaten ähnlich wie beim Sicherheitscheck an Grenzen oder Flughäfen eine Leibesvisitation durchführt.

Krieg, Politik und Gesellschaft am Pranger

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Auch der Krieg in der Ukraine wird auf besondere Art und Weise in den Fokus gerückt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auch die aktuelle Ukraine-Krise wird anschaulich thematisiert. Banksy höchst persönlich hatte im November 2022 in der von Kämpfen gezeichneten Region rund um Kiew mit Graffitis klare Statements gegen die kriegerische Auseinandersetzung mit Russland gesetzt: Da badet ein Mann gemütlich vor den Trümmern seine Hauses in einer altertümlich anmutenden Wanne; da hantiert eine Frau im Bademantel, Lockenwicklern und ABC-Schutzmaske mit einem Feuerlöscher, während ein Mädchen anmutig akrobatische Einlagen auf einem Schuttberg zeigt.

Gesellschaftliche Kritik einmal anders. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Banksy hält aber nicht allein den Kriegsparteien den Spiegel vor, sondern nimmt gerne und oft auch die britische Politik und Gesellschaft aufs Korn. So wird der frühere Premierminister Winston Churchill mit einer Punkfrisur „verschönert“, während das britische Parlament als eine Ansammlung debattierender Affen dargestellt wird. Immer wieder gibt es zudem Seitenhiebe auf das britische Königshaus. Mal sitzt die in Teilen noch heute hoch verehrte Queen Victoria auf dem Gesicht ein Frau, dann wiederum wird die Königin als Affe dargestellt, während ein Ehrengardist ein wenig verschämt an eine Hauswand uriniert.

Nur bedingt königlich

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Und britische Bobbys mal anders dargestellt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Seine ureigenes „Währungsreform“ hat Banksy ebenfalls vorgenommen: In einem Koffer stapeln sich unzählige Pfundnoten. Doch die Geldscheine ziert nicht, wie üblich das Konterfei von Queen Elizabeth II., sondern ein Bild der verunfallten Lady Diana, der früheren Princess of Wales und ehemaligen Gattin des heutigen Königs Charles III.

Banksy bringt sogar eine eigene Währung heraus. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Dass Polizisten naturgemäß nicht die Freunde der Sprayer sind, weiß Banksy ebenfalls auf verschiedene Art und Weise in Szene zu setzen. Mal ist es ein Bobby, der frech den Mittelfinger ausstreckt, mal steht neben dem Bild eines Polizisten mit Schlagstock ein nüchternes „Fuck the police“. Dann wiederum zeigt ein Motiv einen Wachmann mit Hund. Darüber der Slogan „Stop me before I paint again“ (Halte mich auf, bevor ich wieder sprühe/male). Nicht unerwähnt bleiben sollten die beide Bobbys, die sich innig umarmen und küssen.

Zebrastreifen auf der Wäscheleine

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Die Ehrengarde des Königshauses wird ebenfalls auf die Schippe genommen. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Als mahnender Fingerzeig kann der Schriftzug „I don’t believe in global warming“ (Ich glaube nicht an die globale Erderwärmung) verstanden werden. Denn dieser wird halb vom Wasser, das an einer Hauswand zu steigen scheint, geschluckt. Auch sonst spart Banksy nicht mit gesellschaftlicher Kritik. Da sind etwa die beiden Kinder, die ein Schild hochwerfen, als sei es ein Ball. Auf dem Schild stehen die Worte „No ball games“, also „Ballspielen verboten“. Oder jene Putzfrau, die den zusammengefegten Dreck unter die Fassade einer Mauer fegt, die sie mit einem Handgriff anhebt, während sie gleichzeitig zu checken scheint, ob sie beobachtet wird.

Das Zebra gehört zu den populärsten Motiven der Kölner Ausstellung. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Doch Guerilla-Künstler Banksy, dessen wahre Identität als das wohl bestgehütete Geheimnis der Kunstwelt gilt, beweist gleichzeitig immer wieder Humor. Da ist beispielsweise ein mit Lederhandgriffen zur Handtasche umfunktionierter Backstein. Oder ein Zebra, dessen Streifen von einer Frau abgenommen, gewaschen und zum Trocknen auf eine Wäscheleine gehängt wurden. Kuriose Blicke ziehen daneben jene Ratten auf sich, die auf eine Toilette in Beschlag genommen und verdreckt haben. Außerdem zieren die Nagetiere den ebenfalls ausgestellten Teil eines Londoner U-Bahnwaggons.

Geschreddertes Bild als Verkaufsschlager

Charlie Brown wird einmal anders in Szene gesetzt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Natürlich darf das wohl bekanntes Motiv Banksys, ein Mädchen, das einen roten Luftballon steigen lässt, nicht fehlen. Dieses Werk war im Original in einer spektakulären Ausstellung in einem Londoner Auktionshaus für rund 1,2 Millionen Euro versteigert worden, ehe es durch einen im Bilderrahmen versteckten Schredder lief und zerstört wurde. Eine geschickter Schachzug, der die Gier der wohl betuchten Kunstliebhaber ad absurdum führte und gleichzeitig für mediale Aufmerksamkeit rund um den Globus sorgte. Kurioserweise stieg der Wert des Bildes durch die Zerstörung weiter. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

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Ein Abgesang auf die britische Telefonzelle fehlt ebenfalls nicht. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Auch ein Blick in das vermeintliche Atelier von Banksy fehlt nicht. Hier ist zu erkennen, wie der Künstler Schablonen vorbereitet, mit denen die Sprühkunst schneller auf Wände aufgetragen werden kann. Eben solcher Schablonen kann sich der geneigte Besucher am Ende des faszinierenden wie begeisternden Rundgangs bedienen, um sein eigens T-Shirt mit Banksy-Motiven zu besprühen. Eine ganz persönliche Erinnerung, die es ermöglicht, ein Stück Guerilla-Kunst mit nach Hause zu nehmen.

Wissenswertes in Kurzform

Das wohl bekannteste Banksy-Motiv fehlt ebenfalls nicht. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Informationen: The Mystery of Banksy, Oskar-Jäger-Str. 99, 50825 Köln, www.mystery-banksy.com

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Hier wird nichts unter den Teppich gekehrt. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Eintritt: Erwachsene ab 18 Euro; ermäßigt ab 16 Euro, Kinder- und Jugendliche zwischen sieben und 15 Jahren ab 12 Euro; Kinder unter sieben Jahren frei.

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Die Ausstellung in Köln ist einfach königlich. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Öffnungszeiten: Dienstags, mittwochs, sonn- und feiertags 10 bis 17 Uhr, donnerstags, freitags und samstags 10 bis 20 Uhr.