Madrid – Palast ohne König und Götter in Weiß

Fer Palacio Real in Madrid ist ein Stadtschloss der Superlative - auch wenn die königliche Familie nur selten hier zu Gast ist. (Foto Karsten-Thilo Raab).
Fer Palacio Real in Madrid ist ein Stadtschloss der Superlative – auch wenn die königliche Familie nur selten hier zu Gast ist. (Foto Karsten-Thilo Raab).

Die königliche Familie ist hier schon lange nicht mehr zu Hause. Sie bewohnt seit 1962 den Palacio de la Zarzuela, ein Schloss in den Bergen von El Pardo. Lediglich zu offiziellen Anlässen und Empfängen nutz Felipe VI. den königlichen Palast im Herzen der spanischen Hauptstadt noch. Gleichwohl ist der Besuch des königlichen Palastes einer der Höhepunkt eines jeden Madridbesuches.

Im Palacio Real lassen sich herrliche Eindrücke vom Leben der Königsfamilie gewinnen. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im Palacio Real lassen sich herrliche Eindrücke vom Leben der Königsfamilie gewinnen. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Denn der Palacio Real ist ein Stadtschloss der Superlative. Der neoklassizistische Prachtbau aus dem 18. Jahrhundert verfügt über 2.800 Zimmer auf sechs Etagen. Insgesamt zieren zusammengerechnet nicht weniger als 14 Kilometer Wandteppiche die Räume. Die wertvollen Webwaren dienten in längst vergangenen Tagen gleichermaßen als Dekoration und zur Isolation in den mitunter kalten Wintertagen.

Neben Bildern von Goya, Velázquez, Rubens, El Greco und Caravaggio verfügt der Palast über 600 wertvolle Uhren. Und der Speisesaal mit seinen 160 Plätzen, die von Lüstern mit 1.000 Glühbirnen ausgeleuchtet werden, scheint ideal, wenn mal unverhofft ein paar Leute mehr bei „Königs“ zu Besuch sein sollten.

Jeweils mittwochs um 12 Uhr lädt die königliche Garde gegenüber der Puerta del Principe zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert ein. In Galauniformen aus der Zeit von König Alfons XIII. (1886-1941) marschieren Soldaten der Elitetruppe zum feierlichen Wachwechsel auf. Eine feierliche Zeremonie, die an jedem ersten Mittwoch im Monat zu einem wahren Spektakel anwächst, wenn rund 400 Gardisten mit 100 Pferden hier eine Parade abhalten.

Einer der vielen Prachtbauten in Spaniens Hauptstadt: Stierkampfarena Las Ventas. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Einer der vielen Prachtbauten in Spaniens Hauptstadt: Stierkampfarena Las Ventas. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Nicht gerade königlich wirkt hingegen das wenige Gehminuten entfernt liegende Kloster Las Carboneras. Und doch verbirgt sich hinter der schlichten Fassade im maurischen Stil eine Besonderheit: Ein kurzes Klingeln, schon ertönt durch den Lautsprecher ein fröhliches „Ave Maria purissima“. Mit einem Surren öffnet sich die Tür. Zusehen ist jedoch kein Mensch. Denn die dort lebenden Nonnen dürfen die weltlichen Besucher nicht zu Gesicht bekommen.

Dafür können Letztere göttlich gut schmeckende Kekse käuflich erwerben und damit die Glaubensgemeinschaft unterstützen. Der Verkaufsschalter liegt hinter einem hölzernen Verschlag mit Drehvorrichtung, in der zunächst das Geld – Galletas (Zitronenkekse) kosten 5,25 Euro, Naranjines (Orangenkekse) 7,75 Euro das halbe Kilo – hineingelegt werden muss, ehe die kleinen Backwaren wie von Geisterhand beflügelt zum Vorschein kommen.

Durch eine kleine Luke am Kloster Las Carboneras werden die köstlichen Naranjines gereicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Durch eine kleine Luke am Kloster Las Carboneras werden die köstlichen Naranjines gereicht. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Ein königlicher Genuss ganz anderer Art wird nur einen Steinwurf entfernt im Schatten der Oper angeboten – und dies im doppelten Sinne. Zwischen Tapas, Hauptgang und Vino Tinto sorgen im Restaurant La Favorita ausgebildete Opernsänger mit ihren Gesangsdarbietungen für die eigentliche Würze der ohnehin exzellenten Küche – stimmgewaltige Appetithäppchen, die die Gaumenfreuden wohlklingend ummanteln.

An den in Grün und Rot gehaltenen Wänden stechen Bilder vom Stierkampf, Blumenmotive und Gemälde schöner Frauen ins Auge. Weiße, gestärkte Tischdecken und Silberbesteck bilden zusammen mit sanfter Klaviermusik den gastlichen Rahmen. Auf den Tisch des Hauses kommen traditionelle madrilenische Produkte und Gerichte. Dazu gehören Vinos de Madrid, Fleischgerichte aus der Sierra de Guadarrama und natürlich Oliven aus dem Campo Real sowie andere Tapas-Variationen.

Im Restaurant La Favorita ausgebildete Opernsänger mit ihren Gesangsdarbietungen für die eigentliche Würze der ohnehin exzellenten Küche. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Im Restaurant La Favorita ausgebildete Opernsänger mit ihren Gesangsdarbietungen für die eigentliche Würze der ohnehin exzellenten Küche. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Neben den normalen Servicekräften bedienen auch einige als Ober getarnte Opernsänger. Zwischen jedem Gang gibt einer der Künstler aus Spanien, der Ukraine, Russland und Kolumbien eine Kostprobe seines Könnens.

Derweil verspricht das Prado-Museum mit seinen mehr als 4.000 Gemälden aus verschiedenen Epochen faszinierende optische Genüsse. Herausragend ist die Sammlung mit 500 Werken von Goya. Daneben finden sich im Prado Werke aller wichtigen spanischen Künstler von El Greco über Murillo bis hin zu Velázquez. Nicht zu vergessen sind flämische Arbeiten von Künstler wie Van Dyck, Rubens oder Bosch, italienische Meister wie Titian und Caravaggio und deutsche Meister wie Albrecht Dürer oder Lucas Cranach.

Die grüne Luinge im Herzen von Madrid: der liebevoll angelegte Retiro-Park-. (Foto Karsten-Thilo Rab)
Die grüne Luinge im Herzen von Madrid: der liebevoll angelegte Retiro-Park-. (Foto Karsten-Thilo Rab)

Rund um den Prado finden sich die nobelsten Wohnungen von Madrid. Zwischen dem Museum und dem Retiro-Park, der Grünen Lunge der Stadt, wohnt von Haben und Neureich gerne mal in 500 bis 600 Quadratmeter großen Stadtwohnungen. Fläche, die zur Entfaltung der Persönlichkeit dient und mit 6.000 Euro pro Quadratmeter zu Buche schlägt. Na ja, wer es sich leisten kann.

Großverdiener mit dem Beinamen „Die Königlichen“ sind auch im Estadio Santiago Bernabéu zu Hause. Die Heimspielstätte von Real Madrid gilt als einer der bedeutendsten europäischen Fußballtempel. Kaum ein anderer Verein auf der iberischen Halbinsel wird so vergöttert und gleichzeitig so gehasst wie die „Königlichen“. Und wem immer es gelingt, eines der 80.000 Tickets für ein Heimspiel der „Madridistas“ zu ergattern, der darf sich zu Recht königlich fühlen. Dem Volksmund nach werden die Eintrittskarten ausschließlich vom Vater an den Sohn vererbt und sind im freien Verkauf so gut wie nicht erhältlich.

Der berühmte Fußballtempel in Madrid: das Estadio Santiago Bernabéu. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Der berühmte Fußballtempel in Madrid: das Estadio Santiago Bernabéu. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Dennoch kann ein jeder den Mythos Bernabéu im Rahmen einer Stadiontour am eigenen Leib erfahren. Und zwar sowohl aus der Zuschauer- als auch aus der Spielerperspektive. Der Rundgang führt vorbei an der vereinsinternen „Hall of Fame“. Hier werden anhand von Bilder und Videos Erinnerungen an die größten Triumphe von Europas erfolgreichstem Verein wach.

Trikots und Schuhe der „Götter in Weiß“ sind ebenso ausgestellt wie die zahllosen Pokale des Vorzeigeclubs. Auch Porträtfotos aller Spieler, die bislang für Real in der höchsten spanischen Spielklasse oder auf europäischer Ebene auf Torjagd gingen, zieren die Wände.

Stolz präsentiert Real Madrid im vereinseigenen Museum die Trophäensammlung. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Stolz präsentiert Real Madrid im vereinseigenen Museum die Trophäensammlung. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Besucher können auf der Auswechselbank Platz nehmen und vom Millionenvertrag träumen oder in der Coaching-Zone Anweisungen an imaginäre Spieler geben. Durch den Spielertunnel geht es weiter in die großzügige Gästeumkleidekabine, die einem 40-köpfigen American-Football-Team bequem Platz bieten würde. Im Presseraum, wo gewöhnlich nach jedem Spiel die 90 Minuten auf dem Rasen in allen Einzelheiten analysiert und wichtige Entscheidungen des Vereins Kund getan werden, geht für die Besucher der Traum von Ruhm und Ehre weiter.

Wie die Trainer und Spieler können sie vor der mit den Logos der Sponsoren überzogenen Wand auf dem Podium zum Mikrofon schreiten. Blitzlichtgewitter garantiert – allerdings nicht von der internationalen Fachpresse, sondern von Freunden und anderen Besuchern, die diesen Moment für die Ewigkeit festhalten und mit ihren Kameras auf Zelluloid bannen.

Abendstimmung an einem der vielen belebten Plätze von Madrid, der Plaza de Chueca-. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Abendstimmung an einem der vielen belebten Plätze von Madrid, der Plaza de Chueca-. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Übrigens, wer die Spieler von Real Madrid einmal aus nächster Nähe sehen möchte, aber kein Glück beim Ticketkauf hatte, der sollte nach wichtigen Spielen zum Plaza de Cibeles unweit des Prado kommen. Denn dort hüpfen die „Madridistas“ sehr zur Freude ihrer Fans nach dem Bad in der Menge gerne mal in den Brunnen – vor allem nach Erfolgen gegen den FC Barcelona oder den Lokalrivalen Atletico.

Allgemeine Informationen:  www.tursimomadrid.es oder www.conturmadrid.es

Ein Muss für jeden Madrid-Aufenthalt: ein Abstecher zum Rastro Flohmarkt. (Foto Karsten-Thilo Raab)
Ein Muss für jeden Madrid-Aufenthalt: ein Abstecher zum Rastro Flohmarkt. (Foto Karsten-Thilo Raab)

Einkaufen: Immer sonntags steigt der berühmte Flohmarkt im Stadtviertel Rastro (U-Bahn Tirso de Molina), bei dem alles von Antiquitäten bis hin zu Kleidung feilgeboten wird. Doch Vorsicht, hier lauern Taschendiebe! Die Madrilenen sagen: „Es gibt zwei Arten von Flohmarktbesuchern am Rastro: Die, die mit Tasche kommen und gehen, und die, die ohne Tasche wieder gehen.“

Die wichtigste Shoppingmeile ist die Calle de Serrano. Hier drängen sich alle bekannten Marken und Designerlabel der Welt Tür an Tür. Auch die vermeintlich beste Bäckerei Madrids ist hier zu finden: Die 1931 eröffnete Pastelina Mallorca.


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