Schuld sind wohl Claude Monet und Eugène Boudin. Die beiden berühmten Künstler stellten dereinst am gut 350 Jahre alten, rechteckigen Hafenbecken Vieux Basin ihre Staffeleien auf und bannten die malerische Kulisse mit ihren bunten Fischerbooten, Segelschiffen und Yachten vor schmalen, schieferverkleideten, siebenstöckigen Häusern wiederholt auf ihre Leinwände. Insbesondere auch, weil die Farbenpracht, die sich bei wechselnden Lichtverhältnissen im Wasser spiegelt, für eine besondere Atmosphäre sorgte und sorgt.
Seither folgten unzählige Künstler ihrem Beispiel und verhalfen so dem kleinen Honfleur zu internationaler Berühmtheit. Heute sind es rund drei Millionen Besucher pro Jahr, die diesen magischen Flecken in der Normandie temporär bevölkern und auf den Digitalchip ihres Smartphones oder ihrer Kamera bannen.
Inspiration für Generationen von Künstlern
Als Einstimmung auf die Bedeutung der Malerei in Honfleur ist am zentralen Kreisverkehr unweit des Hafenbeckens ein überdimensionaler Bilderrahmen mit Blumen bepflanzt, darin steckt ein angedeuteter Pinsel und auf der bepflanzten Wiese liegen Farbtuben. Monet– und Boudin-Jünger und Künstler finden aber auch sonst in der 7.000-Seelen-Gemeinde an der Mündung der Seine in den Ärmelkanal reichlich Inspiration. Davon zeugen etwa die vielen Galerien und Ateliers.
Derweil bietet das Musée Eugène Boudin einen tiefen Einblick in das Leben und Werk der vielen namhaften Künstler wie Courbet, Sisley, Jongkind, Dubourg, Dufy und Cals, die im Laufe der Jahrzehnte von Honfleur inspiriert wurden. Einen Schwerpunkt der Sammlung bildet das Leben und Werk von Eugène Boudin, der 1814 in Honfleur das Licht der Welt erblickte, Zeit seines Lebens der Normandie eng verbunden blieb und seiner Heimatstadt nach seinem Ableben im Jahre 1898 viele seiner Zeichnungen und Gemälde vermachte.
Salzlager als Ausstellungsfläche
Zeitgenössische Kunst lässt sich derweil im Grand Grenier à Sel bestaunen. Das historische Salzlager in der Rue de la Ville wurde in eine riesige Galerie umgewandelt, in der bei freiem Eintritt wechselnde Ausstellungen überwiegend regionaler Künstler präsentiert werden.
„Selbst, wer sich nicht für Kunst interessiert, wird von dem Gebäude begeistert sein“, schwärmt Magali Margarine. Ergänzend blättert die charmante Stadtführerin mit dem kurzen blonden Haar verbal ein wenig im Geschichtsbuch: „Das Grand Grenier à Sel wurde im Jahre 1670 als eines von ursprünglich drei Salzlagern in Honfleur errichtet. Hier konnten bis zu 10.000 Tonnen Salz eingelagert werden“, verweist Magali auf die Tatsache, dass das Salz den ortsansässigen Fischern in längst vergangenen Tagen half, den Fisch, vor allem den Kabeljau, den sie vor Neufundland gefangen hatten, länger haltbar zu machen.
Frankreichs größte Holzkirche
Auf einem Hügel unweit des Hafenbeckens erhebt sich mit der Église Sainte-Catherine Frankreichs älteste Holzkirche aus dem 15. Jahrhundert. Errichtet wurde das ungewöhnliche Gotteshaus mit dem separaten Glockenturm mit Holz aus dem Forêt de Touques, dem mit 3.500 Hektar größten Wald im Calvados, und Techniken aus dem Schiffsbau.
„Ursprünglich gab es nur ein Kirchenschiff, aber aufgrund des starken Bevölkerungswachstums wurde schon 1496 ein weiteres Kirchenschiff hinzugefügt“, weiß Magali zu berichten. Ungewöhnlich ist zudem, dass Sainte Catherine über einen separaten Kirchturm verfügt. Umgeben ist das Wahrzeichen von Honfleur von engen, verträumten, mit Kopfstein gepflasterten Straßen und Gassen. Einen besonderen Blickfang bildet hier die Rue de L’homme de Bois mit ihrer Mischung aus Fachwerkhäusern und pastellfarbenen sowie knallbunten Fassaden.
Rest der einstigen Stadtbefestigung
Von hier führt der Weg zurück zum Hafenbecken. Am Rande des Vieux Basin erhebt sich mit dem La Lieutenance ein weiteres historisches Kleinod, das ursprünglich Teil der Stadtbefestigung war. Später diente das älteste Gebäude der Stadt als Wohnsitz für den Leutnant des Königs. An der Fassade der alten Stadthalterei erinnert eine kleine Büste an Samuel de Champlain. Der Seefahrer und Entdecker brach von Honfleur aus ins heutige Kanada auf, wo er im Jahre 1608 am Sankt-Lorenz-Strom eine Siedlung gründete, aus der sich die Stadt Québec entwickelte.
Und während sich nur einen Steinwurf entfernt ein nostalgisches Karussell aus dem 19. Jahrhundert mit handgeschnitzten Pferden dreht, erzählt das am Rande des Hafenbeckens gelegene Marinemuseum mit einer Sammlung an Schiffsmodellen, Objekten und Erinnerungsstücken über die Bedeutung der Seefahrt für die charmante Kleinstadt.
Erik Satie – musikalischer Botschafter von Honfleur
„Mit Erik Satie hat Honfleur eine weitere bedeutende Persönlichkeit hervorgebracht“, verweist Magali auf die Tatsache, dass dem Musiker und Komponisten mit der Maison Satie in seinem Geburtshaus ein Denkmal gesetzt wurde. Das Museum lädt zu einem szenografischen und musikalischen Rundgang auf den Spuren von Satie ein, der hier im Jahre 1866 geboren wurde.
So viel Kultur pur macht natürlich hungrig und durstig. Auch in punkto Genuss setzt Honfleur nicht nur mit den unzähligen Restaurants rund um das Vieux Basin Maßstäbe. Während die vielen kleinen Patisserien und Chocolatiers zu süßen Stärkungen verführen, ist es fast schon ein Muss, einen Teurgoule, einen traditionellen Reisauflauf mit Zimt, oder die Moules marinières, die Muscheln nach maritimer Art, zu probieren. Nicht fehlen dürfen zudem die schmackhaften Käse aus der Normandie und natürlich die für die Region typischen Calvados-Apfelbrände oder das eine oder andere Gläschen Cidre, des beliebten Apfelweins.
Informationen: www.ot-honfleur.fr und https://de.normandie-tourisme.fr
Tipp: Auf dem Wasserweg nach Honfleur
Honfleur liegt auch auf der Route einer achttägigen Flusskreuzfahrt auf der Seine Comtesse zwischen der französischen Hauptstadt Paris und Le Havre und zurück, die nicko cruises von März bis Oktober ab 1.298 Euro pro Person anbietet.
Das Flusskreuzfahrtschiff ist 114,3 Meter lang, 11,4 Meter breit und bietet Platz für maximal 150 Passagiere. Die Kabinen sind zwischen elf und 14 Quadratmetern groß. Weitere Informationen unter www.nicko-cruises.de.
Die Recherche fand auf Einladung / mit Unterstützung von nicko cruises statt.
Karsten-Thilo Raab
berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.