Holmes, James Bond und der Muggestutz

Tierische Begenungen sind in der Bergwelt rund um Mürren an der Tagesordnung. (Foto: Udo Haafke)
Tierische Begenungen sind in der Bergwelt rund um Mürren an der Tagesordnung. (Foto: Udo Haafke)

Als das Hotel Jungfrau in Mürren gleich vis-a-vis des gleichnamigen imposanten Bergmassiv-Trios von Eiger, Mönch und Jungfrau im Jahr 1894 eröffnet wurde, war das Dörfchen im Berner Oberland auf halbem Wege zum knapp 3.000 Meter hohen Schilthorn zwar schon als Luftkurort bekannt, touristisch jedoch nur wenig erschlossen. Das änderte sich erst etwa 20 Jahre später als die Bergbahn von Grütschalp aus auch im Winter verkehren durfte. Mürren besaß einen starken Einfluss aus dem britischen Raum, die kleine hölzerne Dorfkirche wird folgerichtig seit ihrem Bau 1877 als Englische Kirche bezeichnet.

Das Schilthorn wurde zum Drehort des Bond-Abenteuers "Im Auftrag Ihrer Majestät". (Foto: Udo Haafke)
Das Schilthorn wurde zum Drehort des Bond-Abenteuers „Im Auftrag Ihrer Majestät“. (Foto: Udo Haafke)

Sobald der Zug nun auch den Wintersport zuließ, richtete Großbritannien, in Ermangelung ausreichend weißer Pracht in heimischen Gefilden, fortan die Britischen Skimeisterschaften hier aus. Damit war der Bann gebrochen und ein ganzjähriger Fremdenverkehr möglich. Hotels, Pensionen, Gasthäuser selbst eine Natureisbahn für den Bobsport entstanden, letztere sollte in den späten 1960er Jahren eine tragende Rolle in einem großen Kinostreifen spielen.

Der Brite Ian Fleming hatte nämlich 007, den Spion ihrer Majestät, in die schneebedeckten Hochalpen geschickt um dort das Böse, dieses Mal in Person des späteren, Lolly lutschenden Kojak-Darstellers Telly Savalas, zu besiegen. So kam es, dass die Produzenten der amerikanischen Traumfabrik sich in der Zentralschweiz nach einer geeigneten Filmlocation umsahen. Wie der Zufall es wollte, errichtete man in Mürren gerade den mit Seilbahnen zu erreichenden Aussichtspunkt Piz Gloria auf dem Gipfel des Schilthorns. Dieser war als rotierendes 360-Grad-Restaurant geplant, doch den Erbauern ging das Geld aus, das Projekt schien zu sterben.

Da kamen die Filmemacher gerade recht: ihr Engagement garantierte letztlich die Fertigstellung des Gebäudes, nachdem sie dort zunächst den Film “Im Auftrag ihrer Majestät“ abgedreht hatten. Die charakteristische Form des PIZ Gloria und eine Treppenbalustrade, in die James Bond einen seiner chancenlosen Gegner bugsierte, erinnern heute noch an den Kinothriller.

In der Bond-World können 007-Fans dem Roman- und Leinwandhelden nacheifern. (Foto: Udo Haasfke)
In der Bond-World können 007-Fans dem Roman- und Leinwandhelden nacheifern. (Foto: Udo Haasfke)

Seit 2013 können Freunde des Romanhelden mit Kultstatus einiges Wissenswerte über die Entstehung des Films und die Dreharbeiten in der neu eingerichteten Bond-World erleben. Neben einem virtuellen Helikopterflug steht auch ein orangefarbener Bob zur rasanten Abfahrt im Bond-Style bereit. Lediglich Curling kann auf der Aussichtsterrasse nicht mehr gespielt werden, stattdessen stehen lebensgroße Pappkameraden Bonds bereit für Selfies und Gruppenfotos vor einer faszinierenden Hochgebirgskulisse. Und sollte die sich einmal schamhaft in Wolken hüllen, bleibt noch das gepflegte Mahl im Restaurant, das u.a. mit einem gigantischen Bond-Burger aufwartet, während der Cappuccino danach die Zahlen-Initialen des Helden trägt.

In Meiringen wurde Meisterdetektiv Sherlock Holmes im wahrsten Sinne des Wortes ein Denkmal gesetzt. (Foto: Udo Haafke)
In Meiringen wurde Meisterdetektiv Sherlock Holmes im wahrsten Sinne des Wortes ein Denkmal gesetzt. (Foto: Udo Haafke)

Die imposante Bergwelt der Region faszinierte auch den Schotten Sir Arthur Conan Doyle. Des Schreibens an den Detektivgeschichten seiner Protagonisten Sherlock Holmes und dessen Weggefährten Dr. Watson allmählich überdrüssig, kam ihm während eines Ferienaufenthaltes in Meiringen im Jahr 1893 der Gedanke den genialen Schnüffler, der längst Conan Doyles Leben bestimmte, sterben zu lassen. In seinem Tagebuch vermerkte er, dass die mächtigen Wasserfälle von Reichenbach jenseits des Meiringer Aareufers ein idealer Platz seien für den ultimativen Showdown mit dem Erzrivalen, Professor Moriarty. Infolgedessen kommt es in der letzten Kurzgeschichte aus den Memoiren des Sherlock Holmes unter dem Titel “Sein letzter Fall“ zum erbitterten Kampf der beiden Widersacher mit tödlichem Ausgang, denn beide stürzen im Gefecht vom Felsen in die Tiefe. Holmes Leiche bleibt unauffindbar.

Viel Wissenswertes über die Romanfigur ist im Sherlock Holmes Museum zusammengetragen worden. (Foto: Udo Haafke)
Viel Wissenswertes über die Romanfigur ist im Sherlock Holmes Museum zusammengetragen worden. (Foto: Udo Haafke)

Möglicherweise hatte Conan Doyle dies in weiser Voraussicht so geschrieben. Die breite Öffentlichkeit nämlich war tief entsetzt über das Ableben ihres Helden, an den sie sich so sehr gewöhnt hatte, und offenbarte nicht nur auf den Straßen Londons seine Trauer. Über den Autoren und Erfinder des fiktiven Ermittlers ging ein regelrechter “Shit-Storm“, wie man heute sagen würde, voller heftiger Anfeindungen nieder. Das Strand Magazine, in welchem die Geschichten von Holmes regelmäßig erschienen, verlor aus Protest zahllose Abonnenten. Nach zehn Jahren tauchte Holmes dann wieder unversehrt und sehr zur Freude seiner Fans in der Kriminalliteratur des Schotten auf, der sich dafür ordentliche Honorare sicherte. In “Das leere Haus“ erklärt Holmes Dr. Watson die mysteriösen Umstände seines Überlebens.

Das Holmes Museum in Meiringen lässt die Romanwelt lebendig werden. (Foto Udo Haafke)
Das Holmes Museum in Meiringen lässt die Romanwelt lebendig werden. (Foto Udo Haafke)

Meiringen und die Reichenbachfälle wurden zum Pilgerziel für Freunde und Fans des Detektivs. 1987 errichtete man mitten im Ort und unweit des stattlichen Hotel Du Sauvage, das bei Holmes “Englischer Hof“ hieß, eine fast lebensgroße Figur des Helden mit Pfeife und typischem karierten Dress und Mütze. Wenig später kam dann in der nahen Englischen Kirche das Sherlock Holmes Museum dazu. Es vermittelt dem Besucher höchste Authentizität durch Urkunden, Kleidungsstücke, Waffen und Sportgeräte, Holmes Pfeife und Lupe und weitere Detektivutensilien – als hätte der Mann tatsächlich gelebt. Glanzstück aber ist das komplett eingerichtete Wohn- und Arbeitszimmer aus der Baker Street 221B, das bis ins kleinste Detail seinen Lebensraum widerspiegelt.

Ein besonderes Erlebnis: Der Gang durch Aaareschlucht. (Foto Udo Haafke)
Ein besonderes Erlebnis: Der Gang durch Aaareschlucht. (Foto Udo Haafke)

Zu den Reichenbach-Fällen fährt von Meiringen aus eine Standseilbahn, führt ein Wanderweg, den Arthur Conan Doyle einst auf einer Wandertour von Grindelwald über die Große Scheidegg passierte. Eine weiße Markierung bezeichnet die Stelle am Felsen, an welcher der vermeintlich tödliche Kampf stattgefunden hat. Das Wasser rauscht hier geräuschvoll zwischen gigantischen Steinblöcken wild und unbändig zu Tal. Aus den heftigen Strudeln und der schäumenden Gischt am Fuß der Kaskaden wäre es nach Meinung Dr. Watsons unmöglich gewesen, die Leichen der Kontrahenten zu bergen.

In der Schweiz besten bekannt: Die Abenteuer des Muggestutz. (Foto: Udo Haafke)
In der Schweiz besten bekannt: Die Abenteuer des Muggestutz. (Foto: Udo Haafke)

Ganz so weit verbreitet wie die Romane des weltberühmten Detektivs sind die niedlichen Geschichten vom Muggestutz noch nicht. Der in der gesamten Schweiz bekannte Zwerg mit der roten Zipfelmütze entstammt der Gedankenwelt der Meiringer Kindergärtnerin Susanna Schmid, die vor knapp 20 Jahren mit dem Schreiben und Illustrieren von Kinderbüchern begann. Die Abenteuer des Gnoms und seiner urigen Kameraden aus dem Haslital versetzen Kinder in einen zauberhaften Kosmos aus Märchen, Fabel und Sage. Aber sie verfolgen darüber hinaus auch didaktische Ziele, denn sie bringen den Kindern die Natur nahe, erläutern und lehren den respektvollen Umgang mit ihr, ihren Nutzen und ihre Gefahren.

Auf zwei Wanderwegen lässt sich auf den Spuren des Muggestutz einiges entdecken. (Foto: Udo Haafke)
Auf zwei Wanderwegen lässt sich auf den Spuren des Muggestutz einiges entdecken. (Foto: Udo Haafke)

Auf den beiden Wanderwegen, den Muggestutz-Zwergenwegen, die die Gemeinde eingerichtet hat, werden an verschiedenen Stationen die Abenteuer der Wichte erlebnisreich dargestellt. Sie animieren Klein und Groß zum Mitmachen, zum Sammeln von Tannenzapfen, zum Sägen von Feuerholz, zum wilden Spiel mit dem Wasser, zur Adlerschaukel. Liebevoll wurde ein, nur für die wirklich Kleinen begehbares Zwergenhaus gestaltet mit kleinem Garten, Tisch und Stuhl. Und im Labyrinth hat sich schon so mancher verlaufen. An einem Brunnen auf der Wegstrecke schließlich taucht der Muggestutz höchstpersönlich auf: Pfeife rauchend wie sein Meiringer Freund Sherlock Holmes.

Information: Allgemein bei Schweiz Tourismus, Telefon 00800 100 200 30, www.MySwitzerland.com

Jungfrau Region & Haslital Tourismus,. Bahnhofplatz 12, CH-3860 Meiringen, www.haslital.ch, www.jungfrauregion.ch

Anreise: Mit der Swiss als StarAlliance Partner der Lufthansa von fast allen deutschen Flughäfen nach Zürich (www.swiss.com), Preis hin- und zurück schon ab EUR 97, von dort mit der Eisenbahn der SBB über Luzern nach Meiringen (www.sbb.ch), Preis ab EUR 19,50, und weiter mit dem Postbus über Grindelwald nach Lauterbrunnen und mit Bergbahnen nach Mürren (www.postauto.ch).

Alternativ mit dem Zug von Zürich über Bern nach Interlaken Ost. Die Deutsche Bahn verfügt über eine durchgehende ICE Verbindung von Berlin nach Interlaken Ost über Frankfurt und Mannheim, Preis ab EUR 79, Fahrtdauer 10 Stunden.

Prachtvolle Bergkulisse am Wetterhorn. (Foto Udo Haafke)
Prachtvolle Bergkulisse am Wetterhorn. (Foto Udo Haafke)

Unterkunft: In Meiringen stellt das Alpin Sherpa Hotel in der Innenstadt einen einfachen, aber guten Ausgangspunkt für Aktivitäten in der Region dar. Preis für DZ pro Person inkl. Frühstück ab EUR 65 (www.haslitalhotels.ch).

Das altehrwürdige Hotel Jungfrau im autofreien Kurort Mürren liegt unterhalb des 2970 m hohen Schilthorns und gegenüber dem signifikanten Bergmassiv von Eiger, Mönch und Jungfrau, dem Top of Europe. Möglichst ein Zimmer nach Osten auswählen, sie verfügen über einen Balkon und beste Aussicht übers Tal. Preis für DZ je nach Kategorie inkl. Frühstück ab EUR 56 pro Person.

Essen und Trinken: Das Restaurant des Hotel Jungfrau hat eine recht übersichtliche Karte, überrascht aber mit cleveren Menükreationen und raffinierten Suppen. Die Emmentaler Kartoffelsuppe kostet EUR 8,40, in der Schweiz ein Muss, das Käsefondue ist für EUR 18,80 zu haben, das typische Rösti je nach Zubereitung ab EUR 16,40, unbedingt das Gimmelwalder Rösti versuchen. Es besteht aus Kartoffeln mit Bio-Bratwurst vom Kalb und Zwiebelsauce. Zur Verdauung bietet sich ein Kaffee fertig an, das wärmende Getränk bekommt man überall ab etwa EUR 4. Meist im Glas serviert paaren sich heißer Kaffee und ein kräftiger Schuss Obstler oder Kräuterschnaps.

Ein kulinarisches Schmankerl Meiringens sind die Meringues, knusprig-süße Baisers aus gezuckertem Eischnee, die, wie der Name vermuten lässt, im 16. Jahrhundert genau hier erstmals kreiert wurden und später einen Siegeszug in der europäischen Konditorzunft antraten.

In der Bond-World wird stilechter 007-Cappuccino serviert. (Foto: Udo Haafke)
In der Bond-World wird stilechter 007-Cappuccino serviert. (Foto: Udo Haafke)

Sehenswert: Das Sherlock Holmes Museum befindet sich im Untergeschoss der Englischen Kirche am Conan Doyle Square, Eintritt EUR 3,20, www.sherlockholmes.ch.

Das kleine Naturmuseum Oberhasli präsentiert anschaulich die heimische Flora und Fauna, Eintritt frei. Im Freilichtmuseum Ballenberg in Hofstetten ist die Zeit stehengeblieben.

Viele typische Schweizer Häuser sind in der lebendigen Ausstellung zu sehen, Eintritt EUR 19, www.ballenberg.ch.

Rund um Mürren finden sich zahlreiche herrlich angelegte Wanderwege. (Foto: Udo Haafke)
Rund um Mürren finden sich zahlreiche herrlich angelegte Wanderwege. (Foto: Udo Haafke)

Über gut 1,5 Kilometer führt ein Weg durch bzw. entlang der Aare-Schlucht. Der Fluss rauscht in gewaltiger Strömung zwischen eindrucksvoll engen Felswänden zu Tal, im Eintrittspreis von EUR 7 ist das Rückfahrticket nach Meiringen mit der Bahn eingeschlossen. Der Zug hält im Tunnel auf Anforderung, www.aareschlucht.ch.

Mit der Reichenbachfallbahn geht es zu den spektakulären Reichenbachfällen, die Sherlock Holmes vorübergehend zum Verhängnis wurden, das Rückfahrticket kostet EUR 8, www.grimselwelt.ch.

Perfekte Panorama-Aussicht über die umliegende Bergwelt des Berner Oberlandes mit mehr als 400 Gipfeln bietet der Alpen Tower auf dem Hasliberg, der mit der-Bergbahn Meiringen-Hasliberg zu erreichen ist, Tageskarte EUR 40, www.meiringen-hasliberg.ch. An der Station Mägsialp beginnt einer der beiden Muggestutz-Zwergenwege.

Die Bond World 007 liegt am Gipfel des Schilthorns auf knapp 3.000 Meter im Bereich des Piz Gloria mit dem drehbaren Panorama-Restaurant und fantastischen Ausblicken über das Hochgebirge. Der Eintritt ist frei. Im Shop gibt es mancherlei Memorabilia. Von Mürren auf 1.600 Meter geht es mit der Schilthornbahn in die Höhe, www.muerren.ch, www.schilthorn.ch.

Auf dem Allmendhubel, dem Hausberg Mürrens, gibt es einen tollen Kinderspielplatz und den Flower-Park Alpwiese, der die Pflanzenwelt dieser besonderen Alpenregion repräsentiert. In Lauterbrunnen im Tal der Weissen Lütschine stürzt der Staubbach sehenswert in die Tiefe. Der Clou dabei: man kann durch eine Gangsystem im Felsen hinter das stürzenden Wasser gelangen, Schirm und Regenjacke sind hier hilfreich, www.mylauterbrunnen.com.

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