Juliette, die geschmeidige junge Frau von der Ostküste lacht- Dann reißt sie den Kopf nach hinten, schwingt gekonnt ihren farbenfrohen Glockenrock über Hüften und Schultern. Langsam beginnt sie den Séga, die überlieferte Musik der afrikanischen Sklaven, rhythmisch stapfend in immer schneller werdende Drehungen umzusetzen. Die Ségatiers scheppern dazu mit der Maravanne, einer mit Steinchen gefüllten Holzschachtel, rasseln mit Tambourins, überraschen mit dem dumpfen Klang der Ravanne, einer mit Ziegenhaut bespannten Trommel. Der Séga-Tanz, Mixtur aus Afrika, Karibik, Brasilien, gilt als „Expression of Love“ – als Ausdruck der Liebe.
Die Nacht ist schwül in der Domaine Les Pailles nahe der Inselhauptstadt Port Louis. Die Gefühle der Zuschauer, an die 30.000 sollen es wohl sein, auch aus Europa und von der ebenfalls kreolisch geprägten Nachbarinsel La Réunion, wallen allenthalben. Man ist sich noch unklar, was einen erwartet. Sie alle haben schließlich nur noch ein Ziel: drei Tage lang beim jährlich im Dezember stattfindenden Internationalen „Festival Kreol“ dabei zu sein, gemeinsam ein Fest zu feiern, zu tanzen, zu singen.
Das ist nicht vin ungefähr auch eine Herzensangelegenheit des Tourismusministers. Ganz entspannt im weißen Hemd lehnt der junge Minister an der Bühne, während Kult-Bands der Insel, Afro-Pop-Bands aus Afrika und Reggae-Musiker aus der Karibik ihren Auftritt haben. „Wir wollen die kreolische Kultur über den Inselrand hinaus bekannt machen. Das Festival bringt Dichter, Sänger, Tänzer und Musiker zusammen, aber auch Designer und Sprecher unserer großen kreolischen Familie“.
Meilenweit vom nächsten Dorf entfernt
Bis in die stille Welt des Edeldomizils „The Résidence“ in Belle Mare dringt von den jubelnden Wellen des All-Night-Konzerts allerdings nichts vor. Wie andere Clubs und Luxusoasen auf Mauritius, ist dieses elegante, im Kolonialstil gebaute Resort „Single“: stets ein Stück voneinander und meilenweit vom nächsten Dorf entfernt – und nur selten höher als der höchste Wipfel im tropischen Park.
Viele angenehme Dinge kommen hier daher zusammen: Atemberaubend schön die Lage, Palmen, puderweißer Sand, süffige Drinks, leichte, kreolische Verwöhnkost von morgens bis abends, nette Mauritianer. Der richtige Platz zum Faulenzen mit Stil: die Sonne taucht die Sichelbucht in ein unbeschreibliches Türkis und Kobaltblau bis zum weißen Riff der Lagune. Man sitzt dann auf der Terrasse und weiß: Jetzt hat einen das Mauritius-Feeling gepackt und gönnt sich eine Pina Colada unter Palmen. Was fehlt, ist eigentlich nur der Butler. Ah, da kommt er ja schon. Der wahre Luxus.
Wohltuend ist nicht nur die Freundlichkeit der Insulaner, sondern auch ihre Sprachgewandtheit. Unterhalten sie sich doch miteinander am liebsten in „Patois Créole“, die eher gesungen denn gesprochen wird, so ist ihre Amtssprache Englisch, aber Verkehrssprache das Französische als Erbe ihrer ersten Kolonialherren. Guide Paul bestätigt dies dann auch auf der Fahrt in den Süden und fügt hinzu: „Nach 20 Jahren Kampf ist es endlich an den Schulen Pflicht, alle Fächer auch in kreolisch zu unterrichten“.
Wohltuende Freundlichkeit der Insulaner
Mauritius, weltberühmt auch durch gezackte Wertpapierchen. Das Souvenir ist so spaßig wie spottbillig: Für ein paar Rupies kann man die Lieben daheim mit einer echten „Mauritius“ überraschen. Grün-rosa, leider bloß von 2012, aber originell. Die kostbaren Originale von anno 1847, die fälschlich mit „Post Office“ beschriftete „Blaue“ und ihre orangerote Schwester – als Paar heute mehrere Millionen wert – zeigt das Blue Penny Museum im Caudan Waterfront Center in Port Louis.
Jeder kennt auch den Namen, nicht so viele die Insel, die rund 800 Kilometer östlich von Madagaskar und nur 20 Grad südlich des Äquators liegt. Mit 1865 Quadratkilometern ist sie gerade mal halb so geräumig wie Mallorca. Ein Stecknadelkopf auf dem Globus, der erst 1968 unabhängig von Großbritannien wurde.
Vulkane, erstarrt zu bizarren Zinnen aus Basalt und Lava, ragen bis zu 826 Meter hoch; der Mont du Rempart gleicht fast auch steingenau dem Matterhorn. Schier endlose Zuckerrohrfelder, einst einziges Kapital; Oleander, Hibiskus, Bougainvilleen am Wegesrand, leuchtend rote Flamboyants und schließlich der indische Banyan mit seinen riesigen Luftwurzeln. Immer wieder Ananas, Mangos, Papayas und Sandstrände, zusammen 160 Kilometer lang, die natürlich zu jeder Art von Wassersport einladen. Sie liegen an seidenweichen, kristallklaren, türkisgrünen Lagunen, geschützt durch einen Ring von Korallenriffen, gesäumt von Kasuarinen, Palmen und Hotelanlagen…
Ein Stecknadelkopf auf dem Globus
Das Erlebnis auf Mauritius aber sind die Menschen. An die 1,25 Millionen Einwohner zählt die kleine, kosmopolitische Insel, über zwei Drittel davon Inder und Tamilen aus Sri-Lanka, ein Viertel Kreolen afrikanischer oder madegassischer Abstammung. Dazu noch Chinesen, Briten, Franko-Mauretanier, Einwanderer aus buchstäblich aller Welt. Buddhisten, Hindus, Moslems, Christen, von nubisch bis nordisch, schwarz, braun, weiß, gelb, die seit Generationen tolerant neben- und miteinander leben und selbstverständlich alle religiösen Feste gemeinsam feiern.
Das erklärt, warum die kreolische Kultur überaus sinnlich ist. Die beschränkt sich daher nicht aufs Essen und auf Wellness. Man kann es am Grand Bassin erleben, dem heiligen See der Hindus bei vielen farbenfrohen Zeremonien.
Aber auch in der Kathedrale in Port Louis zeigen die Figuren von Jeanne d’Arc oder Saint Louis eine bunte Lebensfülle. Hinter dem großen, exotischen Markt gibt es viele kleine Läden, in denen die multikulturelle Gesellschaft Tür an Tür ihre Waren anbieten: feine Pashminas, Seidenblusen, Cashmere-Pullover, alles für kleines Geld. In der Moschee ruft gerade der Muezzin zum Gebet; das faszinierende Völkergemisch ist nirgendwo auch nur Ansatzweise ein Problem.
Ausflüge, Attraktionen? Eine Handvoll Ziele gibt es wohl ganz sicher: Port Louis zum Shopping und auch Flanieren; der Kraterrand Trou aux Cerfs bei Curepipe, die Coloured Earths; Erdböden, die in acht verschiedenen Farben schimmern; Hindu und Tamil-Tempel; ein Muss ist Pampelmousse, einer der wohl schönsten botanischen Gärten der Welt. Und Labourdonnais, ein Schloss in üppiger Natur.
Ein Vorbild für das Paradies
Im Naturschutzgebiet im bergigen Süden, wo Makaken-Affen durch den Urwald rasen, Wild und Mungos leben, wandern Touristen gern durch Schluchten und auf Höhen, erfreuen sich dann an Wasserfällen, tropischen Blüten, an den letzten Ebenholzbäumen. Hier kann man sich gut vorstellen, wie paradiesisch die Insel vor sich hinschlummerte, ehe die ersten Europäer an Land kamen und statt Menschen Abertausenden von Riesenschildkröten begegneten.
Den Abend verbringt man, nach Tauch- oder Schnorchelgängen in der farbenfrohen Unterwasserwelt, beim Dinner am Strand unter tropischem Sternenhimmel. Die Küchenchefs in den Resorts zaubern Barbecues und Fischgrills, kreolische Currys und Chutneys, chinesische oder indische Buffets, ehe es mit dem temperamentvollen Séga in die Nacht geht.
Ein Pärchen am Nebentisch schaufelt derweil den weichen, warmen Sand in Flaschen – sie wollen ein Stück Urlaub mit nach Hause nehmen. Kein Zweifel: Dieses Fleckchen Erde muss auch Mark Twain, mit ein wenig Übertreibung zwar, gemeint haben: „Gott nahm Mauritius als Vorbild fürs Paradies“. Stimmt: hier könnte man die Welt vergessen. Zumindest die vielen bunten Postkarten für zuhause. Schade um die „Mauritius“…
Wissenswertes zu Mauritius in Kurzform
Allgemeine Informationen: www.tourism-mauritius.mu
Anreise: z.B. mit Air Mauritius in elf Stunden ab Frankfurt und München.
Dokumente: Für die Einreise ist lediglich ein noch sechs Monate lang gültiger Reisepass erforderlich.
Beste Reisezeit: Angenehmes Klima mit Durchschnittstemperaturen von 25 Grad von Mai bis November und 29 Grad von Dezember bis April.
Sprache: Englisch und Französisch, zunehmend auch etwas Deutsch.
Währung: Das Zahlungsmittel heißt Rupie (45 Rupien sind rund 1 Euro). In allen Banken und Wechselstuben wird Bargeld akzeptiert. In fast allen Hotels, Restaurants, Geschäften und Supermärkten kann man zudem mit den üblichen Kreditkarten bezahlen. Bargeld bekommt man an Automaten mit der Maestro Bankkarte. Euroschecks werden jedoch nicht akzeptiert.
Sport: Die Insel ist ideal für jede Form von Wassersport: Tauchen, Surfen, Segeln, Parasailing, Wasserski und Hochseefischen. An Land gibt es gute Golfplätze; Mountainbiking, Tennis, Reiten und Trekking ist überall möglich.
Besonderes: Resorts bieten Kochkurse für kreolische Küche an; Rumverkostung von Chamarel; Zuckermuseum; Teeplantage mit Teefabrik und Teemuseum, Spezialität Vanilletee; Galerien und Handycraft Markt in Le Caudan Waterfront/Port Louis.
Beliebtes Souvenir ist das Körpertuch Sarong; am Strand und auf Märkten günstig zu kaufen.
Unterkünfte: Pearl Beach Resort & Spa: 13 Nächte im Doppelzimmer Deluxe mit Halbpension inklusive Flug ab Frankfurt ab 1.999 Euro pro Person bei FTI.
he Residence, Belle Mare Plage, 135 Zimmer, 28 Suiten, Spa-Bereich; Butlerservice, Kinder erwünscht; bei Thomas Cook,
LUX* Grand Gaube; goldfarbener Sichelstrand mit Overwater-Pavillons; alle Arten von Wassersport
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Katharina Büttel
lebt und arbeitet als freie Reisejournalistin in Berlin. Über 30 Jahre reist sie für ihre Reportagen und Fotos um die Welt – seit vielen Jahren veröffentlicht sie auch im Mortimer-Reisemagazin.