Als Entenfamilie im Zickzack durch Bangkok

Gigant mit Strahlkraft: Der Liegende Buddha im Wat Pho. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Gigant mit Strahlkraft: Der Liegende Buddha im Wat Pho. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Muckelig warm ist es. Vielleicht 27, vielleicht 28 Grad Celsius. Die Luftfeuchtigkeit ist einen Tick zu hoch. Aber dies ist nicht der einzige Grund, warum schon vor dem Start der Schweiß im wahrsten Sinne des Wortes in Strömen fließt. Der Blick fällt zurück auf die Thanon Charoen Krung. Eine der vielen, vielen Straßen in Bangkok, die fast rund um die Uhr dem Verkehrsinfarkt erliegen. Stoßstange an Stoßstange schieben sich die Autos, Roller und unzähligen Tuk Tuks hier im Schneckentempo voran. Keine Frage, in Thailands pulsierender Hauptstadt gibt es viel zu wenig Straße für viel zu viele Autos. So gesehen, scheint die geplante Radtour durch die Zwölf-Millionen-Metropole am Chao Phraya River wohl doch keine so gute Idee gewesen zu sein.

Somchai Mongkonkamonrat scheint Gedanken lesen zu können: „Keine Angst, auf unserer rund 17 Kilometer langen Touren fahren wir nur ein paar Hundert Meter über die stark befahrenen Verkehrsachsen“, versichert der routinierte Guide, dass die Tour fast ausschließlich über Nebenstrecken führen wird. Allein fehlt den sechs Pedaleuren noch die Phantasie, wie das gehen könnte.

Die Radtour führt durch enge Gassen und über schmale Pfade. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Die Radtour führt durch enge Gassen und über schmale Pfade. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Somchai Mongkonkamonrat, der sich wegen seines unaussprechlichen Namens schlicht „Mr. Tee“ nennt, legt nun ein etwas ernstere Miene auf: „Ich möchte, dass wir uns wie eine Entenfamilie durch die Stadt bewegen. Ich bin dabei die Entenmutter und ihr folgt mir in einer Reihe – nicht nebeneinander“, gibt Somchai letzte Instruktionen bevor eine ebenso faszinierende wie kurzweilige „Tour de Bangkok“ beginnt. Eine Tour, die durch enge Gassen, über verschlungene Pfade, über Hinterhöfe, durch Tempelanlagen und Markthallen sowie durch Parks führen soll.

Teilansicht des Wat Suan Phlu - im Hintergrund das Shangi-La-Hotel. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Teilansicht des Wat Suan Phlu – im Hintergrund das Shangi-La-Hotel. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Nach kaum zwei Minuten Fahrzeiten kommt der Mini-Tross am Wat Suan Phlu zum Halt. Sofort werden die Kameras gezückt, um die vergoldeten Buddha-Figuren sowie das reich verzierte Dach des Tempels vor dem Hintergrund des riesigen Shangri-La Hotels auf den Digitalchip zu bannen. Doch Somchai bremst die Euphorie der Pedalritter ein wenig: „Wir haben über 500 buddhistische Tempel in Bangkok. Viele sind weitaus beeindruckender als dieser hier“, betont der freundliche Thai mit den deutlich unterschiedlich dicken Beinen.

Im Zick-Zack-Kurs geht es weiter zum Old Customs House. Die alte Zollstation am Ufer des mächtigen, graubraunen Chao Phraya war einst die erste Anlaufstelle für die  Einreise nach Bangkok auf dem Seewege. Viel ist vom Glanz der Vergangenheit jedoch nicht übrig. An dem leerstehenden Gemäuer nagt spürbar der Zahn der Zeit. Junge Hochschulabsolventen tummeln sich hier zu Hauf, um in eleganten Roben und Kleidern mit dem Diplom in der Hand ein Erinnerungsfoto an ihr Studentendasein zu schießen.

Gleich zweimal wird der Chao Phraya River bei der "Tour de Bangkok" überquert. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Gleich zweimal wird der Chao Phraya River bei der „Tour de Bangkok“ überquert. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Weiter geht es durch ein Gassengewirr in das geschäftige chinesische Viertel. Einige Passagen und Mauerdurchlässe sind dabei kaum breiter als der Lenker des Fahrrads. Selbst auf dem engen Markt geht Somchai nicht aus dem Sattel. Im Schritttempo geht es durch die nur zögerlich weichende Menschmasse. Und das Verblüffende: niemand meckert, niemand schimpft. Im Gegenteil – mit einem Lächeln machen die Thais der Drahtesel-Kolonne Platz und unterstreichen, warum Thailand als „Land des Lächelns“ gilt.

Zwischen Obst, Gemüse, Fleisch und fangfrischen Fisch werden immer wieder Kokosnüsse und Melonenstücke als Erfrischung feilgeboten. In den mobilen Garküchen brutzeln Reis in Bananenblättern, Satay-Spieße und leckere Currys vor sich hin. Aber auch Absonderlichkeiten wie gegrillter Hühner-Darm. Wie zu großen Schleifen aufgespießte Spaghetti-Nudel wirken die Innenreihen des Geflügels. Halb fasziniert, halb angeekelt, kommt die Frage auf, ob der Darm wohl vor dem Grillen gründlich gereinigt worden sei? Und wenn ja, wie?

Rund 500 buddhistischen Tempel finden sich in Bangkok - einige der schönsten liegen entlang der Radroute. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Rund 500 buddhistischen Tempel finden sich in Bangkok – einige der schönsten liegen entlang der Radroute. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Um die Frage zu vertiefen, bleibt jedoch keine Zeit. „Taktgeber“ Somchai tritt schon wieder kräftig in die Pedale. Ein paar Biegungen links, ein paar Biegungen rechts und schon sind die riesigen Hallen des Yodpiman Flower Markets, eines überdachten Blumenmarktes, erreicht. Nur einen Steinwurf entfernt finden sich der königliche Palast und der Wat Pho, eine Tempelanlage der Superlative, die noch dazu mit dem gigantischen 45 Meter langen und 15 Meter hohen liegenden Buddha aufwarten kann.

Das Old Customs House wird von Hochschulabsolventen gerne als Kulisse für Erinnerungsfotos genutzt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Das Old Customs House wird von Hochschulabsolventen gerne als Kulisse für Erinnerungsfotos genutzt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

In Sichtweite der Phra Pok Klao Bridge setzen wir mit der Fähre über den Chao Phraya River über und landen unmittelbar vor dem Eingang des Wat Kalayanamitr Varamahavihara an. Auch in dem fast 200 Jahre alten Tempel huldigen Gläubigen ihrer Gottheit, zünden Räucherstäbchen an und legen Opfergaben vor der mächtigen Buddha-Figur ab.

In Schlangenlinien setzen wir durch enge Häuserschluchten den Weg fort, passieren weitere schmucke Tempelanlagen wie Wat Prayoon und Wat Aroon und durchqueren mit dem Princess Mother Memorial Park eine kleine, grüne innerstädtische Oase. Die Fahrt durch die engen Gassen ermöglicht immer wieder auch den Blick in die oft spärlich eingerichteten Wohnhäuser. Wobei die Einrichtung oft aus nicht viel mehr als einem Bett, einem einfachen Holztisch, ein paar Stühlen, einer Kochplatte sowie einem Kühlschrank und Fernseher besteht. Auffällig ist auch, wie gepflegt und sauber die Straßen trotz der enormen Menschenmengen, die hier leben, doch sind.

In Sichtweite der Tak Sin Brücke setzten wir noch einmal mit der Fähre über, um dann zum kleinen Endspurt anzusetzen. Statt über die viel befahrenen Straßen zu rollen, prescht „Entenmutter“ Somchai voran über die Bürgersteige. Dabei scheint er erstmals während der kurzweiligen Tour die Ruhe und Geduld zu verlieren.

Mit der Fähre geht es über den Chao Phraya River in Bangkok. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Mit der Fähre geht es über den Chao Phraya River in Bangkok. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Wild klingelnd fordert er die Fußgänger auf, ihm und seiner radelnden „Entenfamilie“ Platz zu machen. Vielleicht, weil er nach fast fünf Stunden Fahrt, endlich Feierabend haben will, vielleicht, weil er genug von seiner Pedalritter Herde hat. Die Passanten jedenfalls haben Verständnis für die Eile und weichen mit einem freundlichen Lächeln zurück.

Bei der Tour durch die Altstadt geht es immer wieder durch enge Gassen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Bei der Tour durch die Altstadt geht es immer wieder durch enge Gassen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Keine fünf Minuten später ist der Startpunkt an der Charoen Krung Soi wieder erreicht. Das Hemd ist komplett durchnässt, die Hände kleben, eine gewisse Erschöpfung ist durchaus vorhanden. Und doch sind alle wie berauscht von dieser etwas anderen Stadtrundfahrt. Wie bestellt öffnet Wettergott Petrus nun die Himmelsschleusen. Vielleicht, weil er den Radtouristen eine Abkühlung gönnt, vielleicht, weil alle ein bisschen traurig sind, dass die 17 Kilometer nun vorbei sind. Schließlich hat diese Tour Appetit auf noch mehr Bangkok gemacht.

Radtouren: Go Bangkok Tours Co., 51 Charoen Krung Soi 44, Bang Rak, Bangkok, 10500, Thailand, Telefon 0066-843354078, www.gobangkoktours.com. Das von einem Niederländer geführte Unternehmen bietet Radtouren mit Führung ab 900 Bhat an.

Allgemeine Informationen: www.thailandtourismus.de

Buddhistischer Mönch am Wat Kalayanamitr Varamahavihara in Bangkok. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Buddhistischer Mönch am Wat Kalayanamitr Varamahavihara in Bangkok. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Anreise: Thai Airways bietet täglich Direktflüge ab Frankfurt nach Bangkok (Suvarnabhumi) an. Die Flugzeit beträgt rund zehneinhalb Stunden. Preise für Hin- und Rückflug beginnen bei etwa 650 Euro.

Einreise: Für die Einreise genügt ein mindestens noch sechs Monate gültiger Reisepass. Ein Visum wird direkt am Flughafen ausgestellt.

Geld: Landeswährung ist der Baht. Ein Baht entspricht etwa 2,46 Euro.

Führungen: Individuelle Touren mit dem Rad, zu Fuß oder dem Minibus bietet der lizenzierte Tour Guide Somchai Mongkonkamonrat. Weitere Informationen unter Telefon 0066-80-1259410 oder per Mail unter teesomachai8099@gmail.com.

Essen & Trinken: Balee Laos, Soi Sukhumvit 16, Khlong Toei, Bangkok 10100, Thailand, Telefon 0066-2-6631558. Das Restaurant bietet exzellente thailändische Küche vom Satay-Spieß bis hin zum Thai-Curry.

Übernachten: Mövenpick Hotel Sukhumvit 15 Bangkok, 47 Sukhumvit 15, Klongtoey Nua, Wattana, Bangkok, 10110, Telefon 0066-2-1193000, www.moevenpick-hotels.com/bangkoksukhumvit. Das 2015 eröffnete, zentral gelegene Hotel bietet Doppelzimmer mit Frühstück ab 4.400 Baht beziehungsweise umgerechnet etwa 98 Euro an.

Weitere Bilder zur Radtour durch Bangkok finden sich HIER

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