
Linksverkehr und Millionenstädte: Auf den ersten Blick wirkt Japan auf Ausländer nicht wie ein Land zum entspannten Radfahren. Doch der Eindruck täuscht. In vielen Städten sind Fahrradwege gut ausgebaut, es gibt allerorts Fahrradparkplätze sowie Fahrradverleihe. Deswegen ist Radfahren nicht nur bei Einheimischen beliebt – es bietet auch Urlaubern die Gelegenheit, das Land aus nächster Nähe und eigener Kraft zu erkunden.
Zu den großen Fahrraderlebnissen in Japan gehört Shimanami Kaido. Die Route verbindet die Städte Onomichi in der Präfektur Hiroshima und Imabari in der Präfektur Ehime. Dabei überquert sie spektakulär über mehrere Brücken und Inseln das Seto-Binnenmeer. In der Nähe befinden sich mit dem Friedensdenkmal von Hiroshima und dem fotogenen Itsukushima-Schrein auch zwei bedeutende UNESCO-Welterbestätten sowie mit Dogo Onsen in der Präfektur Ehime das älteste Thermalbad des Landes!
Eine der schönsten Routen Japans

Shimanami Kaido ist eine Legende! Die im Jahre 1999 eröffnete Route überquert Mukaishima, Innoshima, Ikuchijima, Omishima, Hakatajima, Oshima sowie mehrere kleinere Inseln und nutzt dabei sieben imposante Brücken, von denen jede einzelne ein Meisterwerk der Ingenieurskunst ist. Die bekannteste und längste ist die Kurushima-Kaikyō-Brücke. Mit etwa vier Kilometern ist es die längste Hängebrücke der Welt, die auch von Radfahrern und Fußgängern genutzt wird!
Etwa 70 Kilometer ist Shimanami Kaido lang. Sie verläuft auf separaten Radwegen überwiegend malerisch entlang der Inselküsten. Es sind jedoch auch einige Steigungen zu meistern. Für Einsteiger gibt es Kurzvarianten, außerdem lassen sich Teile der Route per Fähre überspringen. Auch eine Verlängerung der Route ist möglich: „Island Explorer Courses“ laden dazu ein, die überquerten Inseln auf zusätzlichen Loops und alternativen Strecken ausgiebig per Fahrrad zu erkunden.
Spezielle Rastplätze für Radfahrer

Die Orientierung ist einfach: Ein blauer Streifen am Rand des Radwegs mit Kilometerangaben und Fahrtrichtung weist den Weg. Praktisch: Entlang der Strecke gibt es mehr als 200 sogenannte „Cycle Oases“ – Rastplätze, die in der Regel von ortsansässigen Geschäften oder Gastgebern gepflegt werden und an denen Radler ausruhen, Wasser auffüllen, Luft aufpumpen oder lokale Spezialitäten probieren können. Entlang des Shimanami Kaido gibt es zehn Fahrradverleihstationen, die auch Einwegmiete anbieten. Auch die sonstige Fahrrad-Infrastruktur entlang der Route ist eindrucksvoll: Mit fahrradfreundlichen Bussen, Fähren und Unterkünften wird Shimanami Kaido manchmal scherzhaft, aber nicht unbegründet als „das Gelobte Land des Radfahrens“ bezeichnet.
Die bedeutenden Sehenswürdigkeiten unweit von Start- und Endpunkt von Shimanami Kaido empfehlen sich für ein kulturelles Rahmenprogramm. Von Onomichi, dem nördlichen Ende der Route, ist per Zug in ein bis zwei Stunden die Stadt Hiroshima erreicht. Die Stadt ist längst wieder eine florierende Metropole, doch die Erinnerung an die atomare Apokalypse vom 6. August 1945 ist noch lebendig. Eine Ruine wird als Atomic Bombe Dome bis heute im Zustand unmittelbar nach der Zerstörung der Stadt konserviert. Seit 1996 ist das Mahnmal UNESCO-Welterbe.
Gedenken in Hiroshima

Spannende Möglichkeiten, die Stadt mit ihrer reichen Geschichte zu entdecken und dabei in Kontakt mit Einheimischen zu kommen, bieten die kostenlosen Hiroshima Walking Tours. Die auf Englisch geführten Spaziergänge umfassen in der Regel den Hiroshima Gokoku-Schrein, Hiroshima Castle sowie den Atomic Bomb Dome und den Hiroshima Peace Memorial Park. Die Teilnehmer erfahren bewegende Schicksale. Das berühmteste ist das von Sadako Sasaki, das Mädchen, das die Bombe als Kleinkind zwar überlebte, aber als Spätfolge an Leukämie erkrankte und in der Hoffnung auf Heilung mehr als Eintausend Kraniche faltete, bevor es mit nur zwölf Jahren starb. Weniger bekannt ist das Eizo Nomuras, der sich bei der Explosion nahe des Hypozentrums befand, aber auf wundersame Weise überlebte, weil er kurz in ein unterirdisches Büro gegangen war, um persönliche Gegenstände zu holen.
Schließlich führen die Guides thematisch auch durch das heutige Hiroshima mit seinen lokalen kulinarischen Traditionen wie Hiroshima-Ramen, Tsukemen und Okonomiyaki im Hiroshima-Stil oder seiner Leidenschaft für Baseball – die Stadt ist Heimat der Profimannschaft Hiroshima Toyo Carp. Die Touren können individuell an die Interessen der Teilnehmer angepasst werden. Infos und Anmeldung unter www.hiroshimalocalized.com.
Baden wie in „Chihiros Reise ins Zauberland”

Und von Imabari, dem südlichen Ende von Shimanami Kaido, ist es mit dem Bus nur etwa eine Stunde bis zur Stadt Matsuyama, wo sich eines der berühmtesten Thermalbäder Japans befindet. Dogo Onsen gilt mit einer Geschichte von mehr als 3.000 Jahren als die älteste heiße Quelle Japans! Das Quellwasser ist naturbelassen und wird weder erhitzt noch verdünnt. Das ist selten in Japan.
Das Hauptbadehaus, das Dogo Onsen Honkan, wurde 1994 als National Important Cultural Property ausgezeichnet. Es gilt als Inspiration für das magische Thermalbad für Geister im berühmten Zeichentrickfilm „Chihiros Reise ins Zauberland“. Erst seit Juli 2024, nach umfangreichen Renovierungs- und Restaurationsarbeiten, ist es wieder geöffnet. Ergänzt wird es durch zwei Badehäuser aus jüngerer Zeit: das 1953 eröffnete und seitdem bei Einheimischen sehr beliebte „Tsubaki no Yu“ sowie das künstlerisch gestaltete „Asuka no Yu“, das seit 2017 Gäste empfängt. Weitere Informationen unter www.setouchi.travel.

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Mortimer
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