Abseits der Piste: Sanfter Winter in Sexten

Sexten
Wintergenuss in Sexten: Auf dem Weg zum Sextner Stein. – Foto ALV Sextner Dolomiten/Harald Wisthaler

Die Schar derjenigen, die zwar den Winter in den Bergen lieben, nicht aber den Skirummel, wird immer größer. Selbst viele Alpinskifahrer schätzen im Wochenurlaub mal eine Pistenpause. Praktisch, wenn sie im Südtiroler Sexten zu Gast sind. Denn zu Füßen aufragender Dolomitengipfel warten, neben den Skipisten des Skigebiets Drei Zinnen Dolomiten, jede Menge aufregende Wintersportalternativen. Wie wäre es etwa mit einer einsamen Schneeschuhtour zu den Drei Zinnen? Mit einer „Yetiwanderung“ im Innerfeldtal? Mit einer Skitour hinauf zur Oberbachernspitze?

Ein Traum in Weiß

Auch Schneeschuhwanderer kommen rund um Sexten voll auf ihre Kosten. – Foto Harald Wisthaler

Um den Winter in vollen Zügen zu genießen, braucht es keine vollen Gondeln. Geschweige denn volle Ausrüstung. Einfach die warmen Stiefel geschnürt und ab in den Schnee! Oder besser: ab auf die geräumten Winterwanderwege. Da schaltet man automatisch in den Autopilotmodus. Sprich: auf Schritt und Tritt die verschneite Landschaft genießen, die klare Winterluft atmen, dem knirschenden Schnee lauschen. Das Beste: die imposanten Berge vor Augen. Die gibt es auf der sonnenverwöhnten „Sextener Almenwanderung“, die am Kreuzbergpass beginnt und endet, wirklich en masse. Wenig erstaunlich bei diesem Namen gehören auch Almen zum Repertoire. Das Besondere: Alle drei haben im Winter geöffnet. So lautet eine der schwersten Frage bei der drei- bis vierstündigen, moderaten Tour, wo man einkehrt. Auf der „Coltrondo Alm“, der „Nemes Alm“, bei der Ottis selbstgemachter Apfelstrudel einen legendären Ruf genießt, oder auf der urigen, auf Tiroler Hausmannskost spezialisierten „Klammbachalm“ am Fuße der 2.580 Meter hohen Hollbrucker Spitze? Aber warum eigentlich oder?

Atemberaubender Aufstieg

Sexten
Schritt für Schritt auf dem Weg zu den Drei Zinnen. – Foto Harald Wisthaler

Skitouren erleben einen wahren Boom. Doch angesichts der zahlreichen Tourmöglichkeiten rund um Sexten muss dort niemand einen Stau am Berg fürchten. Erst recht nicht auf der Route vom Fischleintal hinauf zur Oberbachernspitze. Was auch daran liegt, dass Einsteiger vermutlich erstmal andere Wege wählen als den durchs Bacherntal. Wobei die teils senkrechten Wände zu Unrecht abschrecken. Der Weg selbst ist nämlich nicht so schwierig. Angesichts rund 1.200 Höhenmetern sollte man aber durchaus Kondition mitbringen. Und auch keine Scheu vor Spitzkehren haben. So heißen die Wenden, bei denen im steileren Gelände erst der Bergski gehoben und dieser dann in einem beinahe 160-Grad-Winkel in die gegenläufige Richtung verrenkt werden muss. Zum Glück sind die anspruchsvollen Passagen nur kurz. Noch besser: Die Mühe lohnt sich sehr. Allein wegen des sagenhaften Blickes vom Gipfelkreuz aus. Was man nicht sieht: eine nahe Hütte. Zumindest keine, die geöffnet ist. Die wartet dann, in Gestalt der „Talschlusshütte“, erst zum Finale der über offene Hänge mit kurzen Steilstufen führenden Abfahrt.

Nur der Mond ist Zeuge

Stimmungsvoll und romantisch zugleich ist die beleibte Fackelwanderung. – Foto Tourismusverein Sexten

Eine winterliche Wanderung durchs Innerfeldtal steht besonders bei Familien hoch im Kurs. Schließlich führt der Weg zwar unterhalb majestätischer Gipfel entlang, aber nicht so hoch, als dass es nicht auch Kinder schaffen könnten. Selbst bei aufkommendem Quengeln können Eltern den Nachwuchs sechs Kilometer und gerade einmal 300 Höhenmeter gut „raufmotivieren“. Für professionelle Beleuchtung in Gestalt von Fackeln sorgen die Organisatoren der wöchentlichen „Yetiwanderung“. Die ist alles andere als zum Fürchten, im Gegenteil: Die Strecke ist überschaubar, der anschließende Glühwein verlockend. Alternativ drehen alle, die nach Sonnenuntergang noch aufgedreht sind, auf der täglich bis 21 Uhr beleuchteten Loipe im Dorfzentrum von Sexten ein paar Extrarunden.

Noch eine Spur romantischer

Skilangläufer kommen unter anderem im im Sextner Fischleintal voll auf ihre Kosten. – Foto TV Sexten/Harald Wisthaler

Mit bizarrem Raureif überzogene Schneewiesen glitzern in der Sonne. Die Bäume sehen aus wie Märchenfiguren, die in strahlend weiße Mäntel gehüllt sind. Die schroffen Gipfel der Dolomiten mit der berühmten Sextner Sonnenuhr scheinen zum Greifen nah. Klingt kitschig? Nein, klingt nach Fischleintal, das Bergsteigerlegende Luis Trenker zum „schönsten Tal der Welt“ geadelt hat. Und er ist mit seinem Lobgesang wahrlich nicht der einzige. Als vermutlich attraktivste Fortbewegungsart im winterlichen Fischleintal sehen die meisten – neben der Pferdekutsche – die Langlaufski. Die rund vier Kilometer vom Sextener Ortsteil Moos bis zur „Talschlusshütte“ sind sowohl für den klassischen als auch für den Skating-Stil gespurt und bis ins Frühjahr hinein befahrbar. Weitere Pluspunkte, die insbesondere Einsteiger ansprechen: breite, sonnige Wege mit mehreren Spuren, kaum Steigung und Traumkulisse. Außerdem kann man sich gleich in mehreren Hütten stärken. Wer sich in der Folge zu Höherem berufen fühlt, kann etwa die 20 Kilometer lange und bis auf 1.800 Meter hinaufführende Panoramaloipe Kreuzberg-Klammbachalm-Mitterberg unter die Bretter nehmen.

Drei Zinnen ohne Rummel

Für ausgedehnte Winterwanderungen gibt es zahlreiche Möglichkeiten. – Foto Harald Wisthaler

Etwas Kondition braucht es schon, wenn man vom Fischleintal die knapp 1.000 Höhenmeter hinauf zur „Drei-Zinnen-Hütte“ will. Das gilt auch für die Wintervariante. Die setzt neben Tourenski jedoch Schneeschuhe voraus; ohne Equipment „unten rum“ käme man im Schnee kaum voran. Mit der Schuhvergrößerung jedoch klappt es gut. Selbst bei Neulingen stellt sich in der Regel schon kurz hinter der „Talschlusshütte“, dem Start- und Zielpunkt der 6,5-Stunden-Tour, der richtige Stapfrhythmus ein. Und angesichts der einmaligen Bergkulisse Euphorie. Zwar sind die Gipfel der Dolomiten-Dreitausender mit Schneeschuhen kaum zu bezwingen, aber die vielen Höhenwege und Zwischengipfel um die 2.000-Meter-Marke bieten perfektes Schneeschuhgelände, um sich den Felsgiganten anzunähern – dazu zählt eben auch der Aufstieg durchs Altensteintal. Gut zu wissen: Erst ganz zum Schluss wird man mit dem Blick auf die einmaligen Drei Zinnen belohnt. Und meistens hat man den fast für sich allein. Die Hütten haben nämlich im Winter geschlossen, eigener Proviant ist also Pflicht. Wer dann (wieder) Energie hat, kann auch noch den Sextner Stein etwas oberhalb der „Drei-Zinnen-Hütte“ an- beziehungsweise hinaufgehen. Weitere Informationen unter www.sexten.it.