Die Anreise ist etwas mühselig. Da auf Sansibar keine großen Langstreckenflugzeuge landen können, fliegen Mittelstreckenmaschinen. Diese müssen dann allerdings in Hurghada zwischenlanden. Oder es geht über Addis Abeba oder Nairobi. In jedem Fall dauert es gut zehn Stunden, bevor man kurz unter dem Äquator den Boden wieder betritt. Dabei ist schon wichtig, vorher genau zu schauen, mit wem man fliegt.
TUI Fly etwa ist eigentlich ein Fall für die UN-Menschenrechtskommission. Bei den für die blauen Flieger Verantwortlichen hat man wohl betriebsintern eine Wette zu laufen: Wie viele Sitzreihen passen rein? Das führt zu einem Sitzabstand, der an Körperverletzung grenzt. Als Ausgleich kann man vorher im Internet einen Comfort Seat buchen. Doch Überraschung: In unserem Fall war der gebuchte Platz 9a ein stinknormaler Sitz. Ohne auch nur einen Zoll oder Zentimeter mehr Sitzabstand. Geld zurück gab es dann trotzdem nicht. Da möchte man doch den Verantwortlichen zurufen: „Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst!“
Gewürztouren auf Sansibar
Diesen Satz sagt man ja mitunter zu Menschen, denen man nicht gerade das Beste wünscht. Dabei sind doch gerade die Orte, wo eben dieses Gewürz heimisch ist, nicht die unangenehmsten auf der Welt. Seien es Inseln in Indonesien, den Philippinen, Malaysia, Madagaskar oder eben Sansibar. Nein, nicht die Edelkaschemme auf Sylt. Das Sansibar vor der Küste Afrikas. Dort auf der Insel, die ansonsten nicht allzu viel zu bieten hat, sind die Gewürze eine touristische Größe.
„Spice Tour“ ist ein immer wieder gern angebotener Ausflug. Da geht es dann etwa zur Tangawizi-Spice-Farm gut eine halbe Stunde nördlich der Hauptstadt. Nun ja, unter Spice Farm stellt man sich ordentlich angelegte Reihen mit Gewürzpflanzen vor. Im genannten Fall scheint jedoch einzig das Schild mit dem Namen der Farm angelegt. Alles andere wächst da im Busch irgendwie vor sich hin. Nicht nur Gewürze wie eben der sprichwörtliche Pfeffer. Vanille ebenso wie Ylang-Ylang, dessen Öl in vielen Parfüms und Cremes benutzt wird. Aber auch Mango, Avocado, Zitrone, Limette, Ananas, Maniok und etliche andere nützliche Pflanzen. Aber wie gesagt – ein Farmcharakter ist kaum zu erkennen.
Pseudo-Schnäppchen
Zwei Stunden veranschlagen die Betreiber für die Tour. Doch schon nach wenigen Minuten ist klar, was das soll. Ebenso der obligatorisch am Ende angebotene Einkauf von Gewürzen. Man ahnt was kommt. Alles teuer als auf einem heimischen Markt. Etwa in Stone Town gut 45 Minuten entfernt. Die Stadt atmet noch ein wenig koloniales Erbe. Als die Herrscher aus dem Oman, Engländer und Deutsche über die Geschicke Sansibars bestimmten.
Es mag eine glanzvollere Zeit gewesen sein und angesichts dessen, was man so von den Lebensbedingungen der Einheimischen so sieht, kann es ihnen damals kaum schlechter gegangen sein. Koloniales Erbe findet man auch im Hotel Afrika House. Ehemals ein britischer Offiziersclub. Dort auf der Terrasse ist einer der schönsten Plätze für den Sundowner. Im Westen, da wo Tansania liegt, versinkt die Sonne und unten auf der Wiese vor dem Meer proben Akrobaten ihre Kunststücke.
Haupstadt ohne Attraktionen
Bevor man sich auf der Terrasse niederlässt, ist eine Erkundung der Altstadt angesagt. Kleine Gassen mit Handwerkern, Touristengeschäfte, irgendwo wird ein Fußballspiel übertragen und dutzende Menschen stehen davor und fiebern mit. In der Markthalle liegen der Fisch und das Fleisch einfach so herum und man sieht mehr Fliegen als vom eigentlichen Produkt. Wirkliche Sehenswürdigkeiten bietet die Hauptstadt Sansibars kaum.
Ein Fotohotspot ist jedoch das Mercury House. Dort wurde der wohl größte Sohn der Insel geboren: Freddie Mercury. Kurios in diesem Zusammenhang, dass im Reiseführer bei Strafe ausdrücklich vor homosexuellen Kontakten gewarnt wird. Vielleicht war das ein Grund, warum der legendäre Sänger der Rockgruppe Queen die Insel verlassen hat.
Drangvolle Enge am Strand
Vor der Küste Stone Towns liegen einige kleine Inseln und Sandbänke. Genau richtig für einen Ausflug. Nur ein paar Minuten mit dem Boot und man ist in der puren Natur. Na, immerhin kurzzeitig. Den Ausflug auf die Sandbank macht wohl jeder und so kommt es, dass man nach einiger Zeit kaum noch Sand auf der Bank sieht vor lauter Menschen. Ein wenig überfüllt ist es auch an der nächsten Station beim Schnorcheln an einem Riff und dann auf Prison Island.
Neben Robben Island vor Kapstadt, eine der ältesten Gefängnisinseln Afrikas. Später mal als Hotel genutzt, inzwischen einigermaßen verfallen. Den behäbigen Bewohnern der Insel ist es egal. Schildkröten, wovon die älteste mehr als 190 Jahre auf dem Buckel hat. Schade, dass sie nicht aus der Geschichte erzählen kann. Doch wer nach Sansibar kommt, macht das wohl eh nicht wegen Sehenswürdigkeiten oder Schildkröten. Strand und Meer sind das Ziel. Beispielsweise genau auf der anderen Seite der Insel.
Das falsche Paradies
Dort liegt das von der TUI angebotene Resort Paradise Beach. Ein gutes Beispiel, dass bei der Namensgebung wohl vor allem das Marketing im Vordergrund stand. Oder vielleicht war auch einfach der Wunsch Vater des Gedankens. Paradise und Beach jedenfalls – beides ziemliche Fehlanzeige. Fast ganztägig ist Ebbe und wenn dann am Nachmittag das Meer endlich mal da ist, bringt es jede Menge Seegras-Schlick an den Strand und beim Auftreten auf den Meeresboden versinkt man mehr als knöcheltief im Schlamm. Immerhin ist die Anlage ansonsten sehr gemütlich und auch der Pool ist ordentlich.
Schon auf der dem Ozean zugewandten Seite in Kiwenga und weiter nördlich in Matemwe denkt man plötzlich doch noch das Paradies gefunden zu haben. Ein breiter weißer Sandstrand, türkisfarbenes Meer. Noch besser wird es auf der Ostseite ab Kendwa. Hier lohnt ein Spaziergang Richtung Norden. Vorbei an etlichen Resorts, die alle doch eher den Namen Paradies verdient hätten, viele Wassersportangebote, wie überall auf der Welt, landet man in Nungwi.
Eher das, was man sich von einem kleinen Urlaubsort am Strand vorstellt. Breiter weißer Strand, klares schillerndes Meer, Bars, Restaurant, eine kleine Promenade. Wiederum genau der richtige Ort für den Sundowner. Ein Ort der einen mit der Insel versöhnt und an dem man trefflich den Sonnenuntergang genießen kann. Ist doch immer wieder schön. Weitere Informationen unter www.zanzibar.com.
Honza Klein
Der Berliner hat für diverse Radiosender gearbeitet, war viele Jahre Redakteur bei der Berliner Morgenpost, hat an Büchern über Berlin mitgearbeitet und ist u.a. Autor für die Super Illu und Gastgeber einer Talksendung bei TV Berlin.