Den Chiemgau entdecken: Entenloch, Staubfall und der (zweit-) kälteste See Mitteleuropas

Chiemgau
Im Chiemgau gibt es weit mehr als den Chiemsee zu entdecken – und dies gleichermaßen auf Schusters Rappen oder vom Fahrradsattel aus.

„Baden verboten“ heißt es am Frillensee bei Inzell. Es wäre ohnehin kein Vergnügen, denn der kleine See sieht kaum Sonne und wird deshalb nur selten wärmer als zwölf Grad. Um nach einer Wanderung die Füße in seinem türkisblauen Wasser abzukühlen, ist er ideal, mehr ist aus Naturschutzgründen nicht erlaubt. Im Herbst friert er so schnell und gründlich zu, dass bis zum Jahr 1963 die Eisschnellläufer dort um die Deutsche Meisterschaft kämpften.

Auf rund 900 Metern gelegen, ist er der kälteste See Mitteleuropas, abgesehen vom hochalpinen Funtensee (1.600 Meter) im benachbarten Berchtesgaden. Der Weg vom Frillensee zum wärmsten See Oberbayerns, dem Waginger See, führt 25 Kilometer nach Norden und 450 Höhenmeter nach unten. Der Waginger See, ein ideales Revier zum Baden und Schwimmen, ist sehr beliebt bei Campern: Auf 28 Uferkilometern gibt es zwölf Campingplätze.

Chiemsee – ein Natur- und Wassersportparadies

Der Chiemsee ist nicht nur bei Anglern und Fischern beliebt.

Der Star unter den 50 Seen im Chiemgau ist der Chiemsee, wegen seiner Größe auch „Bayerisches Meer“ genannt. Seine naturbelassenen Ufer sind für Badegäste, Spaziergänger und Radler fast vollständig zugänglich. Der längste Badestrand mit Strandbad und zahlreichen Badebuchten liegt am Südostufer in Übersee. Er ist fast zwei Kilometer lang und grenzt an das Mündungsgebiet der Tiroler Achen, das besterhaltene Binnendelta Mitteleuropas, das unter strengem Schutz steht.

Rekordverdächtige Zahlen

Der Chiemsee, größter See Bayerns und drittgrößter See Deutschlands, ist 80 Quadratkilometer groß und an der tiefsten Stelle rund 75 Meter tief. Wer ihn mit dem Rad umrunden möchte, braucht für die knapp 60 Kilometer ein paar Stunden. Der See entstand während der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren. Wenn diese Zeitspanne erneut vergangen ist, wird es ihn nicht mehr geben: Durch die Schwebstoff- und Gerölleinträge der Tiroler Achen hat ein unaufhaltsamer Verlandungsprozess eingesetzt. In dem seit Jahrzehnten unangetasteten Gebiet des Achendeltas haben Ornithologen schon 322 von 350 bekannten Vogelarten in Bayern gesichtet; rund 30.000 Zugvögel, etwa der vom Aussterben bedrohte Große Brachvogel, überwintern dort jährlich.

Bayerns kleinste Gemeinde

Die Fraueninsel im Chiemsee mit dem Kloster Fraienwörth gehört zu den beliebtesten Anlaufpunkten im Chiemgau.

In den rund  zwei Billionen Litern Wasser liegen drei Inseln – die Frauen-, die Herren- und die Krautinsel. 900.000 Menschen besuchen die Inseln Jahr für Jahr, knapp die Hälfte besichtigt im Rahmen einer Führung die Prunkräume des Schlosses Herrenchiemsee. Die Fraueninsel ist mit 2,56 Quadratkilometern Bayerns kleinste Gemeinde. Im namensgebenden Kloster Frauenwörth leben noch rund 20 Benediktinerinnen, in den besten Zeiten waren es 80. Immer noch bestreiten 16 Fischer am Chiemsee ihren Lebensunterhalt von der Fischerei, sechs davon leben auf der Fraueninsel. Viele Fischereibetriebe blicken auf eine jahrhundertealte Tradition zurück – so etwa der Thomafischer in Chieming, dessen Betreiber das Fischerhandwerk seit zwölf Generationen ausüben. Acht Kilometer sind es von dort bis zur Fraueninsel. Diese Strecke schwimmt ein über 80-jähriger Chieminger jedes Jahr. Das Wasser des Sees tauscht sich alle 1,26 Jahre vollständig aus.

Abenteuerlich: das Entenloch

Wild und kraftvoll zeigt sich der Zufluss des Chiemsees an der Grenze zu Österreich. Dort hat sich die Achen über die Jahrtausende ihren Weg durch einen querstehenden Bergriegel gebahnt. Wer die imposante Engstelle besuchen möchte, macht sich in Schleching auf den „Schmugglerweg“ und hat nach etwa einer Stunde von der Hängebrücke, die direkt am Entenloch den Fluss überquert, einen spektakulären Blick auf die Tiroler Achen in beide Richtungen. Auf dem Wasser lässt sich das Entenloch vom österreichischen Kössen aus individuell mit dem Kajak erleben. Ein Abenteuer für die ganze Familie sind auch die organisierten Raftingtouren.

Gemütlich: die Alz

Mit dem Rad lässt sich die gesamte Schönheit der Region im wahrsten Sinne des Wortes erfahren.

Am Nordufer des Sees, gegenüber dem Achendelta, verlässt das Wasser den Chiemsee ganz unspektakulär. Ruhig und gemütlich fließt die Alz in großen Schleifen nach Truchtlaching und weiter in den Inn. Wer in Seebruck ein Schlauchboot besteigt, kann sich – je nach Wasserstand und Fließgeschwindigkeit – ein bis zwei Stunden entspannt im seichten Wasser treiben lassen. Für den Ausklang des Ausflugs bietet sich das idyllische Truchtlaching an, dessen Badeanstalt von einem Radiosender einmal zur schönsten Flussbadestelle Bayerns erkoren wurde.

Gänsehaut: Hinter dem Staubfall

Der höchste Wasserfall im Chiemgau ist 200 Meter hoch und bietet eine Besonderheit, die für Gänsehaut-Momente sorgt: Der Weg führt auf der Rückseite des Wasserfalls am Fels entlang und erlaubt es, die umliegende Natur durch einen sprühenden Wasservorhang zu betrachten. Je nach Witterung fallen schwere oder aber sehr feine, fast nebelartige Tropfen über den Aussichtspunkt, welch letztere Variante dem Naturschauspiel den Namen „Staubfall“ eingebracht hat. Vom Parkplatz in der Laubau bei Ruhpolding dauert der Aufstieg zum Staubfall auf 940 Metern knapp zwei Stunden. Der erste Teil des Weges kann auch sehr gut mit dem Fahrrad bewältigt werden.

Wildromantisch: die Weißbachklamm

Die nahen Alpen verleihen nicht nur dem Chiemsee eine besondere Atmosphäre. (Fotos Chiemgau Tourismus)

Zwischen Inzell und Schneizlreuth schlängelt sich der Weißbach auf acht Kilometern durch eine wildromantische Klamm. Der Weg führt über weite Strecken an Felswänden und Wasserfällen entlang. An vielen Stellen bieten sich spektakuläre Blicke auf herabstürzendes Wasser, auf smaragdgrüne Auffangbecken und vermoostes Gestein. Der Einstieg in die rund eineinhalbstündige Wanderung ist beim Gasthof Mauthäusl an der Deutschen Alpenstraße. Lohnenswert ist ein Abstecher zu einem bedeutenden Geotop, dem Gletschergarten mit Gletscherschliff, Findlingen und „Riesentöpfen“. Es gibt Aufschluss über Entstehung und Wirken des Saalachgletschers, der diesen Teil der Region geprägt hat. Weitere Informationen unter www.chiemsee-chiemgau.info.