Digitalbildfalle – quälende Urlaubserinnerungen

Urlaubserinnerungen
Mit Blick auf die eigenen  Urlaubserinnerungen ist die Digitalfotografie Fluch und Segen zugleich. – Foto: Karsten-Thilo Raab

Danke, Smartphone. Danke, Tablet-PC. Da muss man ja zum Adenauer werden. Nein, nicht zum Oberbürgermeister von Köln oder gar zum Bundeskanzler, nein, eher zu jemanden, dem das eigenen Geschwätz von gestern nicht mehr interessiert. Was haben wir in jungen Jahren diese nicht enden wollenden Dia-Abende verflucht. Jene Abende, als wahlweise Freunde, Verwandte oder Bekannte ein paar Flaschen Bier kalt stellten und einen Mettigel sowie Käsewürfel mit Mandarinen auffuhren, um alle, die nicht schnell genug auf den Bäumen waren, rückblickend an ihrem Jahresurlaub teilhaben zu lassen.

 Urlaubserinnerungen
Ob mit Spiegelreflexkamera, Smartphone oder Tablet-PC – es wird heutzutage fotografiert, was der Speicherplatz hergibt. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Zur Einstimmung wurden entweder die Bilder von den Wänden genommen oder eine Leinwand aufgebaut, die irgendwie ein Eigenleben entwickelte und immer wieder zusammenbrach. Gefühlte 72 Stunden dauerte im Schnitt so eine Vorführung mit diesen kleinen Bildrahmen, die durch den Projektor sausten. Und was konnten wir dabei nicht alles von den Gastgebern erfahren und mit ansehen: „Hier liegen wir am Strand“ – „Hier liegen wir nun etwas weiter links am Strand.“ – „Und hier liegen wir sechs Zentimeter weiter rechts am Strand.“ Selbst wer soviel atemloser Spannung nicht gewachsen war und sich zum Durchschnaufen auf die Toilette flüchten wollte, hatte keine Chance dem Grauen zu entkommen. „Lass Dir ruhig Zeit. Wir warten mit dem nächsten Bild“, hieß es dann immer.

Im digitalen Zeitalter gehören die Diaabend eher in die Kategorie „Es war einmal…“. Und doch hat die Quälerei mit fremden Bildern kein Ende. Denn heute ist alles viel ausgefeilter, viel perfider. Dank riesiger Speichermedien kann ein jeder Tausende von Bildern auf seinem Tablet-PC oder Smartphone mit sich rumschleppen. Und wehe, ein ahnungsloser Bekannter, Verwandter oder Freund läuft ihm über den Weg. Dann schnappt die Digitalbildfalle unerbärmlich zu.

„Ich wollte dir nur mal kurz etwas zeigen“ oder „Dass musst du dir mal angucken“ lauten die Standarderöffnungen für die nun folgenden Minuten oder Stunden des Grauens, wenn mit einem Fingerzeig Tausende Bilder vom letzten Urlaub oder vom Heranwachsen der Stammhalter über den Bildschirm geschubst werden. Und es gibt kein Entrinnen. Dagegen war der gute alte Dia-Abend fast schon ein Hochgenuss. Da gab es wenigstens ein Bierchen, Mettigel und Käsewürfel mit Mandarinen.