Die verborgene Welt von Hafnarfjörður

So oder so ähnlich sollen die Elfen aussehen, die im Hellisgerđi Park von Hafnarfjörður ihr Unwesen treiben.
So oder so ähnlich sollen die Elfen aussehen, die im Hellisgerđi Park von Hafnarfjörður ihr Unwesen treiben.

Mit ihrer gedrungen Gestalt, den dicken Brillengläsern und der roten Mütze sieht Sigurbjörg Karlsdóttir selber ein bisschen wie ein Fabelwesen aus. Weniger wie eine Elfe, mehr wie ein Mainzelmännchen beim Schulausflug. Sie ist überaus eloquent. Immer wieder huscht ein verschmitztes Lächeln über ihre Wangen, und verrät, dass sie selber nicht alles, was sie sagt, ernst nimmt. Die Isländerin ist Geschichtenerzählerin. Sie steht damit in der Tradition einer alten Profession in der rauen Inselwelt des Nordatlantiks. In Zeiten, als es weder Radio noch Fernsehen, geschweige denn Telefon oder Internet gab, zogen die Geschichtenerzähler quer durchs Land von einem einsamen Bauernhof zum nächsten. Vor allem an langen Winterabenden, wenn das Vieh versorgt und an Feldarbeit nicht zu denken war, wurden die wortgewandten Erzähler in den warmen Wohnstuben gebeten, um den Familien etwas Unterhaltung zu bieten.

Mit Händen und Füßen berichtet Sigurbjörg Karlsdóttir von begegnungen mit Elfen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Mit Händen und Füßen berichtet Sigurbjörg Karlsdóttir von begegnungen mit Elfen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Sigurbjörg Karlsdóttir kommt nicht in Wohnstuben. Sie trifft sich mit ihren Zuhörern am Eingang des kleinen Hellisgerđi Park von Hafnarfjörður, der mit 26.000 Einwohnern drittgrößten Stadt Islands – nur wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt Reykjavík gelegen.

„Hafnarfjörður ist so etwas wie inoffizielle Hauptstadt der Elfen. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele von ihnen“, versichert Sigurbjörg Karlsdóttir, dass in jedem Stein und vor allem den vielen Lavahügel des Hellisgerđi Park irgendwelche Lichtgestalten oder Naturgeister leben würden. Nein, gesehen habe sie diese selber noch nicht. Sie kenne aber zahlreiche Leute, die schon das Vergnügen gehabt hätten, unterstreicht Sigurbjörg Karlsdóttir.

So sei es zum Beispiel gang und gäbe, dass Hauselfen sich Dinge einfach ausleihen, die von den Menschen dann zum Teil verzweifelt, oft gar tagelang gesucht würden. Erst dann, wenn sie keinen Spaß mehr an den Dingen hätten oder diese nicht gebrauchen könnten, würden die Elfen die Sachen zurücklegen. Außerdem würde es die Elfen lieben, auf blank geputzten Böden zu tanzen.

Elfen sind schwer zu finden und doch ein Massenphänomen in Island.
Elfen sind schwer zu finden und doch ein Massenphänomen in Island.

„Bei mir haben sie leider nicht viel zu tanzen. Vielleicht aber am nächsten Wochenende, wenn ich mal wieder Zeit habe, richtig sauber zu machen“, flachst Sigurbjörg Karlsdóttir, die lange für das statistische Amt in Island gearbeitet hat. Schmunzelnd fügt sie hinzu, dass dort Erhebungen zu allen möglichen Dingen gemacht würden, nur Elfen seien bis dato nicht gezählt worden. Bekannt sei aber, wo die Elfen überall wohnen. Deshalb gäbe es in Island auch so viele scheinbar kurios verlaufende Straßen. Jüngstes Beispiel sei die 6.500-Seelen-Gemeinde Selfoss im Süden Islands, wo eine neue Straße gebaut werden sollte. Doch inmitten der geplanten Trasse befand sich ein Elfenhügel. Nach langen Diskussionen fiel die Entscheidung, die Straße trotzdem dort zu errichten.

„Was dann geschah, ist schier unglaublich“, erzählt Sigurbjörg Karlsdóttir. Bei Baubeginn rutschte der Baggerfahrer aus und brach sich das Bein. Beim zweiten Versuch wollte der Bagger nicht starten und beim dritten Anlauf brachen Teile der Schaufel ab. Entsprechend schnell waren alle in Selfoss davon überzeugt, dass hier die Elfen ihre Finger im Spiel hätten. Als Konsequenz führt die ansonsten schnurrgerade Straße nun in einem u-förmigen Bogen um den kleinen Elfenhügel herum. Sicher ist sicher.

Hafnarfjörður ist diesbezüglich schon einen Schritt weiter als andere Gemeinden in Island. Denn dank Initiative von Autorin Erla Stefánsdóttir, gibt es einen speziellen Stadtplan, in dem die Wohn- und Aufenthaltsorte der Elfen, Trolle, Zwerge und anderen Vertretern des verborgenen Volkes, auf Isländisch Huldufólk genannt, eingezeichnet sind. Wobei die größte Konzentration im Hellisgerđi Park anzufinden sei.

In Hafnarfjörður soll es Elfen in allen Größen und Formen geben. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
In Hafnarfjörður soll es Elfen in allen Größen und Formen geben. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

„Hier gibt es Elfen, Huldren, Gnome und Baumzwerge in allen Größen und Formen. Sogar Blumenelfen, Baumnymphen und Lichtelfen sind hier anzutreffen“, beteuert Ragnhildur Jónsdóttir. Die dürre Mittfünfzigerin mit dem langen grauen Haar betreibt am Rande der Grünanlage in einem kleinen, hutzeligen Holzhaus mit dem Áltģarđurinn, was so viel wie Elfengarten bedeutet, eine Mischung aus Minicafé und Boutique. Hier dreht sich alles um die kleinen Fabelwesen. Elfen-Karten, Elfen-Bilder, Elfen-Puppen und sogar ein Elfentee aus isländischen Kräutern ist im Ausschank. Auch ein Buch, das von Elfen selber verfasst worden sein soll, ist hier im Angebot.

„Eines Nachts kam eine Elfe zu mir und hat mir den Inhalt diktiert. Sogar wie das Buch auszusehen hat, wurde von der Elfe festegelegt“, so Ragnhildur Jónsdóttir, wohl wissend, dass dies ein bisschen nach Verkaufsförderung aus dem Reich der Fabeln köingt. Denn zufällig ist Jónsdóttir auch Herausgeberin und Verlegerin des Buches.

Im Elfengarten in Hafnarfjörður dreht sich alles um die Fabelwesen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Im Elfengarten in Hafnarfjörður dreht sich alles um die Fabelwesen. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Wie die Elfe, die ihr erschienen sei, genau ausgesehen hat, vermag sich nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Schließlich würden die Elfen ständig auch ihr Aussehen ändern. Dafür könne sie aber versichern, dass ein jeder die Lichtgestalten und Naturgeister sehen könne, wenn er nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort wäre.

Und dann wird Ragnhildur Jónsdóttir doch noch konkret: Die größte Chance, Elfen zu sehen, bestünde grundsätzlich am 6. Januar. Das sei traditionell der Tag, an dem die Elfen, sofern sie umziehen möchten, ihre Häuser wechseln. Auch der 24. Juni, der 25. Dezember und 31. Dezember seien optimal, um die Naturgeister aus nächster Nähe sehen zu können. Da müssen wir wohl noch mal wiederkommen…

Allgemeine Informationen: www.visitReykjavík.is

Anreise: Icelandair fliegt ab Frankfurt direkt nach Reykjavík. Die Flugzeit beträgt rund dreieinhalb Stunden. Vom Flughafen Keflavik verkehrt der Flybus  zum 50 Kilometer entfernten Zentrum von Reykjavík. Der Flybus kostet hin und zurück 3.500 Isländische Kronen (etwa 21 Euro) für Erwachsene und 1.750 ISK (etwa 11 Euro) für Kinder.

Sprache: Landessprache ist Isländisch. Auch Englisch wird überall gesprochen.

Geld: Zahlmittel ist die Isländische Krone (ISK). 100 Kronen entsprechen etwa 0,58 Euro, ein Euro entspricht rund 170 ISK. Völlig unkompliziert ist auch der Einsatz von Kreditkarten, die nahezu überall akzeptiert werden.

Elfentouren: Hidden World Walks, Strandgata 6, 220 Hafnarfjörður, Sigurbjörg Karlsdóttir, Telefon 00354-694-2785, sibbak@simnet.is, www.alfaris. Die 1,5- bis zweistündigen Touren kosten 3.900 Kronen (etwa 23 Euro) pro Person.

Im Elfengarten von Hafnarfjörður wird auch Elfen-Kunst angeboten. (Foto: Karsten-Thilo Raab)
Im Elfengarten von Hafnarfjörður wird auch Elfen-Kunst angeboten. (Foto: Karsten-Thilo Raab)

Áltģarđurinn (Elfengarten), Hellisgerði Park, 220 Hafnarfjörður, Telefon 00354-6943153, www.elfgarden.is.

Essen & Trinken: Grillmarket, www.grillmarkadurinn.is. In-Restaurant im Herzen der Innenstadt. Neben gegrillten Fisch- und Fleischspezialitäten stehen auch Besonderheiten wie Wal oder Papageientaucher auf der Speisekarte.

Vox (im Hilton Reykjavík Nordica), 2 Sudurlandsbraur, 108 Reykjavík, Island, Telefon 00354-444-5050, www.vox.is. Eines der Toprestaurants des Landes mit moderner Fusion Kitchen, in der vornehmlich regionale Produkte verwendet werden.

Bæjarins Beztu Pylzur, Bollagarðar 4, 101 Reykjavík, www.bbp.is. Die direkt am Hafen gelegene Hot-Dog-Bude ist Kult. Oft bilden sich mehrere Meter lange Schlangen vor dem rot-weißen Schnellimbiss, an dem schon der frühere US-Präsident Bill Clinton ein Würstchen im Brötchen genoss.

Übernachten: Hotel Reykjavík Centrum, Ađalstræti 16, 101 Reykjavík, Island, Telefon 00354-514-6000, www.hotelcentrum.is. Das zentral gelegene Vier-Sterne-Haus bietet Doppelzimmer ab umgerechnet 80 Euro pro Person pro Nacht an.

Fosshotel Baron, Baronsstígur 2-4, 101 Reykjavík, Telefon 00354-562-3204, www.fosshotel.is. Das Drei-Sterne-Haus im Zentrum von Reykjavík hält große Doppelzimmer ab 120 Euro die Nacht bereit.

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