Der Stuibenfall – faszinierendes Naturschauspiel im malerischen Ötztal

Stuibenfall
Keine Seltenheit: ein Regenbogen über dem Stuibenfall bei Umhausen im Ötztal. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Erst fließt der Schweiß, dann das Wasser in Strömen. So gesehen ist das feuchte Element ein treuer Begleiter auf dem Weg zum und entlang des größten Wasserfalls in Tirol. Denn bevor das 159 Meter hohe Naturschauspiel des Stuibenfalls aus nächster Nähe in Augenschein genommen werden kann, sind zunächst einmal Füße, Waden und Oberschenkel gefordert. Zumal der Stuibenfall nur per Pedes zu erreichen ist.

Durch einen schattigen Wald führt der Anstieg vom Wanderparkplatz am Kentalweg in Umhausen. Fast dreieinhalb Kilometer lang geht es dabei stetig und steil bergauf. Mehr als 500 Höhenmeter gilt es zu bewältigen.

Stuibenfall
159 Meter stürzt sich der Stuibenfall bei Umhausen ins Tal. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„Glaubt mir, die Mühen lohnen sich“, wird Wanderführer Petr Elias nicht müde, die ausgewiesenen „Flachland-Tiroler“ der kleinen „Entdeckerkolonne“ zu motivieren. Und wenn immer einer der wenig trainierten, zweibeinigen „Bergziegen“ laut hechelnd fragt, „wie lange dauert es noch?“, gibt Petr schmunzelnd ein und dieselbe Antwort: „Keine zehn Minuten mehr.“

Stuibenfall
Bis zu 2.000 Liter Wasser rauschen pro Sekunde in die Tiefe. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Während es Meter um Meter den steilen Waldweg hinaufgeht, hegen die ersten leichte Zweifel am Zeitgefühl des charmanten Tschechen, der seit zwei Jahrzehnten als Berg- und Skiguide im Ötztal unterwegs ist. Dann, nach zigmal „zehn Minuten“ wird der Pfad endlich zunehmend flacher. Gleichzeitig kündigt sich der Stuibenfall lautstark an. Kein Wunder, stürzen hier doch bis zu 2.000 Liter Wasser pro Sekunde in zwei Stufen fast senkrecht auf einer Länge von knapp anderthalb Fußballfeldern tosend ins Tal.

Wanderführer Petr Elias mit einer Gruppe auf dem Weg zum größten Wasserfall in Tirol. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Wenig später – also, eher zwei denn zehn Minuten – ist das obere Ende des Wasserfalls erreicht. Während die meisten vorsichtig über die Felskante lugen, hangeln sich zwei Kletterer mit Hilfe von Seilen direkt an der rauschenden Pracht entlang – eine kostenfreie Dusche inbegriffen.

Blick den Wasserfall hinunter auf die spektakuläre Hängebrücke. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„Hier am Stuibenfall gibt es einen wirklichen atemberaubenden, 450 Meter langen Klettersteig“, beteuert Petr, dass dieser mit Schwierigkeitsgrad C als mittelschwer gelte. „Damit ist der Klettersteig auch für Familien und Einsteiger geeignet“, beteuert Petr, während bei den müden Wanderern leichte Zweifel daran aufkommen, ob das Hangeln entlang der Wassermassen tatsächlich auch für Anfänger Spaß bereiten würde und vor allem machbar wäre.

Der Klettersteig am Stuibenfall ist auch für Familien geeignet. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Wenig später ist die oberste von insgesamt fünf Aussichtsplattformen mit famosen An- und Aussichten des Stuibenfalls, der Bergwelt des Ötztals und des tief im Tal liegenden Umhausen erreicht. Und während sich im Sonnenlicht meterhoch die Gischt spiegelt und immer wieder hübsche Regenbögen über dem Wasserfall erzeugt, blättert Petr verbal ein wenig im Buch der Entstehungsgeschichte.

Der Wasserstaub hat nachweislich auch gesundheitsfördernde Wirkung. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„Der Stuibenfall ist nach der letzten Eiszeit entstanden. Mit dem Abschmelzen der Gletscher sind große Teile des Berges mit in die Tiefe gestürzt“, weiß Petr zu berichten. Die Gesteinsmassen und das Geröll hätten dazu geführt, dass der „Horlachbach“ von Niederthai kommend sich einen neuen Weg ins Tal suchte und so den Stuibenfall schuf.

Die Hängebrücke ist nichts für schwache Nerven und wenig Schwindelfreie. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Ein Naturphänomen, dass von jeder der fünf Aussichtsplattformen in ein neues Licht gerückt wird. Von der oberen Plattform führen insgesamt 728 Stufen talwärts. Dabei muss auch einen spektakuläre, 80 Meter lange Hängebrücke überquert werden. Was nichts für schwache Nerven und wenig Schwindelfreie ist.

Von der Hängebrücke am Stuibenfall bieten sich faszinierende Blicke auf das Ötztal. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„In den USA würde für ein solches Naturschauspiel 80 Dollar Eintritt verlangt“, stellt ein gräulich melierter Herr aus Holland begeistert fest, während seine Begleiterin froh ist, die mit durchsichtigen Gittern versehene Hängebrücke hinter sich gelassen zu haben.

Von jeder der fünf Plattformen bieten sich neue, faszinierende Perspektiven des Wasserfalls, – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Petr pflichtet dem Niederländer bei und verweist darauf, dass der Stuibenfall nicht nur frei zugänglich sei, sondern auch noch gut für die Gesundheit. Nein, gemeint sei damit nicht das erfrischende Prickeln der Wassertropfen auf der Haut. Vielmehr zeige eine präklinische Studie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg, dass sich die Lungenfunktion im Fall von Sportlerasthma durch den Aufenthalt am Wasserfall und den Wasserstaub wesentlich verbessere.

Tief unten im Tal liegt Umhausen. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„Ein regelmäßiger einstündiger Aufenthalt am Stuibenfall über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen, kann die Lungenfunktion um bis zu 58 Prozent steigern“, zitiert Petr die Resultate der wissenschaftlichen Untersuchung. Parallel dazu hecheln einige der „Flachland-Tiroler“ wild oder schnauben wie eine Dampfwalze, als sie am Fuße des Wasserfalls angelangt sind.

Nicht alle tun sich leicht, die Hängebrücke zu überqueren. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

„Andersherum ist die Tour fast schlimmer“, lacht Petr und hofft dabei, dass alle den steilen Anstieg durch den Wald längst vergessen haben. Auch weil man sich beim Blick den Wasserfall hinauf winzig klein vorkommt und sich gleichzeitig der Faszination diesen Naturschauspiels kaum entziehen kann.

Der Stuibenfall und die daneben liegende Hängebrücke. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Informationen: www.stuibenfall.com und www.oetztal.at

728 Stufen verlaufen entlang des Wasserfalls. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

Tipp: Der Stuibenfall wird ganzjährig jeden Mittwoch beleuchtet. Aus diesem Anlass werden für 7 Euro pro Person (Kinder frei) auch geführte Laternenwanderungen zum beleuchteten Wasserfall angeboten. Treffpunkt ist jeweils um 20.30 Uhr vor der Information Umhausen beziehungsweise Information Niederthai. Dort werden auch die Anmeldungen entgegen genommen: Telefon 0043-(0)57200-400 oder umhausen@oetztal.com.

Die grandiosen Aussichten entschädigen für die Strapazen des Weges. – Foto Karsten-Thilo Raab / Mortimer Reisemagazin

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Karsten-Thilo Raab

berichtet seit mehr als drei Jahrzehnten für eine Vielzahl von Zeitungen und Magazinen über Reiseziele weltweit. Zudem hat er sich einen Namen als Autor von mehr als 120 Reise-, Wander- und Radführern sowie Bildbänden gemacht.